Bewertung

Review: #8.15 Der nächste Sturm

Das war mal wieder eine "Chicago P.D."-Episode, in der ich mehrfach dachte "Sie werden wohl doch nicht!", aber dann tun sie es doch. Und ich als Zuschauerin bin fasziniert, weil sich nichts so entwickelt, wie ich es mir vielleicht selbst ausgemalt habe. Das ist neben der persönlichen Ebene, die ich bei der Cop-Serie am meisten mag, ein weiterer Trumpf, denn diese Unberechenbarkeit des Geschehens hält unfassbar in Atem und lässt keine ruhige Minute.

Es war ohne Frage eine sehr starke Episode, denn neben den zahlreichen Überraschungseffekten wurde auch einiges angepackt oder gestreift, was dafür spricht, dass diese Episode sehr bewusst geschrieben wurde. Gerade in der Mitte einer Staffel nach dem Midseasonfinale plätschert oft einiges vor sich hin, aber zum Ende einer Staffel hin merkt man dann wieder einen kräftigen Zug im Geschehen, weil es einen genauen Plan gibt, wie alles ausgehen wird. Das merkt man auch jetzt wieder sehr deutlich, denn die Episode arbeitet ganz offensichtlich auf ein spektakuläres Staffelfinale hin. Zudem finde ich es auch einfach zur Abwechslung mal nett, dass ein Fall aufgebaut wird, der sich über mindestens zwei Episoden ziehen wird. Es gibt nämlich durchaus mal Kriminalfälle, die so komplex und spannend sind, dass es am Ende etwas schade ist, dass sie zum Ablauf der Episode schon wieder Geschichte sind. So gesehen wird hier rein technisch schon viel richtig gemacht. Nun wollen wir aber in den Inhalt eintauchen.

Die Episode hat sehr gut unterstrichen, dass zwischen Hank Voight und Deputy Superintendent Samantha Miller in dieser Staffel etwas entstanden ist, was definitiv auf tiefem Respekt füreinander beruht. Auch wenn Hank hinter ihrer Reform inhaltlich nicht zu 100% gestanden hat, weil er einfach von einem anderen Schlag ist, so hat er ihr Bestreben doch mitgetragen und sich dabei selbst überdenken müssen. Das war schon ein sehr spannender Aspekt, aber es war auch zur Abwechslung nett, dass wir Hank in einer Beziehung zu einer Frau erleben, die nicht sein Schützling oder seine Freundin Trudy Platt ist, sondern ihm sogar höher gestellt und dennoch hat er mit ihr eine Ebene gefunden, die nicht Herzlichkeit pur sein mag, aber eben dieser Respekt. Und Respekt ist sicherlich nichts, was man sich bei Hank mal so eben verdient. Umgekehrt finde ich es bei Samantha einfach großartig, dass sie diesen Zustand mit Natürlichkeit und echten Argumenten erreicht hat. Sie ist Hank nicht mit Vorurteilen begegnet, obwohl sie um seiner Vergangenheit definitiv wusste, sondern sie hat um Vertrauen gebeten und ihm gleichzeitig damit ihres übertragen. Ja, man dürfte merken, dass ich die beiden wirklich sehr faszinierend miteinander empfinde und dementsprechend war diese Episode, die alles zwischen ihnen noch einmal auf den Punkt bringt, natürlich ganz wunderbar anzuschauen.

Samanthas Sohn Darrell wird eingeführt und schon nach wenigen Minuten in dieser Episode war mir klar, dass eine Parallele zu Hank und Justin Voight aufgebaut wurde. Denn auch sie war in der Erziehung ihres Sohnes nicht viel involviert und dennoch herrscht dort reine Liebe, die sich aber vielen Missverständnissen ausgesetzt sieht, weil gerade die Söhne immer wieder an dem entfremdeten Elternteil zweifeln, da sie sich nicht genug geliebt fühlen oder mangelndes Vertrauen beklagen. Aber diese Verbindung zwischen Hank und Samantha sowie ihren Söhnen muss nicht zwischen den Zeilen gesucht werden, denn Justin wird gleich mehrfach erwähnt, weswegen auch für uns Zuschauer*innen aufgerufen wird, wie kompliziert es zwischen Hank und seinem Sohn war und dass er ihn ausgerechnet dann verloren hat, als Justin endlich Halt im Leben gefunden hat. Aber aufgrund dieser Erlebnisse ist es für Hank keine große Hürde, sich Darrell anzunehmen, als dieser um Hilfe bittet. Jedoch kommt hier nun der große Unterschied zwischen Hank und Samantha ins Spiel, denn sie hält sich an Regeln, er hat viel dazu gelernt, ist aber tendenziell dennoch ein Regelbrecher. Diese Unterschiede werden hier immer wieder gegeneinander ausgespielt und ich fand es am Ende höchst interessant, dass beide ihrem Instinkt vertraut haben und dennoch beide verloren haben. Hank hat sich gegen die Regeln entschieden und Justin verloren; Samantha hat sich für die Regeln entschieden, aber auch sie darf ihren Sohn beerdigen. Hier wird also mehr als eindrücklich die Botschaft vermittelt, dass es kein klares Richtig oder Falsch gibt, sondern zig Nuancen dazwischen.

Ja, Darrell hat die Episode nicht überlebt. Auch wenn mir bewusst ist, dass es Nebenfiguren bei "Chicago P.D." nie so einfach haben, weil sie gerne schon mal geopfert werden, so hat es mich dennoch getroffen, ihn plötzlich da liegen zu sehen. Darrell war sicherlich kein Sympathisant vom Fleck weg, aber dennoch hat man bei ihm den Willen gemerkt, unbedingt seinen Fehler wieder gut zu machen. Zudem hat er der Jugendlichen Sasha das Leben gerettet, was ihn sogar faktisch zu einem Helden macht. Die Trauer von Samantha um ihren Sohn war dann auch noch so ergreifend gespielt, dass mir spätestens da völlig egal war, was Darrell bis dato für einen Eindruck hinterlassen hatte, denn man musste einfach mit ihr um ihren Sohn trauern. Aber damit hatte die Episode noch lange nicht alles ausgepackt, denn auch die ganzen weiteren jungen Mädchen alle erschossen aufzufinden, ja, das war nicht leicht zu ertragen. "Chicago P.D." ist normalerweise in der Darstellung nicht übermäßig drastisch, was auch vollkommen okay ist, aber hier passte es eindrücklich zum Grundton der Episode und hat definitiv unterstrichen, dass wir es mit zwei Männern vom harten Kaliber zu tun haben, die vor nichts zurückschrecken. Diese Botschaft zu vermitteln, war so wichtig, denn dann gibt es ja noch diesen Cliffhanger…

Schon in #8.13 Trouble Dolls habe ich angesichts der Endsequenz gewisse Sorgen um Kim Burgess verspürt. Sollte ich damit Recht behalten? Denn sie wird niedergeschlagen und es ist keine Frage, dass sie damit in den Händen der beiden Männer ist, die schon zahlreiche Menschenleben auf dem Gewissen haben. Kim war schon öfters in solchen Situationen, bislang hat sie alle überlebt. Aber hält ihr Glück ewig an? Ich habe ein ganz, ganz komisches Gefühl, weswegen ich mit Unbehagen an die kommende Episode denke. Ein Abschied von Kim wäre für mich definitiv der herbste Schlag dieser achtstaffligen Geschichte…

Fazit

Bei "Chicago P.D." merkt man in dieser Woche einen ganz strikten Plan, der aufs Staffelfinale hinarbeitet. Das bringt im Endergebnis eine extrem spannende Episode, die vor nichts zurückschreckt und die eindrücklich die gewachsene Beziehung zwischen Hank und Samantha beleuchtet. Und dann gibt es da diesen Cliffhanger, der mich nun eine Woche bangen lassen wird.

Lena Donth – myFanbase

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