Bewertung

Review: #11.08 Papier ist geduldig

Bei "Chicago P.D." lassen wir den Serienkiller also erstmal Serienkiller sein, dafür bleibt uns in dieser Episode Josephine Petrovic erhalten. Es ist schon auffällig, dass sie nun zweimal hintereinander auftaucht. Bestätigt sich also der Eindruck, dass sie vielleicht zu einer neuen Hauptfigur aufsteigen könnte? Wenn ja, dann war diese Episode eine Art Staffelstabübergabe, weil Jo so eng mit Hailey Upton zusammengearbeitet hat.

Auch wenn ich die Intensität von zwei Episoden hintereinander sehr gut fand, so verstehe ich die Pause jetzt. Denn mit Noah Gorman ist die wichtigste Spur auch erstmal erloschen, so dass eigentlich nur der nächste Doppelmord wieder ein Ansatz sein kann. Also ist es völlig okay, dass der Fokus erstmal woanders liegt. Hank Voight wird gedanklich bei dem Fall bleiben, aber es war schon ein gutes Zeichen, dass er Hailey gefragt hat, wie es ihr eigentlich geht. Sie war zuletzt im Staffelauftakt im Fokus und wenn wir uns erinnern, ich war nicht begeistert. Auch wenn sie offenbar immer noch nicht wirklich weitergekommen ist (wobei Kisten sind ausgepackt), aber ich hatte dennoch den Eindruck, dass sie eine andere Ausstrahlung hatte. Doch der Anfang der Episode setzt genau am alten Gefühl an. Zwar arbeitet Hailey nicht mehr so exzessiv wie noch in Staffel 10, aber sie hat sich andere klare Tagespunkte angeeignet, um da eine klare Struktur zu haben und sich vor allem so auszupowern, dass die Gedanken nachts Ruhe geben. Dass das nicht immer ideal aufgeht, das wurde mit dem Wachsein vor dem Wecker sehr deutlich. Dennoch wirkte es so, dass Hailey dieses neue Normal akzeptiert hat und sich nicht mehr selbst fragt, was ist eigentlich los? Ist das jetzt ein Fortschritt. Hmm, ich weiß nicht, vermutlich ist es eher Stillstand mit einer gehörigen Portion Verdrängung.

Aber wer kennt es nicht? Bei sich selbst blind wie ein Maulwurf, aber bei anderen den totalen Durchblick. Das wurde hier durch Hailey und Jo erzeugt, denn die beiden sind in ganz ähnlichen Phasen, haben nur andere Formen, um damit auch umzugehen. Aber unterm Strich doch dasselbe. Indem sie miteinander konfrontiert werden, wird ihnen beiden dadurch etwas deutlich. Bei Jo war ich doch sehr überrascht, was enthüllt wurde. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie alkoholabhängig ist. Für eine mögliche Hauptfigur durchaus eine Hausnummer, aber vielleicht liege ich ohnehin falsch. Aber auf jeden Fall ist es sehr spannend, ihre verschiedenen Seiten zu erforschen. Auch wenn sie eher wie ein Sonderling rüberkommt, der im Außeneinsatz dem Elefanten im Porzellanladen gleicht, aber eine verunsicherte und schüchterne Frau ist Jo gewiss nicht. Die Episode hat deutlich gezeigt, dass sie durchsetzungsfähig ist und ihr messerscharfer Verstand ist wohl ihre größte Waffe, denn da fällt das Argumentieren schwer. Ich könnte mir auch vorstellen, dass sie durch ihre Wahrnehmungsbreite, die sie ausgerechnet in einem so schmerzvollen Bereich einsetzt, auch wirklich sehr leidet und der Alkohol alles etwas runterschraubt. Großartig geht es ihr damit immer noch nicht und eine ideale Lösung ist es sicherlich auch nicht, aber Hank hat bestätigt, dass ihre Aufklärungsquote sehr gut ist. Jo funktioniert also auch mit Alkohol noch bestens und auch hier lag sie mit ihrer Intuition früh richtig.

Der Fall an sich war für die Episode nicht so entscheidend, auch weil man ihn nicht in eine Parallele mit den beiden Frauen bringen kann. Die beiden waren sich Parallele genug und da brauchte es nur einen Kriminalfall, der auch nicht zu viel Gewicht auf sich selbst legt. Daher war Frau, die keine Kinder mehr kriegen kann und sich daher ein anderes als ihres entführen lässt, wahrscheinlich genau richtig. Hat man schon oft genug gesehen und daher ideales Mittel zum Zweck. An dem Fall fand ich dennoch erschreckend, was über die Eltern auch rausgekommen ist. Auch wenn Trent von Anfang an mit einer gewissen Skepsis zu betrachten war, so gewaltbereit wie er auf den unbeteiligten Obdachlosen losgegangen ist, so war Kate doch für mich kein Alarmsignal. Aber dass beide nicht nach Grace geguckt haben und dass Kate vor allem ihr Kind auch alleine zurückgelassen hat, um den vermeintlich fremdgehenden Trent zu konfrontieren, oha, das war doch eine erschreckende Enthüllung. Trent können wir leicht in eine gewisse Ecke stellen, aber an Kate wurde doch deutlich gezeigt, was Beziehungen aus einem machen können. Jahrelang macht sie seine Betrügereien schon mit, hofft wahrscheinlich mit dem Kind ihren Mann unwiderruflich an sich zu binden, weil sie nicht stark genug ist, ihn zu verlassen, und wer leidet? Das Kind. Natürlich werden wir die Howells nicht weiter verfolgen, aber Haileys Einsatz dafür, dass das DCSF sie erstmal im Auge behält, sagt doch alles.

Aber zurück zu der Charakterarbeit, die in dieser Episode der Trumpf ist. Hailey hat sich nämlich deutlich überlegen gefühlt. Sie hat nach und nach die seltsamen Puzzleteile zu Jo zusammengesetzt und dabei ihr Geheimnis entdeckt. Für sie war es natürlich auch sehr persönlich, weil sie mit ihrem Vater ganz Ähnliches kennt und mit den Mustern daher sehr vertraut ist. Ich glaube zwar nicht, dass sich Hailey besser fühlen wollte, indem sie Jo so konfrontiert, aber es war doch ersichtlich, dass da ein gewisser Triumpf war, dass sie sie geknackt hat. Letztlich würde Hailey aber sicher wollen, dass es Jo hilft, ihr Problem anzugehen. Umso seltsamer, dass sie sie gedeckt hat, könnte man jedenfalls meinen. Aber der Fall war eng mit Jo verbunden und die Unit brauchte da Deckung und dass nicht in beide Fälle reingeschaut wird, wenn Jo bei einem Alkoholtest positiv auffallen würde. Aber es war nicht nur pragmatisch, denn Hailey weiß selbst, dass erzwungener Druck von außen kein Ergebnis liefert. Dennoch hat sie wahrscheinlich auch nicht damit gerechnet, dass Jo ihr spiegeln würde, dass sie sich sehr ähnlich verhält.

Hailey ist zwar dennoch noch zu ihrem Lauf gestartet, nachdem Jo sie konfrontiert hatte, dass sie ähnliche Bewältigungsmechanismen hat, aber sie hat angehalten und ihr Blick könnte doch mehr versprechen. Ich habe nämlich den Eindruck, dass es vielleicht ein erster wichtiger Schritt war, dass Hailey erkennt, dass sich etwas ändern muss. Und was wäre da besser als ein völliger Neustart wo ganz anders? Da ich nicht hoffe, dass Tracy Spiridakos' Ausstieg mit einem Serientod verbunden ist, sehe ich hier den ersten wichtigen Schritt und bin gespannt, was noch kommt. Sowohl für Hailey als auch für Jo.

Fazit

Auch wenn der Fall der Woche ziemlich austauschbar war, aber die Kombination aus Hailey Upton und Josephine Petrovic hat hier gut funktioniert. Durch die beiden haben wir viel über sie gelernt. Haileys baldiger Abschied fühlt sich auch schon vorbereitet an und wer weiß, Jo als Nachfolgerin?! Langweilig würde es mit ihr sicherlich nicht.

Lena Donth – myFanbase

Die Serie "Chicago P.D." ansehen:


Vorherige Review:
#11.07 Die Lebenden und die Toten
Alle ReviewsNächste Review:
#11.09 Wir sind eins

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "Chicago P.D." über die Folge #11.08 Papier ist geduldig diskutieren.