Bewertung

Review: #3.02 Blick nach vorn

Die Trauer um Leslie Shay ist immer noch allgegenwärtig, aber besonders für zwei Figuren, die sich schwer tun mit dem Weitermachen und da sehr unterschiedliche Tätigkeiten wählen. Die Rede ist von Gabriela Dawson und Kelly Severide. Aber auch sonst hat die Episoden viele Handlungen drum herum, wobei manches ganz eindeutig nur Lückenfüller ist und anderes, wird das wirklich irgendwo hinführen?

Kelly ist also wieder zurück im Alltag, doch der Weg zurück zu richtiger Normalität, der ist lang. Erstmal ist es gut, dass er im Job abliefert. Ich weiß nicht, ob es noch anders kommen wird, denke aber nicht, weil wie er sich am Ende Erin Lindsay öffnen kann, ist sicherlich ein wichtiger Schritt. Aber ansonsten hat er sich mit seinem übertriebenen Alkoholkonsum eindeutig keinen Gefallen getan. Aber Kelly kennt offenbar die Grenze, denn sein Job ist ihm heilig, und so kann er während der Schicht so abliefern, wie es von ihm verlangt und gebraucht wird. Dennoch bricht einem für ihn natürlich das Herz. Und dann muss die neue Rettungssanitäterin Sylvie Brett Shay auch noch relativ ähnlich sehen. Ich kann verstehen, dass ihn das immer wieder rausgebracht hat, aber mir tat auch umgekehrt Sylvie leid, weil sie den einzigen Kollegen, den sie bislang noch nicht kennengelernt hatte, in so unterschiedlichen Stimmungen angetroffen hat. Erst auf der Wache sehr abweisend und dann eben in der Bar fast schon aufdringlich und unangemessen. Gut, dass die anderen gleich auf Sylvie aufgepasst haben. Das wird ihr zum einen die Gewissheit geben, dass sie am neuen Arbeitsplatz gut aufgehoben ist und zum anderen kann sie durch die Kollegen lernen, dass das nicht Kellys übliche Art ist. Taylor Kinney wird derweil wohl genießen, diese Seite seiner Rolle auszuleben, denn es ist aktuell eine große Bandbreite an Emotionen, die von ihm verlangt werden. Einmal das betrunken-aufgekratzte und dann wieder der Teil, der so erschöpft vor Trauer ist, dass einfach die Worte fehlen. Zudem spielt Kelly auch alle, die es gut mit ihm meinen, gegeneinander in ihrem Wissen aus. Gabby und Matt Casey haben ihn bei sich aufgenommen, aber wenn es nicht nach Hause kommt, vermuten sie ihn aufgehoben bei Erin und die wiederum wird versetzt und kann wohl wenigstens hoffen, dass Kelly ja schon seine Kollegen haben wird. Gut, dass Erin ihm das am Ende aber nicht durchgehen lässt. Da musste mal ein Machtwort gesprochen werden und nun wird es spannend werden, wie sich Kellys Trauerprozess weiter entwickelt.

Gabby ist eindeutig in einem anderen Zustand, aber sie wird dennoch immer wieder in genug Momenten von ihrer Trauer eingeholt, aber das ist in einem Ausmaß, wo ich sage, sie ist da, wo sie hinmuss und diese kleinen Momente gehören einfach dazu und ehren Shay mehr als sich komplett in sich zurückzuziehen. Dennoch hat auch Gabby eine wahre Achterbahn der Gefühle diesmal. Sie reißt sich gegenüber Sylvie wirklich zusammen und lässt diese die Person sein, die sie ist, ohne sie mit Shay zu vergleichen und da merkt sie eben schnell, dass Sylvie ein wenig naiv erscheint. Sie mag zwar für den läppischen Preis eine doch überraschend angenehme Wohnung bekommen zu haben, aber die Gegend ist für ihren Typus zu gefährlich. Da hätten mir an Gabbys Stelle die Haare auch im Nacken gestanden, dass Sylvie Bargeld da mehr oder weniger frei rumliegen lässt. Das wird sicherlich noch brenzlig werden. Neben der Sorge um die Kollegin wird Gabby dann vom Heiratsantrag von Matt überrascht. Das war wirklich eine wunderschöne Szene, weil es so wunderbar auf diese beiden Figuren gepasst hat. Nachdem Gabby in der letzten Episode noch so drängend war, hat sich Matt aber nicht unter Druck setzen lassen, sondern einen für sie passenden Moment abgewartet. Dieses pure Glück der beiden war auch ein guter Ausgleich zur restlichen Stimmung. Kompliziert sieht es dagegen mit der beruflichen Verwirklichung aus, denn nicht nur, dass die Einstellung von Tommy Welch und seinen Leuten schon keine Lust auf mehr macht, aber nun sorgt er auch aktiv dafür, dass ihr Wechsel erstmal auf Eis liegt. Aber Gabby wäre nicht Gabby, wenn sie nach diesem Rückschlag nicht sofort wieder aufstehen würde. Ihre Ansage an Welch war wichtig. Sie mag sich damit vielleicht sogar noch unbeliebter bei ihm machen, aber sie brauchte das vor allem für sich selbst.

Etwas unnötig war wohl der erste Auftritt von Naomi, der Tochter von Rick Newhouse. Auch wenn es grundsätzlich nicht schadet, ihn dadurch mehr zu beleuchten, so ist daraus aber eigentlich zu wenig gemacht worden. Ja, er ist wohl ein liebevoller Vater, ja, die Beziehung zwischen den beiden ist offenbar eng und ja, Naomi ist für ihr Alter schon sehr reif und mit ihrer empathischen Art ein Sonnenschein, aber mehr war da leider nicht. Es war wirklich mehr Mittel zum Zweck, damit Kelly wieder auf Shay gestoßen wird und damit bei Chief Boden seine Sorgen wegen Donna befeuert werden, dass er das vielleicht nicht bekommen wird, was Newhouse und Naomi haben. Es war die ganze Zeit etwas mysteriös mit Boden und letztlich zeigt sich, dass Donna eben eine Risikoschwangere ist, was angesichts ihres Alters wenig verwunderlich ist, aber ich kann schon verstehen, dass es ihn rausgebracht hat. Aber Donna wirkte relativ entspannt und ich denke, das ist das Wichtigste, denn sie trägt das Kind aus und sie muss den Glauben in sich tragen, dass alles gut ausgehen wird und dann wird hoffentlich auch jeder weitere Ultraschalltermin den beiden als Paar die Gewissheit geben, dass alles gut aussieht.

Bei Peter Mills wirkt die angefangene Suche nach der Familie auf väterliche Seite auch schon wieder zu Ende, aber eigentlich glaube ich das nicht. Zwar steht Mills' Ansage jetzt als wichtige Botschaft da, aber gleichzeitig ist der Bericht von seiner Mutter Ingrid am Ende auch nur eine Perspektive, eine von zwei Perspektiven und ich fände es angebracht, auch die andere Seite anzuhören. Generell verstehe ich sein Bedürfnis auch, denn wenn die Persönlichkeit auch viel mit Erziehung und eigenen Erfahrungen und Erlebnisse geschliffen wird, so ist man auch das Ergebnis seiner DNA und da will er eben wissen, wo er herkommt. Aber ich denke, dass Mills nicht damit gerechnet hat, dass die Hautfarbe offensichtlich eine große Rolle gespielt hat und dann auch in einem zweiten Schritt, dass das seine Mutter auch nach all den Jahren noch so emotional macht. Zudem hat sie eben betont, dass sie und sein Vater bewusst die Entscheidung getroffen haben, die Kinder davon fernzuhalten und das will Mills mit seiner Ansage wohl auch ehren. Also was kommt jetzt als nächstes? Hat es vielleicht damit zu tun, dass er offensichtlich gesundheitliche Probleme hat? Denn dass er trotz intakten Materials ohnmächtig wurde, das war wohl mehr als ominös.

Zuletzt haben wir noch Christopher Herrmann, der mit seinem Kundtun, dass die Marke Molly's weiter ausgebaut werden soll, einige Kollegen ganz wuschig gemacht hat. Aber logisch ist es allemal, denn die Bar hat sich trotz zahlreicher Herausforderungen als Erfolgsmodell erwiesen und wer will da keinen Stück vom Kuchen abhaben? Dennoch bin ich unsicher, ob das wirklich irgendwo hinführen wird. Die Bar als zweiter Schwerpunkt neben der Wache hat sich als wirklich clevere Idee erwiesen, aber ich bezweifle, dass noch eine weitere Bar, oder wie das Ergebnis dieser Episode andeutet, ein Foodtruck die Serie wirklich noch bereichern können. Deswegen habe ich diesen Handlungsbogen als weiteres Füllmaterial abgehackt. Randall 'Mouch' McHolland glaubt, dass er Herrmann mit smarten Geschäftsmodellen à la Donald Trump überzeugen kann, versteht aber selbst nicht, was er da eigentlich erzählt. Das war doch wohl eindeutig für den Humor. Die Idee mit dem Foodtruck ist jetzt sicherlich nicht als Witz gemeint, aber nun ja. Ob dieser Foodtruck je das Licht der Welt erblicken wird?

Fazit

"Chicago Fire" bietet eine insgesamt kurzweilige Episode, die vor allem anhand von Kelly Severide und Gabriela Dawson das Thema Trauer in verschiedenen Formen aktuell hält. Es gibt mit dem Heiratsantrag auch ein hervorstechendes Highlight. Ansonsten haben wir eine wilde Mischung, wo nicht alles für mich konkret auf einen Punkt hinführt, aber langweilig wurde es eindeutig nicht.

Lena Donth – myFanbase

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