Review: #3.02 Der perfekte Freund
Eine Frau, die nicht sterben darf, ein Junge, der gestorben ist und zurückgeholt wird, und eine Frau, die neues Leben schenken will, aber nicht kann - in dieser Folge werden Leben und Tod auf unheimliche, mythische und teilweise abstoßende Weise miteinander verwoben.
Das Urteil lautet: Unsterblichkeit
Aus Eitelkeit und Angst wollte Madame LaLaurie, die ich auch gerne kurz Madame LL nenne, ihren Alterungsprozess aufhalten, wozu sie vor keiner Bluttat zurückschreckte. Ihr Wunsch wurde ihr schließlich erfüllt, aber nicht so, wie sie sich das vorgestellt hat. Durch den Trank der mysteriösen Marie Laveau erlangte die Madame Unsterblichkeit, während ihre Töchter und ihr Ehemann von den Sklaven ermordet wurden. Anschließend vergruben die Sklaven die Madame im Boden, so dass diese mehr als 170 Jahre einsam in einer Kiste dahinvegetierte, unfähig sich zu befreien und immer das Bild ihrer toten Familie vor dem geistigen Auge. Man kann wahrlich nicht behaupten, dass Madame LL es nicht verdient hätte, bestraft zu werden, doch perfiderweise entdecken wir, als sie über ihre Töchter spricht, die sie wirklich geliebt hat, plötzlich menschliche Züge an ihr. Für einen kurzen Moment wirken Madame LL und Fiona bei ihrer Unterhaltung vor dem LaLaurie-Haus einfach wie zwei Mütter, die es bedauern, ihren Töchtern nicht näher (gewesen) zu sein. Angesichts der sehr dunklen Seiten dieser beiden Frauen nimmt man als Zuschauer jedes aufkommende Gefühl der Sympathie für sie sowohl mit Erschrecken als auch mit Faszination zur Kenntnis.
Wir werden sicherlich noch einige Einblicke in die Untaten der Madame bekommen, für die wir einen starken Magen brauchen. Die Madame selbst zeigt sich eher uneinsichtig und äußert, dass sie einfach eine Frau ihrer Zeit war. Vielleicht glaubt sie das sogar tatsächlich, aber diese Entschuldigung zieht natürlich nicht. Ja, sie ist in einer Zeit aufgewachsen, in der es die Sklaverei gab und Menschen mit dunkler Hautfarbe im besten Fall als Menschen zweiter Klasse angesehen wurden, meist aber schlicht als nützliche Ware galten, dennoch war es ganz sicher nicht üblich, mit Sklaven so sadistisch umzugehen, wie es Madame LL getan hat. Die meisten Menschen haben ihre Sklaven nicht zum Vergnügen und für die Suche nach ewiger Jugend grausam gequält.
Es macht mich schon sehr neugierig zu erfahren, wie es jetzt mit Madame LL weitergeht und wie sie sich im 21. Jahrhundert schlägt. Ihr weiterer Weg hängt dabei selbstverständlich maßgeblich mit Fiona zusammen, die ebenfalls unsterblich werden will. Für Fiona ist die Unsterblichkeit eine Verheißung, eine verbotene Frucht, die sie trotz ihrer Macht nicht selbst pflücken kann. Fiona ist in der Lage, Menschen mit der Kraft ihrer Gedanken durch die Gegend zu schleudern, sie kann den Verstand der Leute manipulieren und sie vermag Dinge in Brand zu stecken, ohne sie auch nur zu berühren, aber sie weiß nicht, wie sie ihr Altern stoppt und ewiges Leben erlangt. Das passt ihr gar nicht.
Es deutet sich an, dass zwischen Fiona und Madame LL eine interessante Beziehung entsteht, die sich auf einer Skala zwischen enger Freundschaft und tiefer Abneigung bewegt. Madame LL hat niemandem und nichts mehr und ist erst einmal vollkommen auf Fiona angewiesen, die wiederum ja ihre ganz eigenen Ziele hat.
Sehr viel Intensität verspricht auch das Duell Fiona gegen Marie. Letztere lebt ebenfalls noch, ohne einen Tag gealtert zu sein, und betreibt ein Friseurstudio in New Orleans. Maries Andeutungen, dass die Magie von Fiona und ihresgleichen eigentlich von den Voodoo-Kräften der Sklaven abstammt, finde ich ausgesprochen spannend. Fiona gefällt dieser Gedanke keineswegs. Zwischen den beiden Frauen herrscht eine so mit Macht, Misstrauen und Rivalität aufgeladene Stimmung, dass sich einem förmlich die Armhärchen aufstellen. Der Gedanke, zwischen die beiden zu geraten, ist in etwa so verlockend, wie ein Balanceakt auf einer Hochstromleitung.
Ganz besonders unheimlich finde ich den Minotaurus, den Dritten in Bunde, der das Jahr 1834 überdauert hat. Was für eine Kreatur dieser ehemalige Sklave, den Madame LL einst zu ihrem mythologischen Monster machte und damit ihren Untergang einleitete, nun genau ist, vermag ich nicht zu sagen, aber da auch seine Geliebte Marie ihn in Ketten hält, zeichnet er sich ganz sicher nicht durch ein friedliches Wesen aus. Wir können uns jetzt schon voller Furcht und Ekelgefühle auf weitere Begegnungen mit ihm freuen.
Der Kuss der Wiedererweckung
Man nehme den Kopf eines netten Jungen, füge ihm die Körperteile seiner weniger sympathischen, aber dafür gut gebauten Kommilitonen zu und belege alles mit einem Zauber. Fertig ist der perfekte Freund. Oder auch nicht. Zoe und Madison basteln den beim Busunglück zerfetzten Kyle wieder zusammen und wollen ihn zum Leben erwecken, ohne sich dabei irgendwelche Gedanken um die Konsequenzen zu machen. Zunächst scheitert das Vorhaben, doch als Zoe den toten Kyle küsst, kehrt er doch ins Leben zurück. Scheinbar vermag Zoe nicht nur Männer zu Tode zu beglücken, sondern sie auch lebendig zu küssen.
Wer gedacht hat, nur die Serie "Once Upon a Time" könnte die Frankenstein-Thematik und das Schneewittchen-Märchen miteinander kombinieren, sieht sich nun eines Besseren belehrt. Auch "American Horror Story" kann das, aber eben viel unheimlicher und widerlicher. Schneewittchen-Zoe küsst ihren aus Leichenteilen zusammengesetzten Prinz Charming wach, der völlig von der Rolle ist, aber Zoe durchaus zu erkennen scheint.
Unterstützung bekommt Zoe von Misty, die wie ein Phönix aus ihrer Asche auferstanden ist. Irgendwie gefällt mir Misty ganz gut. Sie wirkt etwas entrückt, wie eine Naturgottheit auf Drogen. Sie fühlt sich aber auch einsam und möchte Zoe, mit der sie sich verbunden fühlt, gerne in ihrer Nähe haben. Vorerst kümmert sich Misty in ihrem entlegenen Versteck um Kyle, den Zoe natürlich nicht mit in ihre Schule nehmen kann. Das könnte noch sehr interessant werden.
Magische Befruchtung
Cordelia und ihr Mann Hank wünschen sich ein Kind. Da es auf natürlichem Wege nicht klappt, setzen die beiden trotz Cordelias Befürchtungen, damit ihrer Mutter Fiona sehr ähnlich zu werden, auf ein magisches Ritual. Dass sich dies als eine gute Idee erweist, wage ich doch stark zu bezweifeln. Momentan interessiert mich diese Storyline noch nicht so sehr, aber grundsätzlich finde ich es begrüßenswert, dass Hank nicht die Rolle des ahnungslosen Ehemannes einnimmt, sondern weiß, dass seine Frau eine Hexe ist und davor auch nicht die Augen verschließt.
Fazit
Die zweite Folge bestätigt die positiven Eindrücke der Auftaktepisode. Bislang präsentiert sich die dritte Staffel von "American Horror Story" als spannende und gut gespielte Horrorunterhaltung mit faszinierenden Charakteren, makaberen Scheußlichkeiten, die aber gut in die Handlung integriert sind, und einem historischen Rahmen, der für ein besonderes Ambiente sorgt.
Maret Hosemann - myFanbase
Die Serie "American Horror Story" ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Boy PartsErstausstrahlung (US): 16.10.2013
Erstausstrahlung (DE): 30.10.2014
Regie: Michael Rymer
Drehbuch: Tim Minear
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