Bewertung

Review: #2.15 In der Falle

Da hat es wohl jemand auf das Leben von Kim Burgess abgesehen in dieser zweiten Staffel, oder? Nachdem sie schon angeschossen wurde, muss sie diesmal mit aller Kraft darum kämpfen, dass sowohl Sean Roman als auch sie selbst überleben. Dass man diesen physischen psychischen Kampf Marina Squerciati bedenkenlos anvertrauen kann, das hat sie wieder eindeutig bewiesen.

Bei der letzten Episode hatte ich von einem Flickenteppich gesprochen und hier ist nun das genaue Gegenteil der Fall. Die Episode wirkt über weite Strecken wie in Echtzeit erzählt und es fällt wirklich schwer, sich der Handlung auf dem Bildschirm zu entziehen. Generell würde ich auch sagen, dass diese Folge ein ganz strikt ausgearbeitetes Rezept hatte. Strikt klingt vielleicht etwas künstlich, aber das meine ich hier gar nicht, aber man hat wirklich ein klares Konzept gemerkt, wo die einzelnen Puzzleteilchen sehr bewusst ineinander gelegt wurden. Das ist beispielsweise schon an der Rahmung der Episode zu sehen, wo Kim jeweils in ein Diner kommt und am Ende ganz offensichtlich nicht mehr die Person ist, die 24 Stunden zuvor den Laden betreten hat. Es ist aber auch die Taser-Lektion für die Intelligence Unit, die bei mir für sehr viele Lacher gesorgt hat. Die Storyline hat mich sehr an "Chicago Fire" erinnert, weil die Pointen saßen. Weil es passte, dass Hank Voight und Alvin Olinsky sich mit einer gewissen Arroganz daraus halten, während Muskelpaket Kevin Atwater ruckzuck ausgeschaltet ist und Erin Lindsay das Ganze als spielerische Maßnahme des Flirtens mit Jay Halstead sieht. Der Humor hat die Spannung der anderen Handlung gut aufgebrochen, hat aber gleichzeitig auch eine gute Verbindung hergestellt, weil man an Adam Ruzek deutlich gezeigt hat, wie er immer nervöser wurde, bis er irgendwann völlig neben sich stand. Vielleicht haben in das Puzzle am Ende nur Erin und Jay nicht so ideal gepasst, aber ich fand die Szenen eigentlich zu süß, um das nun zu sehr zu bewerten. Auch wenn wir da nur mit Babysteps unterwegs sind, aber es war wirklich fürs Herz, wie sie sich gestanden haben, dass sie ihre weit entferntere Zukunft miteinander sehen.

Ansonsten ist es aber die Episode von Kim, bei der logischerweise irgendwann Zweifel einsetzen, ob sie nicht vielleicht doch Hanks Angebot für die Unit hätte annehmen sollen, weil sie sich zu sehr in Routinen verliert. Dabei fand ich es erstmal schon beachtlich, dass sie auf ihren Sitznachbarn so cool reagiert hat, denn mich hätte es erstmal total abgeschreckt, so beobachtet worden zu sein und es nicht mitbekommen zu haben. Ich musste da irgendwie an The Police mit "Every Breath You Take" denken: klingt ganz romantisch, ist es aber nicht. Aber der Mann hatte eben eine Funktion und die war nicht Kims Stalker zu sein, sondern sie quasi unbewusst aufzurütteln. Ich konnte Kims inneres Dilemma danach auch gut nachvollziehen. Wer ist schon gerne so berechenbar? Jedoch gibt es umgekehrt auch kaum etwas Besseres, für jemanden so berechenbar zu sein, dass man sich geliebt fühlt. Es ist also ein Spagat und es ist verständlich, dass Kim darüber nachdenkt, dass sie vor allem beruflich Abwechslung braucht, um weiter wachsen zu können. Genauso zeigt die Episode umgekehrt auch, dass es gewiss nicht schadet, auf einer zwischenmenschlichen Ebene berechenbar zu sein, denn diese ausgebildete Partnerschaft zwischen ihr und Sean, wo beide den jeweils anderen kennen und sich daher aufeinander verlassen können, die hat ihre Trumpfkarte in ihrer Berechenbarkeit.

Der Versuch, unberechenbar zu sein, führt dann mitten in die Höhle eines Schmugglerrings. Dennoch würde ich nicht sagen, dass Kim unverantwortlich gehandelt hat, denn es gab schließlich keinerlei Belege, was die beiden hinter der Tür des Gebäudes erwartet. Es ist eben maximal dumm gelaufen und eigentlich kam alles so, wie es nicht hätte kommen dürfen. Das lege ich diesem Kunstwerk von einer Episode auch etwas zu Lasten, denn es überschlug sich irgendwann regelrecht von Unglück. Wo einer endlich ausgeschaltet war, da tauchte wieder einer auf und hier nochmal und immer so weiter. Hätten wir nicht parallel erlebt, dass Adam die Unit in Aufruhr versetzt, ich hätte wohl vermutet, das geht jetzt noch ewig so weiter. Aber es waren wirklich viele Widrigkeiten für Kim, die gut gezeigt haben, wie sehr sie immer mehr in diese Rolle gewachsen ist und wie sie regelrecht im Überlebensmodus über sich selbst hinausgewachsen ist. Sean war die meiste Zeit durch seine Kopfverletzung außer Gefecht gesetzt bzw. weitestgehend nicht handlungsfähig, weswegen er fast nur verbal eine Hilfe sein konnte. Also lag es eben an ihr, sie da irgendwie durchzubringen. Die verschiedenen Gegner waren auch gut gewählt, denn da gab es eben brutal-drauf, aber auch sensibel und zweimal über eine Entscheidung nachdenken. Ohne einen Charakter wie Aubrey hätten Kim und Sean ohne Waffen und Funk solange nicht überlebt, garantiert nicht. Aubrey war auch das beste Beispiel dafür, wie gut TV sein kann, denn klar, er war ein Antagonist, er war der mit der Waffe in der Hand. Aber gleichzeitig war er auch der, bei dem man einfach gemerkt hat, er ist auf diesem Pfad der Kriminalität nicht mit Überzeugung. Deswegen mochte ich das, was in den wenigen Minuten zwischen ihm und Kim entstanden ist. Dementsprechend hat es mich dann doch traurig gemacht, als Aubreys Ende gekommen war.

Insgesamt ist es aber wirklich gelungene Unterhaltung gewesen und wie es bei mir oft der Fall ist, es waren dann nicht die Kampfszenen, die in mir nachhallen, sondern die kleinen und ruhigeren Momente. Als alles vorbei scheint und Kim und Sean ineinander zusammengesunken auf den Treppenstufen sitzen, das war ein schönes Bild. Es war ein Bild für ihre Partnerschaft. Sean ist nun wirklich nicht der lockere-lustige Typ, so wie er Kim am Anfang der Episode wegen ihres Zuspätkommens getadelt hat, typisch für ihn, aber gleichzeitig ist es auch Sean, der eben nicht ausflippt und Kim damit überhäuft, dass sie doch ja Verstärkung hätten rufen müssen. Nein, er ist jemand, der echte Polizeiarbeit zu schätzen weiß und genauso wie sie alles für den Job gibt. Er hatte den Platz in der ersten Reihe der Show, die zeigt, was Kim drauf hat, selbst wenn sie da nicht immer selbst dran glauben kann. Statt sie zu schwächen, um sich selbst zu erheben, kann er darüber stehen, dass einen anderen loben nichts mit sich selbst zu tun hat. Deswegen mochte ich den Moment extrem. Aber ich mochte natürlich genauso die Szene, als Trudy Platt Kim nach ihrer Rückkehr neckt. Sie kann zwar auch emotional, aber wahrscheinlich hat sie auch gespürt, dass es die falsche Art gewesen wäre, denn sonst wäre Kim viel früher zusammengebrochen. Das passiert dann eben in den Armen von Adam, wo auch sonst? Da war es genau richtig, nachdem er sich solche Sorgen gemacht hat, was ihr das Leben auch gerettet hat. Aber was für ein Schauspiel in diesem Moment von Marina!!! Nach so einer aufwühlenden Episode ist es gut, dass sie auf einer positiven Note endet, indem Kim in die Kamera strahlt, denn was sie da geleistet hat, das hat sich gesetzt und da kann sie zurecht stolz auf sich sein.

Fazit

Auch wenn "Chicago P.D." Kim Burgess in dieser Staffel bislang viel zumutet, aber es ist mit dem schauspielerischen Talent von Marina Squerciati auch gerechtfertigt. Die ganze Episode war ein Kunstwerk, mit ein paar Loopings zu viel, aber insgesamt sehr erinnerungswürdig.

Lena Donth – myFanbase

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