Bewertung

Review: #3.01 Bitchcraft

Foto: Kathy Bates, American Horror Story: Coven - Copyright: Frank Ockenfels/FX
Kathy Bates, American Horror Story: Coven
© Frank Ockenfels/FX

There is a house in New Orleans / They call the Rising Sun / It's been the ruin of many a poor girl / And me, O God, for one... New Orleans, die Wiege des Jazz, der Schmelztiegel von anglo-amerikanischer, afrikanischer und französischer Kultur, die Heimat der Cajuns und Kreolen, und im 19. Jahrhundert auch der Zufluchtsort für Hexen und Voodoo-Priesterinnen. New Orleans, die Stadt, die niemals schläft, die dem Hurricane Katrina trotzte. Und mit Ryan Murphy und Brad Falchuk nun auch New Orleans, die Stadt, in der Kathy Bates Minotauren heranzüchtet, afrikanischen Sklaven die Organe bei lebendigem Leibe herausschneidet und sich daraus menschliche Lebersuppe zubereitet.

Willkommen zu "American Horror Story", Runde 3.

Ganz wie erwartet, präsentiert uns #3.01 Bitchcraft wieder einen kontroversen Staffelauftakt mit einigen widerlichen Szenen, mit extrem aufwühlenden Momenten und mit einer Riege an Schauspielerinnen, nach denen sich so manch andere Serien wahrscheinlich die Finger lecken würden. Und wie immer ist man als Zuschauer gleichzeitig fasziniert und skeptisch, in was für eine Richtung "American Horror Story" wohl diesmal gehen wird.

"When witches don't fight, we burn."

Beginnen wir mit dem Positiven dieses Auftakts. Zunächst einmal haben wir da Kathy Bates: Als Madame LaLaurie ist die Oscarpreisträgerin ein absoluter Glücksgriff – ihre LaLaurie ist resolut, brutal, furchteinfößend, und dennoch liegt auch ihr eine verletzliche Seite zugrunde, die schlussendlich auch ihr Verderben ist. Bates ist eine schauspielerische Wucht und schon jetzt ganz klar eine enorme Bereicherung für die Serie, nicht zuletzt, da sie gemeinsam mit Jessica Lange sicherlich für manch herausragende Szene sorgen wird. Und auch Lange überstrahlt mal wieder alles und jeden mit ihrer fabelhaften Performance als Fiona Goode, die ihr als Rolle erneut perfekt auf den Leib geschneidert wurde. Genauso besticht die stets gern gesehene Angela Bassett als düstere Marie Laveau, von der wir hoffentlich noch mehr zu sehen bekommen werden.

LaLaurie, Laveau, Goode – wir haben es in dieser Episode also mit verschiedenen Hexengenerationen zu tun, die aufeinandertreffen. Madame LaLaurie (übrigens eine tatsächliche historische Figur) ist 1834 eine angesehene Lady in New Orleans, die im Geheimen jedoch ganz furchtbare magische Machenschaften treibt und unter anderem eine richtige Folterkammer auf ihrem Dachboden hat. Hier kommt Voodoo-Priesterin Marie Laveau (ebenfalls auf einer wahren Person basierend) ins Spiel, die sich an LaLaurie für den grausamen Mord an Bastien rächt und LaLaurie lebendig begräbt. Und rund 150 Jahre später sehen wir, wie Fiona Goode LaLaurie aus ihrem Sarg befreit. Hier haben Murphy und Falchuk definitiv eine interessante Mythologie aufgebaut, deren Geheimnisse und Verstrickungen Neugier zu erwecken wissen.

"What I need is an infusion of vitality, of youth."

Denn dass Fiona nicht nach New Orleans zurückgekehrt ist, um ihrer Tochter Cordelia zu helfen, ist klar. Fionas Ziel war und ist einzig und allein die Befreiung LaLauries und hier beginnt auch schon die Spekulation. Wieso hat Fiona LaLaurie befreit? Was will sie von ihr? Will sie von LaLaurie vielleicht in Erfahrung bringen, wie sie so lange überleben konnte, ohne zu altern? Fionas große Obsession ist schließlich die ewige Jugend, ihre verwelkende Schönheit, die sie mit aller Macht retten will. Fiona ist als mächtigste ihres Hexenzirkels eine Figur voller intriganter Charakterzüge, Arroganz und Eitelkeit, die gleichzeitig aber auch ihre Schwächen, ihre Unsicherheiten hat. Genau diese Dualität macht Fiona potentiell interessant und schließlich ist da auch noch die völlig zerrüttete Beziehung zu ihrer Tochter Cordelia.

Cordelia bleibt im Auftakt erstmal eher im Hintergrund, doch allein schon die Idee, Sarah Paulson als Tochter von Jessica Lange zu präsentieren, verdient ein großes Lob. Paulson und Lange harmonierten bereits in Season 2 sehr gut miteinander und diese neue Mutter-Tochter-Konstellation zwischen den beiden verspricht tolle Momente. Bisher erscheint Cordelia noch sehr bedächtig, zurückhaltend und vernünftig, doch wer weiß, ob sie in Gegenwart ihrer herrschsüchtigen Mutter nicht ganz neue Seiten von sich zeigen wird.

"We are under siege. Our lives, our very existence is always at risk. Know this or face extinction."

Schließlich gibt es da noch die neue Generation der Hexen in Form von Zoe, Madison, Queenie und Nan in Miss Robichaux' Akademie für junge Frauen (oder wie Fiona so schön ironisch anmerkt: Hogwarts). Taissa Farmiga als junge Protagonistin Zoe weiß mit ihrer introvertiert-geheimnisvollen Art zu überzeugen und stellt gerade in Opposition zu den zwei schrecklich klischeehaften Mädels Madison und Queenie eine Identifikations- und Sympathiefigur für den Zuschauer dar. Zoe ist eine etwas komplexere Sorte von Teenager, die mit der typischen teenage angst zurechtkommen muss und das auch noch als junge Hexe, die beim Sex ihre Partner tötet. Murphy und Falchuk lassen ihren sexuellen Ideenspielchen mal wieder freien Lauf und bieten dem Zuschauer damit so manch verstörende Szene. Ein kleines Highlight bietet allerdings das erste Zusammentreffen zwischen Zoe und Kyle, das erneut die tolle Chemie zwischen Farmiga und Evan Peters unter Beweis stellt. Spannend bleibt hier erstmal, inwiefern Kyle im weiteren Verlauf noch eine Rolle spielen wird, da er ja schon wieder tot ist, Peters aber eigentlich als Hauptdarsteller gelistet ist. Das gleiche gilt im Übrigen für Lily Rabes Figur Misty Day.

Im Vergleich zu Zoe ist Madison als verzogenes Hollywoodsternchen bisher leider noch zu eindimensional konzipiert, als dass man hier wirkliches Interesse für die Figur aufbringen könnte, auch wenn man mit der horrenden Vergewaltigungsszene wirklich wieder einen neuen Tabubruch durchsetzt, den es in so visueller Deutlichkeit nicht gebraucht hätte. Hier besteht allerdings viel Potential für eine Charakterentwicklung, da dieser Vorfall erstmal aufgearbeitet werden muss und Madison sicherlich verändern wird.

"It's you that will end in flames! I swear it!"

In welche Richtung wird "American Horror Story" nun also gehen? Einige interessante thematische Ansätze lassen sich aus diesem Auftakt schon einmal herausfiltern, die wahrscheinlich (hoffentlich) auch die Basis für die weitere Staffel bilden werden. Zum ersten haben wir das Thema der Unterdrückung, vor allem von Minderheiten wie Frauen (hier speziell Hexen) und Afro-Amerikanern (hier speziell Sklaven), und deren Aufbegehren. Dass Murphy und Falchuk ein Faible für die Randgruppen der Gesellschaft haben, haben sie bereits zu Genüge bewiesen, und dass sie sich nun mit dem schwierigen Verhältnis Amerikas zu seiner eigenen Geschichte (Stichwort: US-Bürgerkrieg) beschäftigen wollen, hat definitiv Potential. Zum zweiten scheint die Staffel eine weitaus Teenie-lastigere Geschichte erzählen zu wollen, sodass wir uns bei Zoe und Madison wahrscheinlich auf eine Coming-of-Age-Story der besonderen Art einstellen können, was aber sicherlich nicht schaden dürfte. Denn zumindest lockert dies den Ton der Serie ungemein auf, was nach der todernsten zweiten Staffel auf jeden Fall positiv ist. Und zum dritten dürfen wir uns natürlich auch wieder auf so manch schaurig-eklige Szenarien einstellen, Minotauren, Voodoo und Todessex inklusive.

Insgesamt stellt #3.01 Bitchcraft somit einen soliden Auftakt für Staffel 3 dar, der zwar sehr schnell und oberflächlich bei der Figureneinführung vorgeht, dabei aber recht effizient ist. Uns wird eine Reihe an potentiell sehr interessanten Figuren sowie eine durchaus komplexe Mythologie präsentiert, die Lust auf die weiteren Episoden machen. Mal sehen, ob Murphy und Falchuk aus ihren Fehlern in Staffel 2 gelernt haben. In diesem Sinne: Willkommen in New Orleans.

Maria Gruber - myFanbase

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