Bewertung

Review: #3.07 Eine Minute

Nach dem die letzte Episode bereits den bisher absoluten Höhepunkt der Staffel setzte, steht ihr diese Episode in nichts nach.

"La familia es todo."

In der Anfangsszene wird schnell deutlich, um wen es sich handelt: Die Cousins in jungen Jahren. Sie gibt einen wichtigen Aufschluss darüber, warum die Cousins so unzertrennlich geworden sind. Der eine macht das Spielzeug des anderen kaputt, worauf dieser ihn bei Tio verpfeift und sich wünscht, dass sein Bruder sterben solle. Als Tio darauf hin dem Wunsch nachkommt und einen der Brüder fast ertränkt, muss für beide ein einschneidendes Erlebnis gewesen sein. Und dennoch bleiben die Cousins ein großes Mysterium.

Hank nimmt in dieser Folge eine zentrale Position ein. Fast alle Geschehnisse sind Reaktionen auf sein Handeln. Wutentbrannt fährt er zu Jesses Haus und drischt auf ihn ein wie auf einen Sandsack, an dem man seinen ganzen Frust abbauen will. Doch, als er Jesse bewusstlos am Boden liegen sieht, wird ihm klar, dass er einen Fehler gemacht hat, und ruft den Notarzt und die Polizei. Dass sich in Hank etwas gestaut hat, sah man bereits in den vergangen Episoden. Ausgerechnet durch dieses Erlebnis kann er sich Marie endlich öffnen. Besonders deutlich wird das in der Szene, als Hank nach der ersten Anhörung in den Fahrstuhl steigt und während der Fahrt wie ein Schlosshund an Marie ausweint. Unten angekommen verhalten sich beide, als wäre alles normal. Und genau durch die schnelle Rückkehr zur Normalität hatte diese kurze Sequenz beinahe einen Traumcharakter. Hank gebührt Respekt für die Art und Weise, wie er mit der Situation umgeht und auf Knopfdruck alle Gefühle tief in sich vergräbt. Noch mehr Respekt gebührt allerdings den Machern der Serie. Sowohl schauspielerisch als auch stilistisch brennt "Breaking Bad" wieder einmal ein Feuerwerk ab.

"What happens next?" "I will haunt his crusty ass forever until the day he sticks a gun up his mouth and pulls the trigger just to get me out of his head. That's what happens next."

Zumindest schauspielerisch gilt das gleiche auch für Walters ersten Besuch bei Jesse im Krankenhaus. Die Art, wie er auf Sauls dumme Sprüche und Walters simple Entschuldigung reagiert, ist großartig. Mit jedem Wort, dass er spricht nimmt die Wut in ihm zu. Zu allem Überfluss ist Jesse nahezu besessen davon wieder Meth zu kochen. Als Gefängnisfreikarte sieht er dabei die Möglichkeit, Heisenbergs Identität der Polizei zu verraten und Walter somit direkt auszuliefern. Kurz darauf diskutieren Walter und Saul außerhalb seines Zimmers, wie sie weiter mit ihm vorgehen sollen.

"Hank is your family!" "Not currently"

Walter hat plötzlich wieder ein Problem - Jesse. Zudem kommt Skyler bei ihm vorbei und bittet ihn Jesse davon abzuhalten gegen Hank Anzeige zu erstatten. Walter gibt als Verteidigung an, dass er mit Jesse nicht befreundet sei und, dass Hank derzeit nicht zu seiner Familie zähle. Damit will er allerdings nur versuchen Skyler ein schlechtes Gewissen zu machen. Dass diese Szene die einzige ist, in der Skyler in dieser Folge vorkommt zeigt, dass die Serie den Fokus nicht mehr auf Walters Probleme mit ihr legt. Es zeigt sich aber auch, dass Skyler für Walter immer mehr zur Gefahr werden könnte. Denn trotz seiner Kriminalität scheint sie den Kontakt nicht ganz verlieren zu wollen, obwohl sie mit ihrem "I guess crime does pay" ihre Abneigung nicht verleugnet. Walters Gesichtsausdruck, als er ihr die Tür öffnet, ist unbezahlbar. In ihm ist eine Mischung aus positiver Überraschung und Genugtuung erkennbar. Die Macher haben die in dieser Folge geringen Präsenz Skylers durch diese wichtige Szene gut kompensiert. Es kommt hinzu, dass ihre Handlung Walter um Hilfe zu bitten, absolut nachvollziehbar ist.

Walter kommt nach dem Gespräch mit Skyler auf die Idee seinen Assistenten zu feuern und dafür Jesse einzustellen. Das würde zunächst alle Probleme lösen. Im Labor erwähnt sein Assistent, dass die Zusammenarbeit zwischen ihnen der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein möge. Walters Gesichtsausdruck sagt in der Aufnahme mehr als tausend Worte. Er ist sicher, dass er sich schnell von seinem Assistenten trennen muss. Freundschaft mit diesem Typen? Nie im Leben. Also wirft Walt seinem Mitarbeiter vor einen schweren Fehler begannen zu haben, obwohl dieser einen perfekten Job macht. Dabei stellt sich heraus, dass sein Assistent sehr psychisch recht instabil zu sein. Über dessen Vergangenheit ist nichts bekannt. Er könnte für Walt noch mal zum Problem werden, gerade wenn man bedenkt, dass er ihn fast anzuhimmeln scheint und eventuell von Gus als sein Nachfolger engagiert wurde.

"I'm not turning down the money, I'm turning down you!"

Schließlich gelingt es Walter doch Gus zu überzeugen und Jesse als Assistenten zurückzuholen. Also fährt Walter erneut ins Krankenhaus um Jesse anzubieten wieder Partner zu sein, wodurch jeder der beiden 1,5 Millionen Dollar erhalten würde. Zunächst lässt Jesse seinen ganzen Gedanken und Gefühlen freien Lauf, wirft Walter vor Schuld für seine Einsamkeit, seine ganze Misere zu sein. Es wird dabei sehr deutlich, dass er vor allem den Verlust von Jane noch nicht verkraftet hat. Als Walter daraufhin sein Zimmer verlässt, gibt er zu, dass Jesses Meth so gut sei wie seins. Kurz darauf ruft Jesse ihn an und nimmt den Deal an. Jesse schaut auf eine Tafel neben seinem Bett, auf der verschiedene Gemütszustände durch Gesichter dargestellt werden. Die Kamera fokussiert auf das traurige Gesicht. Es ist klasse wie ein komplexer Charakterzustand durch eine simple Einblendung beschrieben wird.

"Terminalo"

In der brillant inszenierten Schlusssequenz kommt es zu dem angedeuteten Showdown zwischen Hank und den Cousins, die auch hier derart hemmungslos zu Werke gehen, dabei aber ungewohnte Fehler begehen. Besonders erwähnenswert ist dabei die verhängnisvolle Patrone, die sie von einem Waffenhändler geschenkt bekommen haben. Die Spannung in dieser Szene ist so schon gigantisch, wird aber durch kleine Feinheiten wie das Schlurfen der Axt fast bis zur Explosion gebracht. Und trotz allem bleibt die Wohnmobil-Szene in #3.06 Sunset in dieser Staffel das Maß aller Dinge, wenn es um Spannungsaufbau geht.

Die Geschehnisse der Folgen werfen wieder einmal einige Fragen auf. Wird Hank überleben bzw. wie wirken sich mögliche Folgeschäden auf ihn und sein Umfeld aus? Die Cousins, zugegebener Maßen recht unglaubwürdig wirkten, sind schneller als vermutet "verschwunden". Oder lebt der der eine Cousin doch noch? Wer hat Hank angerufen? Die verzerrte Stimme klang etwas nach Mike, konnte aber genau so gut Gus gewesen sein.

Genau so ungewiss ist, wie gut Jesse und Walter zusammen arbeiten werden. Kann Jesse seine Probleme bewältigen? Walter hat sich ja noch nicht einmal mit den Konsequenzen seines Handels in Bezug auf den mittlerweile fast in Vergessenheit geratenen Flugzeugunglück auseinander gesetzt. Wenn Skyler davon erfährt, bezweifle ich, dass sie sein Geheimnis für sich behalten würde. Auf der anderen Seite ist es denkbar, dass sie einen Schritt auf Walter zugeht, wenn sie erfährt, dass Jesse nicht gegen Hank Anzeige erstatten wird.

Fazit:

Die Episode hatte alles, was "Breaking Bad" ausmacht. Ruhige Szenen, vor allem zwischen Hank und Marie, dramatische Dialoge, wie hier zwischen Jesse und Walter und eine enorme Spannung, die innerhalb einer Szene aufgebaut und abgebaut wird. Diese Episode lässt sich ohne jeden Zweifel als perfekt bezeichnen. Die Frage ist, ob es so grandios weitergehen kann. Aber wenn es jemand bewiesen hat, dass man sich immer wieder selbst übertreffen kann, dann sind es die Macher von "Breaking Bad".

Dennis T. - myFanbase

Die Serie "Breaking Bad" ansehen:


Vorherige Review:
#3.06 Sonnenuntergang
Alle ReviewsNächste Review:
#3.08 Familienbande

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "Breaking Bad" über die Folge #3.07 Eine Minute diskutieren.