Bewertung

Review: #9.10 Tiefschlag

In die Winterpause verabschiedeten wir uns mit der Nachricht, dass Jay Halstead und Hailey Upton geheiratet haben. Was ist davon zu Beginn von 2022 geblieben? Quasi nichts. Es war eine kleine Bemerkung am Rande, wo Hank Voight die beiden Eheringe entdeckt und Kevin Atwater seine Glückwünsche ergänzt und fertig. Danach ging es inhaltlich um etwas völlig anderes und das sind leider so die Momente, wo ich das große Manko an "Chicago P.D." wirklich nur wieder verteufeln kann. Ja, ich betone es gerne erneut, es ist eine Cop-Serie, das erfordert eine andere Erzählstruktur als "Chicago Fire" und "Chicago Med". Dennoch ist es OneChicago und wenn man Familie und Zusammenhalt immer so betont, dann muss man es auch sehen. War eine kleine Feier wirklich nicht drin? Selbst wenn es auf Hailey charakterlich passt, dass es sofort unangenehm war und doch hätte ich mir einfach ein paar glückliche Momente gewünscht.

Was ich jetzt hier bezüglich der Hochzeit so kritisiere, das werde ich möglicherweise nächste Woche schon wieder in Bezug auf Kim Burgess und Adam Ruzek anbringen können, denn es wird angedeutet, dass die beiden fürchten müssen, das Sorgerecht für Makayla zu verlieren, weil ein Onkel Interesse an ihr zeigt. Das ist eine belastende Thematik, die die beiden durchgehend beeinflussen wird, aber es würde mich so gar nicht wundern, wenn wir davon in der kommenden Woche nichts mitbekommen. Und das ist leider immer wieder schade, weil so die spannendsten, emotionalsten Storylines doch immer ausgebremst werden. Aber die Befürchtung für nächste Woche soll nicht jetzt schon meinen Eindruck für diese Episode trügen, denn diese war wirklich gut.

Adam haust inzwischen konstant auf Kims Couch, da er, sie und Makayla im Grunde eine wirkliche Familie sind, nur dass Adam und Kim eben kein Paar sind. Dennoch ist Adam offiziell nichts. Erst wenn Kim sterben würde, wäre er die nächste Obhutstelle und würde Rechte bekommen. Doch auf dem Papier ist er erstmal nur Kims Kollege und das wird ihm schmerzlich bewusst, als er in der Schule abgewiesen wird, Makayla abholen zu dürfen. Denn er ist viel mehr als ein Kollege, er empfindet sich schon längst als ihr Vater und das unterstreicht diese Episode immer wieder an mehreren Stellen. Auch im Fall wird ihm vor Augen geführt, dass ihn vermisste Kinder anders berühren, weil er sich jetzt immer unweigerlich die Frage stellt: Was, wenn es Makayla wäre? Dazu wird er konkret auf die Frage gestoßen: Sind Sie Vater? Während er das zunächst ignoriert, kommt es letztlich aber doch an dem Punkt aus, dass er Makayla als seine Tochter bezeichnet. Hier ist die Transformation zu einem Vater also im vollen Umfang abgeschlossen und die emotionale Bindung will er offiziell festgehalten sehen. Wer würde ihm das auch verdenken?

Dennoch gibt es auch Kims Sichtweise, denn es wird schnell deutlich, dass sie nicht einfach vergessen hat, ihn als Berechtigten einzutragen; sie hat es absichtlich gemacht. Aber ihr kann man das genauso wenig verdenken, denn sie hat die Mutterschaft für ein traumatisiertes Kind übernommen. Generell haben Eltern Entscheidungen zum Wohle ihrer Kinder zu treffen, aber bei einem Kind, dessen halbe Familie brutal ausgelöscht wurde, ist noch viel mehr Vorsicht zu walten. Da Adam und Kim kein offizielles Paar sind, ist es tatsächlich nicht abwegig, dass eine*r von beiden oder beide neue Lebenspartner finden, was die einträchtige Dreierkonstellation zwangsweise sprengen würde. Es wurde in Kims Gedankenspiel aber deutlich, dass sie vor allem Adam in dieser Rolle gesehen hat, dass er sich neu verliebt und Makayla zurücklassen wird. Denn sie selbst ist unwiderruflich an das Kind gebunden; er nicht. Aber sie hat deutlich vor Augen geführt bekommen, dass Adams Bindung an das Mädchen so eng ist, dass seine Sorge, dass Kim mit einem neuen Partner sich entfremden könnte, fast noch größere Berechtigung hat. Die Gespräche, die die beiden in dieser Episode geführt haben, das war trotz der inhaltlichen Brisanz wieder wirklich schön, weil es auch den Eindruck verstärkt, dass die beiden in ihren Konflikten sich inzwischen sehr erwachsen betragen und da ist es ein Genuss – unterstützt durch starke Drehbücher – ihnen bei den Problembewältigungen zuzusehen. Nun taucht aber der Onkel von Makayla auf, der das Sorgerecht haben will. Weil "Chicago P.D." eben "Chicago P.D." ist, ist es nicht unwahrscheinlich, dass ihm letztlich Recht zugesprochen wird, denn Glück in allen Formen torpedieren, das kann die Serie gut, aber ich will es einfach nicht hoffen. Auch wenn ich es noch besser gefunden hätte, wenn das Kind der beiden damals zur Welt gekommen wäre, so ist Makayla im Grunde ein wunderbarer Ersatz und es wäre fahrlässig, das aufzugeben.

Kommen wir abschließend noch mal zum Fall der Woche. Während es sonst immer die Frauenfiguren waren, die bei Fällen mit Kinderinvolvierung besonders im Fokus standen, wurde die Entführung von Brianna diesmal für Adam genutzt, um ihn endgültig an seine Vatergefühle zu binden. Das war zur Abwechslung wirklich mal nett, auch weil es gezeigt hat, dass es nicht speziell Frauen sein müssen, um so etwas funktionieren zu lassen. Auch das Thema Pädophilie wurde in den Fokus genommen, denn wenn ein Kind entführt wird, ist es neben einer möglichen Lösegelderpressung immer eine Wahrscheinlichkeit, dass ein Kinderschänder zugeschlagen hat, weswegen die in der Nähe lebenden verurteilten Straftäter abgeklappert werden. Doch einer konnte unter dem Radar laufen, weil er seinen letzten Umzug nicht gemeldet hat: Charlie Kelzenski. Dieser hat sich damit natürlich mehr als verdächtig gemacht. Dennoch hatte Adam ihn verurteilt, als er nur ein Auge auf ihn geworfen hatte. Auch wenn das wirklich scharf zu verurteilen ist, so verstehe ich auch, dass es hier genutzt wurde, um zu beweisen, dass Adam wegen persönlicher Betroffenheit die Objektivität verloren hat. Klar, Hank hätte da eingreifen müssen, aber solche inhaltlichen Fauxpas gibt es zugunsten der Story oft genug. Das Verhör, in dem Adam Kelzenski regelrecht zu einem Wrack gemacht wurde, das war schon echt heftig, aber ich kann mir auch vorstellen, dass es nicht einfach ist, so jemanden gegenüber zu sitzen, der mit verträumten Augen berichtet, er würde Kinder lieben und hat nachweislich mit seiner Liebe schon ein Mädchen in den Selbstmord getrieben. Das sind Fälle, die alle Grenzen des Vorstellbaren sprengen. Dennoch hat sich Adam nachher zusammenreißen können, um die Informationen zu bekommen, die er brauchte. Seine letzte Ansprache an Kelzenski war aber richtig, denn auch wenn er Brianna eben nicht entführt hatte, die Beweise waren da, dass er eine tickende Zeitbombe ist. Es waren keine Beweise, die hergehalten hätten, Kelzenski aus dem Verkehr zu ziehen, aber doch welche, die das Ansinnen dahinter verdeutlicht haben.

Mit dieser Gewichtung auf Kelzenski und Pädophilie ist der eigentliche Täter etwas zu kurz gekommen. Eigentlich schade, denn im fiktionalen Bereich erlebt man es eigentlich nur bei Frauen, dass sie den Verlust ihres Kindes durch ein anderes Kind auffangen wollen. Hier war es nun ein Mann, was also durchaus eine gewisse Faszination hatte. Hier wurde es dabei belassen zu zeigen, dass der Mann schwer traumatisiert war. Aber damit kann ich schon leben, denn in der Hauptsache ging es eben um Adam und dessen Gefühle konnte man im Zusammenspiel mit Kelzenski besser herausarbeiten.

Fazit

"Chicago P.D." startet mit einer guten Episode ins Jahr 2022. Ich kann zwar nicht außen vorlassen, dass mich die fehlenden Nachwirkungen der Heirat doch sehr geärgert haben, aber das ist nur ein kleiner Teil, der doch fast hinter der Tatsache verschwindet, dass es eine zufriedenstellende Adam-Episode war, die die Kleinfamilie noch enger zusammengeschweißt hat: auf dem Papier und emotional. Zwar sind schon wieder neue dunkle Wolken da, aber mal abwarten, wo das hinführen wird.

Lena Donth – myFanbase

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