Review: #3.03 Die Nachfolgerin
"American Horror Story" hat ein verrücktes Talent dafür, gleichzeitig völlig absurd und faszinierend zu sein. Denkt man in zehn Jahren mal an diese Serie zurück, dann wird es nicht das Charakterdrama sein oder die Schauspieler oder die Horrormomente, die einem im Gedächtnis geblieben sind, sondern vielmehr solche Szenen wie: Gabourey Sidibe hat Sex mit einem Minotauren! Parallel dazu aus Staffel 1: Connie Britton hat Sex mit Rubber Man! Parallel dazu aus Staffel 2: Lizzy Brocheré wird von einem Alien schwanger! Ryan Murphy und Brad Falchuk beweisen ein ums andere Mal ihre recht unkonventionelle Herangehensweise an das Thema Sexualität und setzen ihre durchgeknallten Vorstellungen ohne Rücksicht auf Verluste radikal auf dem Bildschirm um. Gerade diese Gewagtheit ist eigentlich schon wieder ein Lob wert, allerdings schießen die zwei dann doch immer wieder übers Ziel hinaus.
Doch wir wollen diese Episode ja nicht auf Minotaurensex reduzieren: #3.03 The Replacements bot nebenbei mal wieder eine herausragende Jessica-Lange-Show, präsentierte uns Neuzugang Patti LuPone, ließ ganz überraschend einen Hauptcharakter sterben und bot erneut tolle Momente für Angela Bassett und Kathy Bates, die man für meinen Geschmack noch viel öfter zeigen könnte.
"I was a shitty Supreme."
Nach wie vor weckt die Storyline rund um Fiona das größte Interesse und ja, das liegt vor allem an der stets phänomenalen Jessica Lange. Ihr gelingt es, Fiona trotz aller Hinterhältigkeit und Kälte zu einer dreidimensionalen Figur zu machen, die ihre eigenen Ängste und Zweifel hat, und die mit aller Macht gegen das Älterwerden und – wie wir diesmal erfahren – den Krebs bzw. den Tod kämpft. Der Umgang mit dem Thema Alter und Älterwerden ist weiterhin sehr interessant gestaltet und funktioniert besonders gut durch die Gegenüberstellung der alten und jungen Generation in Form von Fiona und Madison. Fiona war selbst einst eine bildhübsche junge Frau, der die Männer zu Füßen lagen und die mit ihrer Macht und Schönheit alles bekommen konnte, was sie wollte. Doch was machen diese Frauen, wenn sie ihre Schönheit verlieren? Wie können sie sich ohne ihre Schönheit profilieren und behaupten?
Diese natürliche Konkurrenz zwischen Alter und Jugend, zwischen verwelkter und blühender Schönheit, wird durch die Problematik der Supreme ganz besonders gut verdeutlicht: Manifestiert sich eine neue Supreme, so raubt diese der alten Supreme die Lebenskraft, bis diese stirbt und durch die neue Generation ersetzt wird. Macht war für Fiona schon immer ein entscheidender Faktor und so tötete sie nicht nur ihre Vorgängerin (toll inszenierter, dramaturgisch wichtiger Rückblick ins Jahr 1971), sondern auch ihre Nachfolgerin (beste Szene der Folge). Wie sich Fiona und Madison erst annähern und einen lustigen Abend miteinander verbringen, nur damit Fiona Madison am Ende die Kehle aufschlitzt, ist wunderbar eingefädelt worden und unterstreicht erneut das intrigante Wesen Fionas. Hier ist der Mut, mit Madison einen Hauptcharakter gleich in der dritten Episode sterben zu lassen, wirklich lobenswert, weil damit absolut nicht zu rechnen war – schade ist es hier nur um die tolle Dynamik zwischen Fiona und Madison, von der man gerne noch mehr gesehen hätte. Oder dürfen wir Madison vielleicht doch bald wieder zurückerwarten? Bei "American Horror Story" ist ja bekanntermaßen alles möglich.
Und kurze Zwischenfrage: Was hat es eigentlich mit Spalding auf sich?
"That magic box lies!"
In der Miss Robichaux Akademie passieren aber noch ganz andere Dinge. Zunächst einmal haben wir Delphine LaLaurie, die sich ihren neuen Lebensumständen anpassen muss und überhaupt nicht damit klarkommt, dass Afro-Amerikaner jetzt die gleichen Rechte haben und auch noch Präsident werden können. Diese humorvoll-satirische Herangehensweise an die Thematik ist definitiv gelungen, denn allein eine heulende Kathy Bates vor dem Fernseher, die die Welt nicht mehr versteht, ist einfach Gold wert. Allerdings sollte Bates in Zukunft schon mehr zu tun bekommen, als Queenies persönliche Sklavin zu sein – LaLaurie darf keinesfalls auf eine Comedyrolle reduziert werden, dafür wurde sie uns als viel zu angsteinflößend und mächtig vorgestellt.
Im Nachbarhaus haben wir derweil die neuen Bewohner Joan Ramsey samt Sohn Luke, die gleich einmal Bekanntschaft mit Madison und Nan machen dürfen. Inwiefern genau die bibeltreuen und frommen Nachbarn ins Geschehen eingebunden werden sollen, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz klar, aber es bleibt zu hoffen, dass Murphy nicht schon wieder mit seiner Aversion gegen christliche Moralvorstellungen daherkommt (Staffel 2 lässt grüßen) und das Thema entweder umgeht oder differenzierter behandelt. Solange Patti LuPone dabei ist, kann ja aber eigentlich nichts schiefgehen.
Und dann haben wir noch Cordelia, die weiterhin verzweifelt nach einem Mittel sucht, um ihren Traum einer Familie wahr werden zu lassen. Dass sie sich in ihrer Hoffnungslosigkeit an Marie Laveau wendet, ist ein interessanter Twist (von dem blutigen Ritual ganz zu schweigen!), doch Laveau sieht überhaupt nicht ein, der Tochter ihrer neuen Erzfeindin zu helfen. Arme Cordelia. Angela Bassett glänzt derweil weiterhin als jahrhundertealte Voodoo-Priesterin mit iPad auf dem Schoß – herrlich!
Ach ja, und hatte ich schon Gabourey Sidibe und den Minotaurensex erwähnt? Verrücktes Zeug!
"When his father left, he became the man in this house."
Eher nebenher läuft unterdessen die Storyline rund um Zoe, Kyle und Misty. Lily Rabe hat aktuell nichts anderes zu tun, als zu Stevie-Nicks-Liedern zu singen, weswegen es wirklich nötig ist, mal eine konkrete Richtung für Mistys Geschichte zu finden. Zoes eigentlich gut gemeinte Idee, Kyle und seine Mutter wieder zusammenzubringen, geht dafür leider nach hinten los. Dass Kyle derart unter seiner Mutter leidete, ist wieder ein ganz neues Level an Horror. Es gibt kaum etwas schlimmeres als häuslichen Missbrauch und so steckt man als Zuschauer irgendwo zwischen Schock und Genugtuung, als Kyle urplötzlich auf seine Mutter einschlägt.
Die vielen Storylines dieser Episode fügen sich letztlich zu einem unterhaltsamen Ganzen zusammen. #3.03 The Replacements liegt mal wieder auf dem schmalen Grat zwischen Absurdität und Faszination, auf dem "American Horror Story" seit Anfang an wandert, und kann mit einigen überraschenden Wendungen punkten. Mit Minotaurensex (sorry, es musste nochmal erwähnt werden) und der Evan-Peters-Zombiegeschichte tut sich die Serie bisher allerdings keinen Gefallen, sodass eine Wertung in der obersten Punktekategorie leider noch ausbleibt. Für 7 von 9 Punkten reicht es aber allemal.
Maria Gruber - myFanbase
Die Serie "American Horror Story" ansehen:
Vorherige Review: #3.02 Der perfekte Freund | Alle Reviews | Nächste Review: #3.04 Die Toten werden auferstehen |
Diskussion zu dieser Episode
Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "American Horror Story" über die Folge #3.03 Die Nachfolgerin diskutieren.
Informationen zur Episode
Englischer Titel: The ReplacementsErstausstrahlung (US): 23.10.2013
Erstausstrahlung (DE): 06.11.2014
Regie: Alfonso Gomez-Rejon
Drehbuch: James Wong
Links
Jetzt ansehen/bestellen
Episode jetzt bei Apple TV+
ansehen
Episode jetzt bei Amazon.de
ansehen
DVD jetzt bei Amazon.de
bestellen
Blu-ray jetzt bei Amazon.de
bestellen
Meistgelesen
Aktuelle Kommentare
22.11.2024 21:56 von Chili_vanilli
Cruel Intentions: Cruel Intentions
Hat schon jemand reingeschaut? Bin akutell bei Folge 1... mehr
20.11.2024 15:18 von Catherine
Liebeskolumnen: Rory & Dean, Teil 3
Ich glaube, es wurde während des "Gilmore... mehr