Review: #3.03 Das verräterische Herz
Nach den zwei soliden Auftaktfolgen dieser dritten Staffel kommt in dieser Woche die erste wirklich enttäuschende Folge daher. Aber bevor ich hier schon das Fazit gänzlich herausposaune, will ich die Folge erst mal in Einzelteile zerlegen: Neben der CotW sind diesmal die Haupthandlungsstränge hauptsächlich um Weevils Rückkehr in die Serie und LoVe gesponnen. Außerdem wird auch nach knapp 35-minütiger Sendepause auch die Staffelhandlung mal wieder aufgegriffen.
Redefreiheit
Immer wieder taucht im Verlauf der Folge der Zwist zwischen den Hardcore-Feministinnen und dem Pseudo-Humor-Magazin auf. Über weite Teile scheint es uninteressant und nicht wirklich zur Story gehörend, bis es in Piz’ eigener Radiosendung (!) zum Zusammenlaufen der Fäden kommt. Dass ausgerechnet das Mädchen vergewaltigt wird, das in der sexistischen Satirezeitung als potentielles Vergewaltigungsopfer auserkoren wird, kann einfach kein Zufall sein. Es scheint also, als würde der Vergewaltiger ganz bewusst den Streit zwischen diesen verfeindeten Lagern anheizen (denn mal ehrlich, dass einer der beiden "Autoren" der Vergewaltiger sein soll, scheint doch ziemlich unwahrscheinlich). So wird die eigentlich an sich schon tragische Vergewaltigungsserie hier zum Politikum hochgespielt. Und das auch noch auf extrem niedrigen, erzählerischem Niveau. Mich kann dieser Handlungsstrang inzwischen immer weniger fesseln, denn wenn ich Machtkämpfe zwischen Interessengruppen, die das Leid Anderer zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen missbrauchen, sehen will, dann setz ich mich einfach einen Tag lang in den Bundestag.
Ein ganz klein wenig interessanter scheint dann in dieser Folge die erste Begegnung zwischen Veronica und dem Dekan der Uni zu sein. Ihr letztwöchiger Artikel scheint, wie zu erwarten war, weite Kreise zu schlagen und Veronica so zu einer Campusberühmtheit zu machen. Dass sie nicht gewillt ist, ihre Ressourcen zu verraten, um ihre Haut zu retten, ist eben so typisch Veronica, wie der sich plötzlich anbietende Weg aus dieser Bedrohung heraus unüberzeugend ist. Dass sie im Vorbeilaufen den Fall um das Auto des Deans löst und so nicht nur sich selbst vom Haken windet, sondern auch Weevil in das Campusleben integriert, war dermaßen gekünstelt, dass ich mich fast fragen musste, ob ich nicht zufällig auf dem falschen Sender gelandet und in einen sehr schlechten Teeniefilm hineingestolpert bin.
Resozialisierung
Das einzig Gute, was uns dieser Handlungsstrang beschafft, ist die ein wenig erfrischende Anwesenheit von Weevil. Aus dem Knast entlassen sucht er sofort wieder Probleme, die ihn in null-komma-nichts wieder hineinbefördern könnten. Sein kleiner Abstecher in den Mars-Business war zwar nicht das Schlechteste an der Folge, aber dennoch erschreckte es mich, wie stark sich die Rolle des Weevil seit der ersten Staffel verändert hat. Früher noch ein Mann mit ganz eigenen Regeln scheint er inzwischen einfach ein Unterwürfiger mit "Angermanagementissues" zu sein. Zwar konsistent, dass er immer wieder durch pure Gewalt vorankommen will und an sich kein Mensch ohne Ehrenkodex ist (wie man ja an der Geschichte mit dem misshandelten Jungen sehen kann), aber die Änderungen in seinem Auftreten sind für mich zu gravierend (und eigentlich nur zum Schlechteren) als dass ich mich davon überzeugen lassen könnte. Naja, vielleicht läuft er noch mal zu alter Form auf, immerhin sieht es nun so aus, als ob er durch seinen Job wieder Teil des Gesamtgebildes der Serie werden sollte.
Vertrauen
Das einzig wirklich interessante an dieser Folge waren die Entwicklungen um LoVe. Zu sehen, wie Veronica wieder einmal aus Vertrauensproblemen heraus einem Freund hinterherspioniert, ist zwar nichts Neues, aber wenigstens konnten sich so einige Abgründe zwischen ihr und Logan auftun, die durchaus in die nächsten Folgen hinein interessant wirken könnten. Eindeutig werden uns hier die zwei Stereotypen des Studenten (oder der Studentin) präsentiert: Veronica, die nach Bildung und dem alternativ-künstlerischem Strebende als der eine Extrempol und Logan, der Partyliebhaber ohne wirkliches Interesse für die Inhalte des Studiums als der andere. Dass zwei Menschen, die so grundverschieden an ihr Leben herangehen, eher ungeeignet für eine dauerhafte Beziehung sind, dürfte im Verlauf dieser Folge jedem klar geworden sein, dass sie es zum Ende hin in einer an Schmalz fast erstickenden Szene in der Bibliothek doch noch einmal hinkriegen und sich versöhnen, empfinde ich aber nicht als endgültigen Beweis ihres Zusammengehörens, sondern vielmehr als Aufschub. Logan wird, so sehr er sich hier auch dazu aufmacht, sich zu verändern, immer ein Mensch bleiben, der Partys mehr abgewinnen kann als einer Kunstausstellung, und stets das idiotische Risiko suchen wird. Und auch Veronica wird in ihrem Moralvorstellung lange verankert bleiben. So leid es mir für alle LoVe-Fans da draußen tut, aber ich sehe in der Handlung dieser Folge eher ein Zeichen á la "sie sind so verschieden, auf Dauer kann das nicht gut gehen" als die Bestätigung der Haltbarkeit ihrer Beziehung. Beide sind in dieser Folge noch bereit, sich für die Beziehung zu verändern (Veronica versucht ihre Vertrauensprobleme zu überwinden und Logan ein wenig mehr auf Veronica als nur auf seine persönlichen Freuden zu achten), aber ich sehe hier die ersten Risse in dieser Beziehung. Ich will nicht sagen, dass das Ende naht, aber auf Dauer werden diese Beiden nach den Eindrücken aus dieser Folge nicht glücklich miteinander werden.
Fazit
Die bislang schlechteste Folge der Staffel, ohne einen wirklich überzeugenden Handlungsstrang und mit einer quälend langweiligen CotW.
Ich weiß, ich habe bislang die CotW noch gar nicht erwähnt, aber ich will mich auch nicht zu sehr aufregen (das ist nicht gut für mein Herz). Es sei nur ganz kurz gesagt: die "Missing-Playbook-Geschichte" ist eine derart offensichtliche, dass sie in wirklich allen Sendungen dieses Planeten, die sich mit College oder High-School Settings befassen schon einmal vorkam. Dass ich von VM erwarte, dass sie nicht vorkommt, ist wohl ein Beweis dafür, wie verträumt ich noch an die Qualität dieser Serie glaube. Die Krone hat dieser CotW aber die unglaublich plumpe, offensichtliche und auf Kindergartenniveau verfasste Übertragung der Situation auf Veronicas Liebesleben aufgesetzt. Ich war dermaßen entsetzt davon, dass ich beinahe abgeschaltet hätte. Das Einzige, was dieser Folge über das Einpunktniveau hilft, ist die Andeutung der Inkompatibilität von Veronica und Logan. Das ist etwas, dass Spannung in die nächsten Folgen bringt. Alles Andere an dieser Folge, würde ich lieben gerne einfach aus meinem Gedächtnis streichen können.
Martin Schultze - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Witchita LinebackerErstausstrahlung (US): 17.10.2006
Erstausstrahlung (DE): 16.11.2007
Regie: Harry Winer
Drehbuch: Phil Klemmer & John Enbom
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