Review: #7.22 Das Ende der Zeit (2)
"Was machen wir jetzt?"
Immer noch hallt mir Dawns Frage am Ende der Episode #7.22 Das Ende der Zeit (2) im Ohr, während ich mit einem wehmütigen Lächeln und der letzten Träne im Auge den Fernseher abschalte.
Die letzte "Buffy"-Folge. Das wars.
Während einige Fans teilnahmslos in den Alltag zurückkehren ("es war doch bloß ne TV-Serie"), werden sich andere eine ganze Weile nicht von ihren Tempotaschentüchern trennen können. Ich gehöre weder zur einen, noch zur anderen Gruppe. Das Aus von "Buffy - Im Bann der Dämonen" bedeutet für mich nicht den Weltuntergang (als "Buffy"-Fan weiß ich schließlich zur Genüge, wie dieser aussieht), aber ich muss zugeben, dass sich auch für mich eine kleine Welt für immer geschlossen hat.
Als (trauernder) Fan möchte ich hier meinen Eindruck und meine Gedanken über #7.21 Das Ende Der Zeit (1) und #7.22 Das Ende der Zeit (2) und somit das Aus für eine der größten TV-Sensationen aller Zeiten mit meinen Gleichgesinnten "da draußen" teilen.
Wir steigen direkt dort ein, wo die vorige Episode endet. Schließlich passiert nun alles Schlag auf Schlag - und wir wollen ja auch auf keinen Fall nur eine Minute des größten Abenteuers der Jägerin und ihrer Freunde verpassen. Die Wiedersehensfreude mit Angel währt leider nicht lang, da Buffy ihn sofort wieder nach Los Angeles zurückschickt. Das kommt doch sehr überraschend, hatte man doch fest angenommen, dass Buffys (ehemalige) große Liebe ihr bei der großen Schlacht beistünde. Doch er solle nach L.A. zurück und seine eigene Armee erstellen und führen, so Buffy, denn wenn das Chaos ausbricht, würde es sicher nicht in Sunnydale halt machen. Schließlich befinde man sich im Krieg. So werden die zwei Serien "Angel - Jäger der Finsternis" und "Buffy" erneut (nun leider zum letzten Mal) zusammengeführt und als Zuseher begreift man einmal mehr die wahre Auswirkung der herannahenden Apokalypse. Obwohl dies nach sieben "Buffy"- Staffeln nichts Neues mehr darstellt, hat man diesmal das Gefühl, alles sei gigantischer, böser, gefährlicher. Der Ausgang ist ungewiss. Alles kann passieren. Schließlich ist der Big Bad The First, das Urböse, höchstperönlich, und es ist auch der letzte Kampf der Serie - noch nie war das Ende so offen, wie es diesmal der Fall zu sein scheint.
Unwillkürlich kommt einem da der Gedanke, ob nicht alle TV-Serien mit dem Übernatürlichen als Hauptthema vielleicht doch eine große, zusammengehörige weite Welt darstellen. Alles ist miteinander verbunden. Was wohl Mulder und Scully zu einer gigantischen Vampirinvasion sagen würden? Doch lasst uns wieder zum "Buffy"-Finale zurückkehren. Alles in allem also war Angels Besuch nichts weiter als ein - sehr charismatischer und witziger - Gastauftritt von David Boreanaz, der selten so sympathisch rüberkam, wie in dieser Episode. Und dass auch Angel zum (möglichen) Sieg beitragen darf, (nebenbei brachte er uns Zuschauern noch ein großes Stück an Erinnerungen mit), darf er Buffy noch ein "scheinbar machtvolles und wichtiges Amulett" überreichen, dessen Besitzer "jemand mit einer Seele, der stärker ist als ein Mensch - ein Berufener" sein soll. Während unsere beiden Helden noch rätseln, wer das sein könnte, ist uns Fans sofort klar, dass damit nur Spike gemeint sein kann. Schließlich haben wir in sieben Jahren gelernt, was in Joss Whedons Kopf so vor sich geht.
Bemerkenswert ist, dass in der Folge, in der so dermaßen viel auf dem Spiel steht, der Humor nicht zu kurz kommt - der typische "Buffy"-Humor, wohl bemerkt. Und so dürfen wir noch ein letztes Mal 90 Minuten lang erleben, was Buffy all die Jahre lang zu etwas Besonderem machte: der perfekte Mix aus Mystery, Action und Humor. Buffys coole Sprüche, wenn sie wieder mal einen Fiesling in den Hintern tritt, Willows unvergleichliche naiv-ehrliche Weltansicht, Xanders witzige, aber stets treffende Kommentare und Giles' trockener Humor - all das war in "Das Ende Der Zeit" noch einmal ein letztes Mal gelungen in Szene gesetzt und hat uns gezeigt, warum wir die Charaktere im "Buffy"-Universum derart liebgewonnen haben.
Und um zu unterstreichen, dass seine Figuren doch die besten in der weiten TV-Landschaft sind und wir ihnen auch ganz bestimmt nachtrauern, hat Joss zwei ganz spezielle Charakter-Szenen in die Folge eingebaut:
Überhaupt scheint es Joss, der persönlich für dieses Glanzstück an Serienfinale im Regiestuhl Platz nahm, auf die Tränendrüse der Fans abgesehen zu haben. Wir sollen in Erinnerungen schwelgen - was er durch zahlreiche sehr schöne Dialoge zwischen den Figuren auch eindrucksvoll schafft. Und das alles ohne Flashbacks.
Alles in allem hat man das Gefühl, dass Buffy vor dem drohenden Ende noch ein offenes Gespräch mit vielen ihrer Mitstreiter sucht. Da wäre zum einem das Gespräch zwischen ihr und Angel, in dem endlich klar gezeigt wird, dass sich die beiden nun endgültig von einander gelöst haben, der berührende Moment zwischen Buffy und Xander, in dem sie meint, ohne ihn nie so weit gekommen zu sein. Dass sie ihn braucht. Das Zugeständnis von Buffy kommt zwar spät, aber immerhin... Nicht zu vergessen das klärende, aber gefühlvolle Gespräch zwischen Buffy und Spike, in dem er ihr gesteht, keiner Person je so nahe gewesen zu sein wie ihr, und weist so sogar Drusilla auf die Plätze. Nach der Endlos-Tortur mit Angel, der blassen Beziehung mit Riley und dem selbstzerstörerischen Trip in der sechsten Staffel wünscht man Buffy nichts sehnlicher als eine glückliche Beziehung - und das ausgerechnet mit dem ehemaligen Serienkiller Spike. Typisch Joss Whedon.
Schön ist zu sehen, dass die Scoobies endlich begriffen zu haben scheinen, dass man miteinander kämpfen muss, nicht nebeneinander, wie es seit der sechsten Staffel (oder vielleicht schon seit der vierten Staffel?) der Fall gewesen ist. Man hat das Gefühl, zum ersten Mal seit langem reden sie wirklich. Da ist auch erschreckend mit anzusehen, wie abgehärtet die Scoobies geworden zu sein scheinen. Hat man bei Giles schon am Ende der fünften Staffel einen Vorgeschmack darauf bekommen, zu was unsere Freunde fähig sein können, ist es trotz allem schockierend, wie Xander ohne mit der Wimper zu zucken Dawn entführt (wenn auch für eine gute Sache), diese kurz darauf ihn außer Gefecht setzt, Buffy mit "Wenn du draufgehst, ist es deine Schuld" ihre Schwester empfängt und sogar Kennedy bereit ist, Willow zu töten, sollte diese wieder zur Black Willow werden. Noch nie ist uns derart bewusst geworden, dass im Buffy-Univerum Krieg herrscht. Man fragt sich nur, wie lange eigentlich schon.
Vermisst wird eine persönliche Szene zwischen Buffy und Willow. Obwohl deutlich gezeigt wird, wie sehr die Jägerin der Hexe vertraut, kann trotzdem nicht geleugnet werden, dass die Jahre und Schicksalsschläge eine Kluft zwischen den ehemals unzertrennlichen Freundinnen hat entstehen lassen. Umso schöner dafür die Szene mit Buffy und Faith, in der sie sich das erste Mal wirklich akzeptieren und sogar verstehen. Nebenbei dürfen wir Zuschauer auch noch in Erinnerungen schwelgen.
Sehr interessant und gelungen finde ich die Entwicklung der "Buffy"-Charaktere und wie jeder sein (Serien-)Ende findet. Besonders auffällig ist hier natürlich Willow. Es ist schwer zu glauben, dass sie drei Jahre zuvor gerade mal einen Bleistift hat schweben lassen können. Dass sie nun Angst vor ihrer eigenen Magie hat, vermag wohl mehr auszusagen als tausend Worte. Doch kann man noch immer die schüchterne, unsichere Willow der ersten Staffel erkennen. Waren auch viele Fans schockiert, als die brave Willow voriges Jahr die Welt zerstören wollte (da hat Joss Whedon einigen wohl zu viel zugemutet), und man mag auch über ihre neue Freundin Kennedy geteilter Meinung sein (viele von uns sehen noch immer die bezaubernde Tara an ihrer Seite), Willow ist in ihrem Inneren immer noch das kleine Highschool-Mädchen, das am liebsten mit Giles in alten Büchern recherchiert, wie auch in #7.22 Das Ende Der Zeit (2) wieder gezeigt wird. Dass man mit dem Zauber, alle möglichen Anwärterinnen auf der ganzen Welt zu Jägerinnen werden zu lassen, bewiesen hat, dass Willow sogar mächtiger ist als die Männer (oder sollte ich Wesen sagen?), die die Jägerin damals erschufen, und am Ende Willow sogar zur Göttin wird, ist wohl mehr als ein imposantes Ende für unsere Lieblingshexe. Und egal ob mit schwarzen, weißen oder roten Haaren - Willow ist unsere heimliche Serien-Heldin.
Einen angenehmen Stützpunkt stellen Xander und Giles dar, die sich all die Jahre stets selbst treu geblieben sind und uns nicht vergessen lassen, wie die Serie eigentlich anfing. Xander, der liebenswerte Chaot, und Giles, der steife Bibliothekar, sind zwar reifer geworden, haben aber im Grunde genommen nie eine große Wandlung durchgemacht. Was uns Fans nichts ausmacht. Denn die beiden haben sich als einzige Menschen ohne Superkräfte in Buffys Gruppe bis ans Ende wacker geschlagen, und auch diesen Kampf überlebt. Dass Xander dafür mit einem Auge dafür bezahlen musste, lässt ihn noch heldenhafter erscheinen. Schmerzhaft anzusehen ist hingegen das Verhältnis der Summers-Schwestern. Buffy fällt leider wieder in die alte Rolle der beschützenden Schwester zurück, die sogar Xander den Auftrag erteilt, Dawn zu entführen, um sie in Sicherheit zu bringen. Dass diese sich das natürlich nicht gefallen lässt, ist uns Zuschauern klar. So überrascht es auch nicht, dass am Ende Dawn ihrer Schwester zur Seite steht. Eine noble Geste, die jedoch von Ereignissen vorangegangener Episoden (Dawn wirft Buffy aus dem Haus) und dem Wissen, dass Buffy ihre Schwester töten würde, sei es denn absolut notwendig, überschattet wird.
Ein tragisches Ende hingegen trifft Anya. Die Ex-Rachedämonin, die sich mit ihrer charmanten Taktlosigkeit und ihrem mehr als guten Sinn für Humor einen Weg in unsere Herzen bahnte, muss beim großen Kampf als einzige der Scoobies (abgesehen von Spike) ihr Leben lassen. Ihr Geständnis kurz davor, dass sie die Menschen über alles liebe und dem Wissen, dass sie Andrews Leben über ihr eigenes stellte, macht den Tod der jungen Frau noch tragischer. Gelungen ist die Art und Weise, wie Joss Anyas Ableben in Szene setzt: Der tödliche Schlag wird nur Sekunden lang gezeigt, auch gegen Ende der Episode sieht man erneut nur Sekunden lang die blutverschmierte Leiche, die von keinem in der Gruppe entdeckt wird. Grausam. Der Wunsch Emma Caulfields, in ihrer letzten Folge zu sterben, hat sich hiermit also erfüllt.
Dass ausgerechnet Spike die Welt rettet, mag für den einen eine Überraschung gewesen sein, für den anderen weniger. Spätestens seit der Zurückerlangung seiner Seele war Spike mehr als jeder andere in "Buffy" der tragische Held, der weder mit seiner Vergangenheit, noch mit der Gegenwart zurecht kam. Noch dazu übernimmt er die Rolle des bedingungslosen Liebhaber Buffys, der seiner Angebeteten bis ans Ende der Welt folgt (Was im "Buffy"-Universum wörtlich zu nehmen ist!) Trotzdem behält Spike stets seinen Biss, seine Zwiespältigkeit, ist sensibel und hart zugleich, Seelentröster und Killer. Dass er sich zum Wohle der Menschheit opfert, hat ihn wohl endgültig als tragischen Helden etabliert, der auf der Seite des Guten kämpft.
Gut schneidet auch die "abtrünnige" Jägerin Faith ab. Wirkte sie bereits auf den ersten Blick impulsiv, aggressiv und unzähmbar, bemerkt man bald, dass sie das alles auch immer noch ist. Sie macht klar, nicht mehr ins Gefängnis zurückzukehren, sie habe genug Buße getan. Die Jahre hinter Gittern scheinen aber nicht umsonst gewesen zu sein. Faith versucht nun, zwischen gut und böse, richtig und falsch zu unterscheiden, was ihr auch immer öfter gelingt. Und sie hat sogar bewiesen, dass sie eine Gruppe führen kann. Die Szene zwischen ihr und Robin gehört zu den humorvollsten der Episode, und man wünscht sich, dass sich mehr entwickelt zwischen den beiden. Eine großartige Entscheidung, Eliza Dushku wieder an Bord zu holen und noch nie waren wir der Idee eines Faith-Spin-Offs mehr zugetan als in diesem Moment.
Und da war da noch ein junges Mädchen, das zur Jägerin wurde...
Von Anfang an war Buffy eine Heldin mit Ecken und Kanten, mit denen Joss Whedon manchmal vielleicht auch etwas übertrieb. Er hat mit den Sympathien der Fans gespielt, nicht immer erschien uns Buffy wirklich sympatisch. In "Das Ende der Zeit" ist das alles aber vergessen. Man fühlt mit der Jägerin, wir wissen, was sie in ihrem kurzen Leben alles durchgemacht hat, und wir haben Mitleid mit ihr. Zum ersten Mal, seitdem sie zur Jägerin wurde, akzeptiert sie ihre Berufung und sie begreift, was es heißt, eine Jägerin zu sein. Wir fürchten uns. Denn zum ersten Mal seit sieben Jahren war der Ausgang einer Schlacht noch nie so ungewiss wie diesmal. In der letzten Episode bröckelt das erste Mal in der siebten Staffel Buffys Rolle des unnahbaren, kalten und erfahrenen Generals. Sie lässt wieder Gefühle zu, Menschlichkeit, ohne aber die Führerrolle zu verlieren. Wir freuen uns. Denn so lieben wir die Jägerin. Beeindruckend ist die Szene, in der Buffy während der Schlacht The First in ihrer eigenen Gestalt gegenüber steht. Als sie zum tödlichen Schlag ausholt, hat man das Gefühl, die Jägerin wolle sich von ihrer Vergangenheit, all ihren schlechten Eigenschaften und Ereignissen befreien. Dass sie sich von der tödlichen Wunde derart schnell erholt, ignorieren wir einfach mal....
"Das Ende der Zeit" ist eine Episode, die nicht nur die Charaktere zu einem würdigen Ende führt, sondern auch eine kleine Welt abschließt. Den Status Quo einer Serie in der letzten Episode so derart stark auf den Kopf zu stellen, ist mutig, originell und niemals zuvor dagewesen. Mit "In jeder Generation gibt es nur eine Jägerin" begann die Serie, sieben Jahre später sind diese auf der ganzen Welt verteilt. Ein schönes Symbol für Emanzipation und Frauenrechte. Und wer wäre hier eine bessere Gallionsfigur als Buffy. Jene Jägerin, die derart leiden musste.
Das Sunnydale-Ortsschild fällt.
"Was machen wir jetzt, Buffy?"
Und das Lächeln Buffys, eine Jägerin unter vielen, lässt nur auf eine Antwort schließen:
Leben.
Sie haben es sich verdient.
Manuel S. - myFanbase
Die Serie "Buffy - Im Bann der Dämonen" ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: ChosenErstausstrahlung (US): 20.05.2003
Erstausstrahlung (DE): 27.08.2003
Regie: Joss Whedon
Drehbuch: Joss Whedon
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