Review: #5.10 Sie bekommt Rache
Beim Abendessen mit Donovan sagt die Countess in dieser Folge einmal: "It did feel great at the time, but now I have a bit of a mess to deal with." Dieser Satz könnte prinzipiell das Motto der "American Horror Story"-Autoren sein. Oft hat man das Gefühl, dass sie eine Idee in den Raum werfen, diese direkt umsetzen, nur um sie dann fallen zu lassen, zu einem sang- und klanglosen Ende zu bringen oder einfach eine völlig andere Richtung einzuschlagen. John Lowe als verrückter Psychokiller? Hey komm, erstmal nicht so wichtig, lassen wir ihn diesmal einen reumütigen Ehemann sein. Iris als super fiese Rächerin sämtlicher Pornostars und ausgebeuteter Frauen dieser Welt? Längst vergessen, sie hat diesmal plötzlich wieder Selbstmordgedanken. Diese anstrengende Sprunghaftigkeit zieht sich durch die meisten Storylines in der Serie, speziell auch in dieser Episode. Gut, dass da diesmal vieles mit Humor genommen wird.
"Why don't you text your boyfriend and ask him? Oh, oh, that's right. He doesn't know how to text. And you can forget about FaceTime."
Zu Beginn von #5.10 She Gets Revenge geht man gleich in die Vollen: Donovan spürt Valentino in dessen Motelzimmer auf und erschießt ihn eiskalt, während die Countess Natacha in ihrer Suite abfertigt. Dann kümmert sie sich darum, ihren frisch angetrauten (und frisch verstorbenen) Ehemann Will Drake bei der Polizei als vermisst zu melden, doch dieser macht der schwarzen Witwe einen Strich durch die Rechnung (beste Ausrede aller Zeiten: "I was just exploring the new renovation on the seventh floor and got lost in the hallways for two days!") und kehrt putzmunter als Geist zurück. Drake kann sich so zumindest ein bisschen an der Countess rächen, doch eigentlich sollte da noch mehr kommen – immerhin hat sie ihn nach Strich und Faden belogen, sein Todesurteil unterschrieben, als sie ihn in das geheime Verlies sperrte und zudem hat Drake ja auch noch einen Sohn, dem es zu helfen gilt. Lachlan fand im Gespräch zwischen Drake und der Countess ja zumindest schon mal Erwähnung, also bleibt zu hoffen, dass dies nicht völlig unter den Tisch gekehrt wird.
Die Countess darf sich nur kurz in vermeintlicher Siegesfreude suhlen, nachdem sie Natacha erledigt hat. Denn während sie glaubt, nun mit ihrer großen Liebe Valentino vereint sein zu können, ist Donovan ihr diesmal einen Schritt voraus und es ist überaus positiv, dass Donovan wieder etwas mehr Relevanz in der Story zugesprochen bekommt. Er sieht seine Situation mit erstaunlicher Klarheit: Er weiß, dass die Countess ihn umbringen wird, wenn er Valentino tötet. Doch er liebt sie so sehr, dass er lieber seinen Tod riskiert, als nicht von ihr zurückgeliebt zu werden. Diese Radikalität kann er nur von seiner Mutter Iris geerbt haben.
"Listen to me, Iris. You and I are women of a certain age. We have suffered more than our fair share. Damn it. We are the ones who should inherit the earth. We should freaking take over this damn hotel!"
Iris ist bisweilen ein Rätsel. Vor ein paar Folgen noch gewillt, alles und jeden abzuschlachten, der ihr nicht passt, stellt man sie nun plötzlich wieder als ernüchterte alte Frau dar, die angesichts Donovans Ablehnung den Tod herbeisehnt. Wirklich überzeugend ist dieser Sinneswandel allerdings nicht, aber gut, wir reden hier immerhin über dieselbe Frau, die ein Tributvideo an sich selbst auf Instagram postet, bevor sie Selbstmord begeht, also was soll's.
Weitaus überzeugender ist da schon Liz Taylors Wunsch nach dem Lebensende: Nachdem ihr die große Liebe genommen wurde und sie keinen Grund mehr sieht, weiterzuleben, will sie den Abzug drücken – doch nicht, bevor sie ein letztes offenes Kapitel ihres Lebens abgeschlossen hat. Dass ihr Sohn Douglas hier wieder Erwähnung findet, ist für "American Horror Story" geradezu ungewöhnlich konsequent und sein Auftauchen sorgt für die besten Szenen dieser Folge. Die Reunion von Liz und Douglas an der Hotelbar mag kitschig sein, doch sie ist rührend und aufrichtig und einfach schön. Ohne großes Drama akzeptiert Douglas seinen Vater als seine Mutter und lässt somit jeglichen Gedanken Liz' an Selbstmord erlöschen. Stattdessen zieht Liz aus dieser Begegnung neue Kraft und fordert Iris auf, sich nicht geschlagen zu geben und stattdessen für eine bessere Zukunft zu kämpfen. Und dann kommt es endlich zur Rache und zur absolut kultigsten Szene dieser Folge: Iris und Liz stürmen die Suite der Countess und ballern alles nieder – herrlich!
"Has anything really changed since I gave you the papers?" – "Everything. You found Holden." – "You are different, aren't you? Something solid behind your eyes."
Dagegen wirkt das Ehegedöns um John und Alex Lowe geradezu langweilig, aber vor allem wirr. Zum einen ist es ein Schritt in die völlig falsche Richtung, dass man John nun plötzlich als liebevollen Ehemann präsentiert, nachdem uns gerade erst enthüllt wurde, dass er der Zehn-Gebote-Killer ist. Diese 180-Grad-Wendung ist zu diesem Zeitpunkt völlig unnötig, unvorbereitet und unpassend. Zum anderen wird das Lowe'sche Ehedrama mit der bislang schwächsten Storyline der Serie verknüpft, nämlich den Vampirkids, die von Alex versehentlich erschaffen wurden. Interessiert es irgendjemanden, wenn die kleine Kimmy das Zeitliche segnet, ob diese Vampirkids Pizzalieferanten essen oder sonst irgendwas machen? Nein. All dies ist spannungslos und öde. Es bleibt zu vermuten, dass die Vampirkids einzig und allein dafür da sein werden, damit sie Ramona Royale in ihrem Verlies irgendwie zu Nutzen sein können, sei es als Futter oder als kleine Royale-Armee.
Um das Lowe'sche Ehedrama noch etwas aufzupeppen, erhält Sally auch wieder eine größere Rolle, doch das schadet der Story eher als dass es ihr gut tut. Sally ist weiterhin der uninteressanteste und eindimensionalste Charakter, einzig und allein dafür da, um sich an John Lowes Fersen zu heften und als dessen Affäre zu dienen. Das ist nicht nur eine Verschwendung von Zeit, die in anderen Storylines besser aufgehoben wäre, sondern auch von Sarah Paulsons Talent, die – genau wie Angela Bassett – hier mit geradezu unverschämt billigem Material abgespeist wird.
"Oh, who would have thought? Oxygen in the soap!"
Storytechnisch gesehen ist #5.10 She Gets Revenge also eine eher durchwachsene Folge, die vor allem wieder mit Liz Taylor und der Countess punkten kann, aber auch einige Schwachpunkte hat, gerade in der Geschichte rund um John Lowe. Was die Folge aber letztlich doch noch auf großzügige 7 Punkte rettet, ist ihr wunderbar schräger Sinn für Humor: Der Tarantino-würdige Abschluss wurde ja schon erwähnt, dann sorgte Ms. Evers mit ihre Begeisterung für Waschmittel und Waschmaschinen für einige große Dialogzeilen ("No more wringing. Oh, heavenly day!") und nicht zu vergessen: Matt Bomer tanzt zu "Hotline Bling". Ganz ehrlich, allein das verdient 1000 Punkte. Bisweilen gibt es aber kulante 7 Punkte in der Hoffnung, dass die Serie mit den zwei finalen Episoden nochmal alles rausholen kann.
Maria Gruber - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: She Gets RevengeErstausstrahlung (US): 16.12.2015
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Erstausstrahlung (Pay-TV): 10.02.2016
Regie: Bradley Buecker
Drehbuch: James Wong
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