Bewertung

Review: #1.08 Seelenqual

Wieder einmal behandelt "Chicago Justice" mit #1.08 Seelenqual ein sehr interessantes Thema, bei dem die Schuldfrage schwer zu klären ist, es zu einem überraschendem Urteil kommt und die Charaktere einiges von sich preisgeben.

In den Selbstmord getrieben?

Anfangs sah es für mich gar nicht danach aus, dass die Geschworene Lily Spencer zu dem interessanten Fall der Woche werden würde. Vielleicht liegt es daran, dass es schon öfter vorkam, dass Geschworene Schwierigkeiten haben, emotional nicht zusammenzubrechen, wenn sich der (Mord-)Prozess länger hinzieht. Deswegen habe ich mir nichts weiter dabei gedacht, als Lilys Bitte, vom Geschworenengericht abgezogen zu werden, abgelehnt wurde – bis Peter Stone darüber informiert wurde, dass sie tot ist. Zugegeben, es deutete wirklich alles auf einen Mordanschlag hin, der mit dem Prozessausgang in Verbindung stand. Aber ehrlich gesagt wäre es in meinen Augen zu einfach gewesen, sodass mir recht schnell klar wurde, dass dahinter mehr steckt. Einer der Gründe zu der Annahme war für mich, dass Lily ihr Handy unter allen Umständen anlassen wollte oder vielmehr sollte. Ebenso wenig stand für mich fest, dass man sich nicht an Lily gerächt hat. Also was steckt genau hinter ihrem Tod?

Man hat bereits am Anfang der Folge gesehen, dass Lily eine ziemlich verunsicherte, schüchterne Frau ist, die es sich selbst verbietet, zu widersprechen und die einfach auf Hilfe gehofft hat. Hilfe, die sie von Peter und co. aber zu Lebzeiten nicht erhalten hat. Mir ist durchaus klar, dass man den Mordprozess nach fünf Wochen endlich abschließen wollte. Allerdings hätte man erkennen müssen, wie sehr Lily gelitten hat und es sich nicht leicht gemacht hat. Ja, vielleicht könnte man Peter und den anderen eine Mitschuld an ihrem Tod geben. Denn vielleicht hätte man den verhindern können. Leider wird ja meistens erst etwas gemacht, wenn es eigentlich schon zu spät ist und für sie kam jede Hilfe zu spät. Dabei hätte sie so dringend Hilfe gebraucht. Denn bei Lily lag einiges im Argen, vor allem wenn man sich ihre Handydaten anguckt. 67 SMS in drei Tagen! Das ist vielleicht nicht besonders ungewöhnlich, allerdings war der Inhalt und der Absender erschreckend. Denn alle waren von ihrem Ex, der sie bedroht, erpresst und unterdrückt hat. Es ist immer wieder erschreckend, zu welchen Taten Leute fähig sind. Da kann man sich bei manchen kaum vorstellen, dass sie mal verliebt waren. Wobei ich bei Jaxson Clark eher meine Zweifel habe. Man soll Menschen zwar nicht nach dem Aussehen beurteilen, aber bei Jaxson kommt man einfach nicht drum herum, wie ich finde. Er machte vom ersten Moment einen sehr unsympathischen, überheblichen und arroganten Eindruck, der darauf schließen ließ, dass er sich von nichts und niemanden etwas sagen lässt und eher in die Sparte der Menschen fällt, die gerne bestimmen. Und besonders über Menschen, die eher ein geringes Selbstbewusstsein haben. Und genau diese Kriterien erfüllte Lily und es gab ein perfektes Druckmittel, damit sie das tut bzw. tat, was Jaxson wollte: Sam, ihr gemeinsamer Sohn.

Sam lebt seit mehreren Wochen bei seinem Vater (der ihn wahrscheinlich nicht mal liebt) und darf seine Mutter nicht sehen. Warum? Weil sie ihn misshandelt? Das habe ich von Anfang an nicht geglaubt, da Lily nicht den Eindruck auf mich gemacht hat. Stattdessen wurde bei der Suche nach dem Motiv für ihre Tat immer deutlicher, dass Jaxson jedes kleine bisschen dafür genutzt hat, um Lily vor Gericht zu ziehen und mundtot zu machen. Erschreckend war auch, wie er vorgegangen ist, um Mutter und Sohn zu entfremden und Sam auch noch dazu getrieben hat, verachtend über seine Mutter zu sprechen. Kein Wunder, dass sich der Kleine die Schuld an ihrem Tod gab. Aber wen wundert das? Jaxson hat auf Kinder und schüchterne Frauen durchaus eine einschüchternde Wirkung. Irgendwie logisch, dass Lily alles versucht hat, um ihren Sohn nicht komplett zu verlieren. Letztlich hat sie ihr Leben verloren. Ja, sie hat es selbst beendet und ja, vielleicht hat der Tod ihrer Schwester wie auch die nächste Räumungsklage dazu beigetragen, dass sie keinen anderen Ausweg mehr wusste. Allerdings bin ich ganz Peters Ansicht, dass Jaxson es war, der sie in den Tod getrieben hat. Zwar ist es nicht bewiesen, aber durch seine ganzen Nachrichten und die Tatsache, dass er Mutter und Sohn nahezu entzweit hat und sie immer wieder als miserable Mutter hingestellt hat, hat er sozusagen die Weichen dafür gestellt und wahrscheinlich hat letztlich auch ihre abgeschlagene Bitte, als Geschworene bei Gericht abgezogen zu werden, dazu geführt, dass sie keinen anderen Ausweg wusste, als den Freitod zu wählen, auch wenn das Gericht anderer Meinung war. Aber Jaxson war es, der Lily vor die Wahl stellte: Gericht oder ihr Sohn und da ihr die Bitte abgeschlagen wurde, war sie wahrscheinlich auch in dem Glauben, ihren Sohn für immer verloren zu haben. Also ja, meiner Meinung nach hat er sie ermordet und zwar mit seelischer Gewalt, die in meinen Augen noch sehr viel schlimmer ist.

Das Gerichtsurteil

Berufe von Medizinern, Anwälten oder Richtern verlangen von den Menschen, die diese Berufe ausüben, sich meistens einzig und allein auf die Fakten zu konzentrieren und ihre Gefühle und Emotionen außer Acht zu lassen. Das stelle ich mir bei Richtern besonders schwierig vor. Denn diese müssen darüber urteilen, ob ein Mensch ins Gefängnis kommt oder nicht – eine riesige Verantwortung. Und manchmal werden Urteile gefällt, die man nicht wirklich nachvollziehen kann. Eines solcher Urteile wurde im Prozess gegen Jaxson gefällt. Ich denke, es ist verdammt schwierig, gerade in einem Fall, der nicht wirklich eindeutig ist, ein richtiges Urteil zu fällen. Wobei ich natürlich auch überrascht war, dass die Richterin das Urteil der Geschworenen außer Acht gelassen hat, weil bei Lilys Tat einfach zu viele Faktoren mit eingeflossen sind und es nicht eindeutig war, ob die volle Schuld bei Jaxson zu suchen ist.

Persönlich involviert

Der Fall der Woche sorgt auch dafür, dass die meisten Charaktere von "Chicago Justice" persönlich involviert sind. Obwohl Peter schon immer für das Recht gekämpft hat und niemals aufgegeben hat, um Gerechtigkeit zu erfahren. Doch diesmal geht es ihm nicht nur darum, wie wir zum Ende hin erfahren haben. Denn Lilys Fall erinnert ihn an seine damalige College-Kollegin Cora, der es ganz ähnlich erging. Man könnte sagen, dass Peter diesen Fall dazu genutzt hat, um seine Schuld von damals wieder gut zu machen. Nicht nur, dass er Jaxson vor Gericht gebracht hat, sondern er hat sich auch dafür stark gemacht, damit die Strafe im Mordfall 'ausgedehnt' wird und man auch seelische Grausamkeit und Gewalt als Mordmotiv zulässt. Ich finde sein Vorgehen dahingehend wirklich gut, denn es ist es wichtig. Es ist wichtig, dass auch Mobbing als Mordmotiv angesehen wird, da es ebenso ein schlimmes Gewaltverbrechen ist wie die körperliche Gewalt.

Aber nicht nur Peter ist persönlich involviert gewesen, sondern auch Laura Nagel. In der letzten Folge hatte sie versucht, das gemeinsame Sorgerecht für ihre Tochter zu bekommen und ist dabei gescheitert. Verständlich, dass sie gerade bei so etwas sehr sensibel und ungehalten reagiert und sich an ihr eigenes Schicksal erinnert fühlt. Ich hoffe sehr, dass in ihrem Sorgerechtsstreit nochmals anders entschieden wird. Gerade nach diesem Fall glaube ich, dass sie für sich selbst noch mehr kämpfen wird.

Fazit

Es passiert erst etwas, wenn etwas passiert ist. So oder so ähnlich könnte man den Inhalt der Folge von "Chicago Justice" beschrieben. Diesmal ging es nicht um einen Mordfall, dem eine körperliche Gewalttat vorausgeht, sondern bei dem man die Seele eines Menschen hinterfragt und man dabei erkannt hat, dass die Gesetze dahingehend angepasst werden müssen.

Daniela S. - myFanbase

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