Review: #3.07 Schulschluss
In den USA sind Amokläufe an Schulen leider mehr Routine als Ausnahmefälle wie beispielsweise in Deutschland. Umso raffinierter von "Chicago P.D.", diese Thematik heranzuziehen und dann mit dem Ausgangspunkt eines möglichen Anschlags auf eine Eliteschule alles einmal auf den Kopf zu stellen.
Was als simpler Vermisstenfall startet, nimmt später immer mehr Wendungen an, denn der vermisste Colin hat in seinem Notizbuch Zeichnungen angefertigt, die tatsächlich schnell verstören. Daraus klingen viel Wut und Isolation heraus, aber natürlich auch Verzweiflung, aber all das rechtfertigt dennoch keine Straftat. Dementsprechend sind sofort Maßnahmen ergriffen worden, um die Schule mit ihren Schüler*innen und Lehrpersonal zu schützen. Doch dann wird ausgerechnet Colin tot aufgefunden und es sieht alles nach Selbstmord aus. Wahrscheinlich wäre der Fall erstmal auf die lange Bank geschoben worden, wenn nur auf die Ballistik hätte gewartet werden müssen. Aber Colins Zeichnungen lassen auf einen Komplizen schließen. Auftritt: Ethan. Zunächst muss ich hier das Casting loben, denn er sah wirklich sehr jung aus und es war schon bedrückend ihn im Verhörraum sitzen zu sehen. Da auch einige gesetzliche Maßnahmen ergriffen werden mussten, um Ethan überhaupt befragen zu können, hat das zusätzlich ins Bild gepasst, dass sich alles in einem sträubt, dass er eine Gewalttat geplant haben soll. Letztlich wird aber angesichts von Ethans Reaktion schnell klar, dass er dieses Potenzial gar nicht in sich trägt. Er reagiert zunächst trotzig, aber keinesfalls wütend, voller Hass, sondern eher ernüchtert und fast schon erschöpft.
Auftritt Jay Halstead: Dieser zeigt an Ethans Fall ein besonders großes Interesse, weil er sich mit ihm auch identifizieren kann, weil er selbst keine einfache Jugend hatte und viel rebelliert hat. Aber so ein Verhältnis muss erst aufgebaut werden, weswegen es für mich in der authentischen Darstellung gut gepasst hat, dass es nicht sofort Klick zwischen Jay und Ethan gemacht hat. Aber nachdem Ethan auf das Auto seines Schwimmcoaches Sanders 'Pädophiler' gesprüht hatte, da fühlte es sich wie Schicksal an, dass Jay der Erstkontakt war, der sich sofort tiefer mit dem Jugendlichen verbunden gefühlt hat. Denn wir erinnern uns, Stichwort Lonnie Rodiger, Jay hatte schon einmal einen Fall von Pädophilie, der ihn einfach nicht losgelassen hat, so dass es fast wie ein Jagd wirkte, um Lonnie endlich seines Verbrechens zu überführen. Mit dem Hinweis, dass Sanders an Ethan Missbrauch begangen haben könnte, war das eigentliche Hauptthema der Folge gefunden. Ja, wer hätte gedacht, dass sich die Folge noch so wenden würde? Nach und nach setzen sich dann auch die Hinweise zusammen, dass nie ein Amoklauf geplant war, stattdessen ging es um eine Bombe, um Sanders Wagen hochzujagen. Zwar auch eine Straftat, aber ein anderes Kaliber als Töten. Dementsprechend hat sich das Casting bei Ethan noch mehr gelohnt, weil man seinem Darsteller diese Unschuld, die durch den Missbrauch genommen wurde, deutlich gemerkt hat. Das Gesicht fast noch kindlich, die Seele aber zur Hoffnungslosigkeit hin geschändet. Da war Jay dann auch wirklich ideal, um ihn bildlich an die Hand zu nehmen, zumal er über seine eigene Militärerfahrung dann auch wie eine Parallele zu Ethans verstorbenem Vater wirkte. Sanders hat Ethan und Colin schließlich bewusst ausgesucht. Beide hatten keine (konstante) Vaterfigur mehr im Leben, weswegen sich der Coach es sich schön zurechtgeredet hat, sie im Leben anzuleiten und hat das schamlos für seine eigenen Triebe ausgenutzt. Jay hat aber am Ende bewiesen, dass väterliche Führung auf ganz anderen Werten fußt. Aber es passte auch, dass er diese Aufgabe nicht nur ruhig ausgefüllt hat, sondern er war angesichts von Sanders schon auf Staffel 1-Niveau, was sein Temperament anging. Da war es schon gut, dass Hank Voight Begegnungen einen Riegel vorgeschoben hat und dass Jay zuvor auch von sich zu Erin Lindsay meinte, ihn keinesfalls mit dem Coach alleine zu lassen. Offenbar kennt er seine Grenzen inzwischen besser.
Aus meinen Ausführungen dürfte herauszulesen sein, dass ich Jay für die Ermittlungen als größerer Fokus als durchaus ideal empfunden habe, aber zu Beginn der Episode hatte ich eigentlich auf Kevin Atwater gehofft. Dieser sucht das Gespräch mit Erin, weil er das Gefühl hat, sich bei Hank noch nicht so wie gewünscht beweisen zu können. Wie auch, wenn man so im Hintergrund steht? Dementsprechend dachte ich, dass es mal wieder was für ihn wird und er hatte mit einem Ermittlungsansatz auch die ideale Idee, doch im Endeffekt war es das dann wieder. Stattdessen hat sich Kevin in James Whitaker verguckt. Dieser ist ein sehr angesehener Cop in Chicago und ist für ihn natürlich ein Vorbild, weil er sich seine anerkannte Position als Schwarzer erarbeitet hat. Ich habe Kevins Schwärmerei also durchaus verstanden, fand sie in dieser Episode aber wenig zielführend. Zumal Whitaker in meinen Augen auch eine interessante Ansage gemacht hat, denn im Job sieht er keine Hautfarbe, sondern die blaue Uniform sowie das jeweilige Talent des Cops. Das ist immer ein heißes Thema, weil es im Grunde löblich ist, denn tatsächlich sollte die Hautfarbe untereinander, aber auch auf den Straßen im Umgang mit den Menschen keine Rolle spielen. Aber eigentlich spielt die Hautfarbe, die eigene Herkunft und damit verbundene Vorurteile, doch immer die Hauptrolle. Kevin dürfte danach in jedem Fall bewusst geworden sein, dass er sich angesichts geteilter Hautfarbe in jedem Fall keinen Vorteil erhoffen darf. Das ist auch okay, weil er sich natürlich fachlich beweisen muss. Im Privatleben scheint Whitaker aber ganz andere Ideen zu haben und so erfolgt für Kevin eine Einladung zu seiner exklusiven Pokerrunde. Ich fand es schon lustig, Chief Boden und Dallas Patterson da sitzen zu sehen, aber unterm Strich weiß ich nicht so recht, was mir das Ganze nun sagen soll.
Wir haben noch einen kleinen Exkurs bei Sean Roman, der noch deutlich unter dem Verlust von Andrew Gibson zu leiden hat. Ich fand es hier eine nette Idee, dass Erin ihn konkret angesprochen hat, weil es einen Bogen geschlagen hat. Sie ist mit dem Verlust von Nadia Decotis nicht fertig geworden, aber sie kann nun einen wertvollen Rat an Sean weitergeben, damit er zumindest nicht denselben Fehler wie sie macht, wenn natürlich auch jeder Trauerprozess anders abläuft. Völliges Chaos herrscht auch in Alvin Olinskys Privatleben vor. Es war klar, dass die Entscheidung für Michelle Sovana, ohne das Vaterschaftsergebnis zu kennen, Konsequenzen haben würden. Diese haben wir diesmal präsentiert bekommen, denn Michelle braucht einen Vormund, um weiter die Rehabilitation in Freiheit voranzutreiben. Da war es schon ein Statement von Alvin, dass er das einfach unterzeichnet hat, ohne Rücksprache mit Meredith zu halten. Auch wenn ich es zur Hälfte verstehen kann, zur Hälfte verstehe ich auch, dass Meredith es gar nicht begeistert aufnimmt, denn wenn die Beziehung schon belastet ist, dann ist Reden sicherlich nicht verkehrt. Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass Meredith vor allem den Betrug an ihr sieht. Auch wenn sie die Konsequenzen für Lexi vorschiebt, aber ich habe diese bislang nicht einmal ihre Meinung zu alldem äußern hören können. Es mag sein, dass sie es wie ihre Mutter sieht, wissen tun wir es aber nicht. Dementsprechend finde ich es schon sehr wagehalsig-mutig von Alvin, alles auf die Karte Michelle zu setzen. Da Meredith daraufhin Tabula Rasa macht, hat Adam Ruzek nun neue Mitbewohner. Es war schon eine urkomische Szene zum Ende hin, als Adam und Kim Burgess sich beide auf ein Date freuen und auf einmal auf einem Doppeldate mit Alvin und Michelle sind. Na, das kann ja ein Spaß werden!
Fazit
Im Grunde liefert "Chicago P.D." für mich wieder eine starke Episode ab, weil sie erneut einen wendungsreichen Fall beinhaltet und auch in den Nebengeschichten Bewegung mit Emotionen bringt. Aber so willkürliche Storylines für Kevin Atwater, die nirgendwo hin zu führen scheinen, die trüben hier das Bild etwas.
Lena Donth – myFanbase
Die Serie "Chicago P.D." ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: A Dead Kid, a Notebook and a Lot of MaybesErstausstrahlung (US): 04.11.2015
Erstausstrahlung (DE): 08.12.2017
Regie: Charlotte Brändström
Drehbuch: Timothy J. Sexton
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