Bewertung

Review: #3.01 Bitchcraft

Foto: Kathy Bates, American Horror Story - Copyright: Michele K. Short/FX
Kathy Bates, American Horror Story
© Michele K. Short/FX

Als ich das erste Mal davon gelesen habe, dass das dritte Kapitel der "American Horror Story" das Thema Hexen in den Vordergrund rücken würde, kam mir spontan ein Ausspruch von Sookie Stackhouse (Anna Paquin) aus der Serie "True Blood" in den Sinn: "Witches? Oh great, now I have to deal with witches!?". Es ist natürlich nicht so, dass ich mir "American Horror Story" ansehen MUSS, schließlich zwingt mich niemand dazu, aber es ist doch ziemlich schwer, nicht einzuschalten, wie jeder weiß, der einmal mit dieser Serie angefangen hat. Eine morbide Neugier zieht einen immer wieder zu "American Horror Story" zurück, ob man will oder nicht. Es gibt im Moment weit und breit keine andere Fernsehserie, die so zwischen Genialität und Absurdität schwankt und den Zuschauer gleichzeitig gefangen nimmt und abstößt. Die Eindrücke dieser Auftaktfolge lassen aber zumindest vermuten, dass die dritte Staffel im Vergleich zur zweiten Season etwas klarer strukturiert ist und kein so radikaler Genre-Mix (Dämonen & Aliens) stattfindet.

Zwei grausame Damen

Wir lernen in dieser Folge drei Generationen von Frauen kennen, die sowohl Macht, Gefährlichkeit und Grausamkeit, als auch Ängste, Sehnsüchte und Verzweiflung verkörpern.

Fiona Goode, die von einem alten Hexengeschlecht abstammt und die mächtigste Hexe ihrer Zeit ist, und Delphine LaLaurie, eine Frau aus der Oberschicht des 19. Jahrhunderts, leiden massiv unter dem Älterwerden. Sie fürchten die eigene Sterblichkeit und können den Verlust ihrer Jugend nicht ertragen. Um die Vergänglichkeit aufzuhalten, sind sie bereit, anderen Menschen furchtbares Leid zuzufügen. Hochwertiger als mit Jessica Lange und Kathy Bates hätte man diese Rollen nicht besetzen können und es ist erwartungsgemäß ein Vergnügen, den beiden preisgekrönten Hollywood-Damen zuzusehen.

Auf Delphine LaLaurie war ich im Vorfeld besonders gespannt. Dieser unheimliche Charakter basiert auf einer realen Person, die auf ihrem Dachboden Sklaven gefoltert hat und schon in verschiedenen Horrorwerken thematisiert wurde. In "American Horror Story" wird Madama LaLaurie offensichtlich noch mit einer anderen historischen Schauergestalt verknüpft, mit der ungarischen Gräfin Elisabeth Báthory, die viele Mädchen zu Tode gefoltert und dann als Jungkur in deren Blut gebadet haben soll.

Wir werden in dieser Folge mit auf den Dachboden der Madame LaLaurie genommen und können uns ein schockierendes Bild von den sadistischen Neigungen dieser Frau machen, die mit dem Blut und den Organen ihrer Opfer einerseits ihren Alterungsprozess aufzuhalten versucht und andererseits aus den Quälereien Vergnügen und Machtgefühle bezieht, zur Kompensierung ihrer Minderwertigkeitskomplexe.

Beide Charaktere, Fiona und Madame LaLaurie, versprechen noch viele intensive und makabere Momente. Zu sehen, wie sich Madame LaLaurie im 21. Jahrhundert zurecht findet, könnte auch recht witzig werden, auf eine eigentlich nicht lustige Weise natürlich, denn sie ist eine grausame Serienmörderin. Fiona und die Madame halten dem Jugendwahn, der in der westlichen Gesellschaft herrscht und der es Schauspielerinnen wie Jessica Lange und Kathy Bates auch zunehmend schwerer macht, große und gute Rollen zu bekommen, letztlich einen grotesken Spiegel vor.

Die verwirrte Jugend

Zoe und ihre drei neuen Freundinnen Madison, Nan und Queenie sind so jung, wie Fiona und die Madame gerne wären, aber deswegen noch lange nicht sorgenfrei. Im Gegenteil. Ihre Fähigkeiten machen sie zu Außenseiterinnen, sie wissen nicht wirklich, wo sie hingehören und wie es für sie weitergehen wird. Dadurch sind sie auch leicht beeinfluss- und korrumpierbar.

Ein wesentlicher Punkt ist bei Mädchen in diesem Alter natürlich auch der Sex. Zoe muss feststellen, dass den Jungs, mit denen sie schläft, während des Aktes förmlich das Gehirn explodiert. Da bekommt der Ausdruck, "jemandem das Hirn rausvögeln" eine ganz neue Bedeutung. Nachdem Zoe zunächst völlig unabsichtlich mit dieser Gabe ihren Freund tötet, setzt sie ihren Killer-Sex später als Waffe ein, um sich an einem Vergewaltiger zu rächen. Diese Art, das Thema vorehelichen Sex unter Jugendlichen aufzugreifen, ist nicht nur metaphorisch, sondern schon fast diabolisch.

Grundsätzlich sind der Hexenglaube und das Thema Sex historisch nicht zu trennen. Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit wurde den angeblichen Hexen vorgeworfen, Sex mit dem Teufel zu haben. Das war Bestandteil einer jeden Anklage gegen eine vermeintliche Hexe. Es scheint, als würde sich "American Horror Story" in der dritten Staffel sehr stark den historischen Vorstellungen von Hexen und weiblichen Dämonen widmen. Das reizt mich. Das ist echter Horror für Frauen.

Die unbekannten Anderen

Zwischen der jungen und der alten Generation steht Cordelia Foxx, die Tochter von Fiona und Leiterin des Internats, auf das Zoe geschickt wird. Cordelia verkörpert den ersten Eindrücken nach die Vernunft und die Vorsicht, aber ein Stückweit auch die Leugnung der eigenen Identität. Sie will nicht sein wie ihre Mutter und sie möchte die jungen Hexen dazu erziehen, im Verborgenen zu bleiben.

Zu den anderen Charakteren lässt sich noch nicht allzu viel sagen, aber es ist schon bemerkenswert, dass wir zwei der Hauptcharaktere, den Studenten Kyle und die Hexe Misty, (scheinbar) sterben sehen. Das kommt auch nicht oft vor, dass nach einem Staffelauftakt 20 Prozent der wichtigsten Figuren gar nicht mehr lebt. Ich bin gespannt, wie Kyle und Misty ins weitere Geschehen eingebaut werden. Die Tatsache, dass die lebendig verbrannte Misty die Gabe besaß, Tote wieder zum Leben zu erwecken, könnte ein Hinweis sein.

Fazit

Vielleicht werde ich nach der nächsten Episode schon wieder ganz anders denken, das wäre bei "American Horror Story" nicht ungewöhnlich, aber der Auftakt zur dritten Staffel gefällt mir aufgrund der Themen, der Charaktere und natürlich der Darsteller(innen) richtig gut.

Maret Hosemann - myFanbase

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