Review: #10.06 Reflexbewegung
Thema Empathie: mit wem bringe ich das innerhalb der Intelligence Unit am meisten in Verbindung? Ich würde wohl zwischen Kim Burgess und Kevin Atwater schwanken, was auch ganz gut zu meiner Beobachtung passt, dass deren beiden Soloepisoden mir über den Verlauf von "Chicago P.D." hinweg immer am besten gefallen haben. Dass für die Empathie nun aber Kevin ausgewählt wurde, ist tatsächlich noch ein Stück cleverer, denn es ist ja tendenziell eher eine Eigenschaft, die man den Frauen stärker zuspricht (Genderstereotypen, hello!). So darf aber nun Kevin sein großes empathisches Herz beweisen.
Läuft mit den Anfangsszenen momentan bei "Chicago P.D.", muss man wirklich sagen. Zwar gab es diesmal keine Montage, aber mir hat es sehr gut gefallen, einen fast ungeschnittenen Einblick in Kevins Leben zu bekommen. Das beginnt mit seinem Telefonat mit Jordan, weil Vinessa bald in der Stadt ist. Ich würde beide auch gerne noch einmal sehen, aber auch so ist es schön, durch solche Momente immer wieder zu erfahren, es ist alles gut. Wenn man bedenkt, wie kompliziert die Reise zwischendurch war, ist das immer wieder eine schöne Nachricht. Weiter ging es mit seiner Lehrstunde für die Rookies, wobei er vorher noch in paar Tipps von Trudy Platt bekommen hat. Das war auch schon sehr charmant, weil man die Persönlichkeiten dieser beiden Figuren niemals überein bekommen würde und das hat man auch gemerkt. Denn Trudy wäre für die Lektion Empathie einfach nicht geschaffen gewesen. Sie ist auch ein sensibler Mensch, aber speziell die berufliche Trudy Platt lebt von einem gewissen Ruf, den Kevin wiederum nicht braucht. Er setzt nicht darauf, ein besonders harter Cop zu sein, er ist einfach authentisch und das kommt rüber. Deswegen hat er die Lektion auch zu seiner Sache gemacht, auch wenn es erstmal ganz schön überraschend war, als er einen Tisch wegschleuderte und dann den entsprechenden Rookie streng zu sich nach vorne zitierte, aber es war eine coole Erklärung, dass er nur auf die Stimmung im Raum reagiert hat. Wenn dann später auch Trudy ständig anerkennend nickt, dann hat man wohl wirklich etwas richtig gemacht. Die Botschaft von Kevin war wichtig und sie hat den Grundstein für diese Episode gelegt. Arg konstruiert? Ja, schon, aber dafür eben auch rund.
Mir hat auch gefallen, dass es in diesem Fall diesmal nicht um das Thema Hautfarbe ging (es ist argumentativ von der Gegenseite genutzt worden, aber nicht wie man es sonst in Bezug auf Kevin kennt), sondern wirklich nur um Empathie. Das schöne bei dieser Eigenschaft ist, dass sie keine Hautfarbe, keine Körperproportionen, kein arm, kein reich kennt, sondern einfach nur Menschlichkeit und das ist gut unterstrichen worden. Alles fing schon damit an, wie Kevin für Miles da war, als dieser schwer verletzt von der mitgeschleiften Fahrt auf der Straße lag und in Gedanken nur bei seiner Mutter war, so dass er ihm genau das gegeben hat, was er hören musste, so dass Miles in dieser so schrecklichen Situation doch in Friede sterben konnte, denn seiner Mutter ging es gut. Dann ging es weiter mit der Spur zu den Chaffeys, wo er und Adam Ruzek dann auf die Dreiergruppe stoßen und Kevin zwei von ihnen in die Ecke getrieben bekommt. Es war für ihn so typisch, dass er von Johnny Chaffey die Schwingungen aufnimmt, der deutlich verwirrt und gar verängstigt war und deswegen die Waffe sinken lässt, um sich selbst die Schärfe zu nehmen. Damit hat er seine eigene Lektion gleich von Beginn par exellence in die Tat umgesetzt. Nur, dass Oscar noch als unberechenbarer Faktor Teil der Gleichung war und damit die Situation auf den Kopf gestellt hat und so für Kevin eine Ausgangsage geschafft hat, in der auch seine Empathie nichts mehr gebracht hat.
Oscar als Gegenspieler war für diese Episode ein gutes Gegengewicht, denn er hat eben auch menschlich etwas völlig anderes verkörpert. Er stand über den Dingen, er ist null empathisch und er hat einen instinktiven Intellekt, der ihm in seiner Skrupellosigkeit sogar noch hilft, weil er das Überraschungsmoment so immer auf seiner Seite hat. Das macht ihn für jemanden wie Kevin aber nahezu unberechenbar, denn wie mit Empathie jemanden verstehen, der selbst keine hat? Deswegen war es nachher gut, dass mit Dante Torres noch eine weitere Schachfigur aufs Spielfeld gesetzt wurde, denn ihn können wir als Persönlichkeit angesichts seiner noch geringen Episodenzahl noch nicht richtig packen und einordnen, aber er ist auch empathisch, aber mit einem Hang zum Pragmatismus. Deswegen hat er undercover in einer Zelle mit Oscar auch mit ihm gespielt. Er hat zunächst beim Betreten die aufgeregte, unzufriedene Seite gezeigt und damit viel Wirbel gemacht, um dann zu merken, dass das bei Oscar nicht ankam. Also hat er die Gangart gewechselt und erstmal geschwiegen, bis dann plötzlich Oscar das Wort ergriffen hat. Von da an musste Torres nur noch zuhören, die Muster seines Gegenübers filtern und dann ausnutzen. Da hat er wirklich einen guten Job gemacht hat. Ich fand es auch top, dass Torres hier so für Kevin einen Bärendienst erwiesen hat, denn bei den beiden entwickelt sich eine vielversprechende kollegiale Beziehung. Schon die Szene gleich nach der Lektion war einfach nur süß, wo Torres Kevin ein Kompliment gemacht hat, was auch zeigt, dass er sich mit ihm wirklich wohl fühlt und dass er ihm vertraut. Deswegen hat er auch das Beste aus sich rausgeholt, um ihm zu helfen.
Aber zurück zu Kevin, der nach dem Tod von Johnny vor einem Dilemma steht, weil es eine Situation war, die man beiden anlasten konnte, ohne dass es konkrete Beweise gab. Deswegen sah es für ihn dann schlecht aus, als die Chaffeys, wobei es von Anfang an nur Vater Andrew war, Stimmung gegen ihn machten und ihn öffentlich aus Mörder ausriefen. Dennoch ist Kevin auf seine Weise ruhig geblieben und das hat mich alles sehr an seine Storyline erinnert, die Staffel 7 ausläutete und Staffel 8 einleitete. Natürlich ist eine gewisse Unruhe da, weil es jeweils gegen ihn läuft, aber es ist auch eine Ruhe da, indem er sich darauf besinnt, wer er ist und sich immer sagt: ich finde eine Lösung, aber auf meine Weise und ich werde mir nicht selbst untreu. Hier kam dann auch Patrick O'Neal noch ins Spiel, von dem wir wieder eine neue Seite erlebt haben. Bislang war er vor allem Verbündeter und besorgter Vater, aber jetzt war er deutliches Bindeglied zwischen Politik und CPD. Er wollte Kevin der Öffentlichkeit nicht zum Fraß vorwerfen, aber ihm eben auch nicht vertrauen, dass es zu lösen ist. Das ist sicherlich schon ein Fingerzeig gen Konflikt mit seinem Sohn Sean. Das Thema wird diesmal nahezu ausgespart, aber wir erfahren, dass Hailey Upton weiter akribisch gegen ihn arbeitet. Sollte es also bald wieder heißer werden, dann wird O'Neal höchstwahrscheinlich zwischen Vater und Verbindungsfigur schwanken, aber der Verbündete wird dann vergessen sein. Das wird ihn sicherlich noch zum unberechenbaren Faktor machen.
Kevin wiederum hat sich weder von O'Neal, noch von den Sorgen von Trudy und Adam aus der Ruhe bringen lassen und hat mit Torres' Unterstützung am Ende recht behalten und das ist ein Sieg für Charakterstärke und auch vor allem für die Empathie. Deswegen war die letzte Szene dann auch wunderschön, als er das Haus der Chaffeys aufsucht. Er wusste, dass Andrew seine Meinung immer noch nicht geändert haben würde, was er ihm aber auch eingestanden hat. Aber er war für Johnnys Mutter da. So wie er Miles anfangs geholfen hatte, so hat er diesmal Melinda das gegeben, was sie brauchte. Er hat ihr die letzten Worte seines Sohnes übermittelt und ihr somit die Gewissheit gegeben, dass ihr Sohn nicht selbst kriminell geworden war, sondern einfach nur einem Freund helfen wollte und zwischen die Fronten geriet und das wird sie als Mutter noch einmal bestärkt haben. Dann hat Kevin nur noch bei ihr gesessen. Er hat sie weder umarmt, noch weitere große salbende Worte gesprochen, sondern er war einfach nur da und hat ihr damit etwas gegeben, wozu ihr Mann gerade nicht in der Lage war.
Fazit
Anfangsszene top, Endszene top und dazwischen auch ziemlich knorke. Für Kevin Atwater eine tolle Episode, die seine Wesenszüge schön unterstreicht.
Lena Donth - myFanbase
Die Serie "Chicago P.D." ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Sympathetic ReflexErstausstrahlung (US): 02.11.2022
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Erstausstrahlung (Pay-TV): 19.07.2023
Regie: Bethany Rooney
Drehbuch: Ike Smith
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