Bewertung

Review: #6.05 Kapitel 5

Foto: Kathy Bates, American Horror Story: Roanoke - Copyright: 2017 Twentieth Century Fox Home Entertainment
Kathy Bates, American Horror Story: Roanoke
© 2017 Twentieth Century Fox Home Entertainment

Als Shelby Miller auf den Geist von Edward Philippe Mott trifft, kommentiert sie dies im Voiceover folgendermaßen: "He told us his name. Edward Philippe Mott. And that he was the original owner. As many questions as that raised, we didn't have time for any more details." Letzterer Satz eignet sich geradezu hervorragend als Metakommentar für "American Horror Story: Roanoke": Viele Fragen aufwerfen und Storylines anreißen, aber keine Zeit für tiefergehende Details, genau das ist das Problem, mit dem die Serie seit jeher und auch wieder in dieser Staffel zu kämpfen hat. Nachdem Shelby und Matt sich bereits gegen Mama Butcher und ihren Mob, Waldfee Lady Gaga und den Schweinemann brüsten müssen, kommen nun auch noch Mama Polk und ihre kannibalistische Großfamilie sowie das Mädchen aus "The Ring" dazu. Dieser regelrechte Overkill an Gegnern führt zu drei großen Problemen, die in Episode #6.05 Chapter Five deutlicher denn je werden.

"We should have known that in that forest, we were nothing more than prey."

Problem Nummer 1: Keiner der zahlreichen Bösewichte ist wirklich interessant. Mama Butcher ist prinzipiell ein messerschwingendes Monster mit Schürze und schlechtem Akzent, Scáthach aka Lady Gaga geistert unheilvoll durch den Wald, Mama Polk grillt gern Menschenfleisch und der Schweinemann und das "Ring"-Mädchen tauchen sowieso nur auf, um Shelby und Matt alle 20 Minuten durch die Gegend zu jagen. So richtig überzeugt da niemand.

Das Auftauchen von Edward Philippe Mott (sicherlich ein Vorfahre des berüchtigten Dandy Mott) ist hier ein Silberstreif am Horizont. Edward ist kein klassischer Bösewicht, vielmehr kommt er gegen seine eigene Natur nicht an und so enden sein Narzissmus und seine Besessenheit letztlich in Gewalt, als seine geliebten Kunstwerke zerstört werden. Edward ist bizarr, fällt aus der Reihe, legt ständig neue Capricen an den Tag. Die Launenhaftigkeit und Unberechenbarkeit machen den Charakter reizvoll, doch problematisch ist bei Edward vor allem eines: Er ist quasi eine Kopie von James Patrick March aus Staffel 5. So unterhaltsam Evan Peters in dieser Rolle auch war – March war für mich einer der Höhepunkte von "American Horror Story: Hotel" –, man ist hier wirklich hart an der Grenze, sich ganz dreist selbst zu kopieren.

"We have a deal with the Butcher, and she's gonna get you back."

Überraschend plausibel ist dafür die Erklärung, warum der Geist Edwards sich dazu entscheidet, den verzweifelten Millers zu helfen: Er, der Eigenbrödler, will nicht noch mehr untote Störenfriede auf seinem Grundstück haben. So hilft er Matt, Shelby und Flora aus ihrem Haus und vor Mama Butchers Mob zu fliehen. Doch natürlich dürfen sich die Protagonisten nicht einfach so in Sicherheit wähnen, immerhin haben wir ja erst vier 42-minütige Folgen damit verbracht, ihnen beim Wegrennen und Rumkreischen zuzuschauen. Es kommt also, was kommen muss: Sie landen in den Händen von Kannibalen.

Ganz ehrlich: Kannibalen? Ernsthaft? Ach herrje. Die Polks, die Familie der beiden verwahrlosten Jungen, die Shelby und Matt in #6.03 Chapter Three in einer Scheune fanden, sind die üblichen Hillbillys aus dem US-amerikanischen Hinterland, die ihre Schrotflinten mit ihren verlotterten Karohemden abputzen, schlechte Zähne haben und sich ab und an eben gerne Menschensteak gönnen. Hillbillys, denn man maximal drei Eigenschaften zuweisen kann (lasst mal sehen… also, sie sind Kannibalen und… nun ja, essen gerne Menschenfleisch und… haben Professor Cunninghams Bein zu Steak verarbeitet… drei Eigenschaften!). Hillbillys, die im Endeffekt für nichts anderes da sind, als Shelby und Matt eine weitere albtraumhafte Erfahrung zu verschaffen, damit sie wieder in purer Verzweiflung schreiend davonrennen können. Und damit kommen wir zu…

Problem Nummer 2: Dadurch, dass Shelby und Matt gefühlt nichts anderes tun, als davonzurennen, zu schreien, zu fliehen oder um ihr Leben zu bangen, bleiben sie fürchterlich langweilige und eindimensionale Charaktere. Was mit der ersten Episode noch relativ vielversprechend begann, hat sich nicht weiterentwickelt. Wirkliches Interesse für oder gar ein richtiges Mitfiebern mit den Protagonisten bleibt somit größtenteils aus.

"I still can't explain half the crazy things we saw. We were lucky to be alive."

Am Ende passiert natürlich das, was immer passiert: Irgendjemand rettet die Millers. Diesmal ist es Ambrose, der die Gräueltaten seiner Mutter plötzlich nicht mehr mitansehen kann und Mama Butcher ins Feuer stürzt. Gleichzeitig wälzt Lee den bösen Schweinemann um und kommt zur Rettung. Perfektes Timing. Und so sind die Millers nach einer weiteren Horrornacht ganz ohne eigenes Zutun wieder sicher.

Womit wir zu Problem Nummer 3 kommen: Der erzählerische Aufbau ist ein sich wiederholendes Kuddelmuddel. Storytechnisch ist die Episode ein Chaos. Erst ist Flora sicher – super! Dann erscheint aus dem Nichts das "Ring"-Mädchen – Flora ist wieder in Gefahr. Dann doch wieder nicht. Okay. Matt und Shelby fliehen vor Mama Butcher – und landen in den Fängen von Mama Polk. Und so weiter und so fort. Seit fünf Episoden ist die Grundstruktur fast einer jeden Folge ähnlich – eine Gefahr (Mama Butcher, Schweinemann, Lady Gaga, Familie Polk, wer auch immer) taucht auf, Matt und Shelby müssen fliehen, geraten wieder in die Fänge eines Gegners, Mama Butcher zückt ihr Messer, Leute werden bei lebendigem Leibe verbrannt und dann kommt jemand (Professor Cunningham, Cricket, Edward, Ambrose, wer auch immer) zur Hilfe. Gähn.

Wenn Matt also behauptet "We were lucky to be alive", dann ist das die Untertreibung des Jahrhunderts. Mehr "Glück", mehr zurechtgebogenes Storytelling ist fast nicht möglich. Und leider auch kaum spannend. Man bleibt nach dieser Folge unzufrieden zurück, mit dem Gefühl ein und dasselbe in der x-fachsten Ausführung gesehen zu haben. Der vorläufige Abschluss der Shaker-Mansion-Storyline ist das einzige, was Hoffnung für die nächste Episode gibt, die angeblich einen großen Twist bieten wird. Die Vorfreude darauf ist jedoch erstmal verhalten.

Maria Gruber - myFanbase

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