Review: #3.10 Weihnachten mit dem Glee-Club
Einerseits bin ich wahrscheinlich genau die richtige Person um diese Episode von "Community" zu reviewen, schließlich bin ich bekennender "Glee"-Verachter und kriege jedes Mal einen enormen Anfall von verleierten Augen wenn ich mir das Argument anhören muss "Aber egal wie belanglos die Folgen inhaltlich sind, sie fangen dann ja an zu singen und tanzen und davon bekomme ich gute Laune". Klar, jedem das Seine und wer nun einmal eine andere Einstellung zum grundlosen Losgesinge hat wie ich, hat daran sicher auch seinen Spaß. Andererseits habe ich auch meine Serien zum Gehirn abschalten, die stehen allerdings auch nicht sonderlich weit oben auf meiner persönlichen Favoritenliste.
Warum ich aber vielleicht auch genau die falsche Person bin, um diese spezielle "Glee"-Parodie zu bewerten ist die Tatsache, dass ich die Serie nur in Schnipseln verfolge und der Großteil meines Wissens aus den Texten von anderen Kritikern stammt, die sich ausgiebig damit beschäftigen, deren viele verstörenden Tendenzen immer wieder aufzuzeigen und anzuprangern. Man kann mich also ganz schwer als objektiven Beobachter bezeichnen. Und es würde mich ja schon brennend interessieren, wie man diese Episode einschätzt, wenn man "Glee" eigentlich gut findet. Wie findet man Mr. Rads sehr verstörende Interpretation von Mr. Schuester, (wobei es ja in echt noch schlimmer sein soll, wie ich gehört habe. Wenigstens hat Mr. Rad nicht angefangen zu rappen!!), die vielen Hinweise wie den plötzlich auftauchenden Pianospieler, der Seitenhieb auf die Kings of Leon und natürlich der Running Gag rund um die völlige Bedeutungslosigkeit der Regionals. ("They were this close to regionals." – "Seriously, what are regionals?" – "They are THIS close!") Meine Lieblingsspitze in Richtung "Glee" war aber Jeffs "Oh please, not liking Glee club doesn't make us bullies and implying that is reverse bully-ism!"
Ich kann aus meiner ureigensten Perspektive nur sagen, dass ich diese "Glee"-Parodie vollauf genossen habe. Natürlich hat sie all meine Vorurteile bestärkt, was es einem immer sehr leicht macht, mit einem solchen Werk mitzugehen. Da dieses zusätzliche Element, den eigenen Zynismus zu dem Thema in Frage zu stellen, gefehlt hat, ist #3.10 Regional Holiday Music für mich aber nicht ganz auf dem selben Niveau wie die absoluten Meisterwerke der Serie, aber man hat doch in vielen Elementen bewiesen, was einen dann doch vom großen Konkurrenten abhebt. In erster Linie steht dabei für mich die Tatsache, dass man nicht nur eine bloße Karaoke-Show mit bekannten Songs abliefert. Es ist ja eines der größten Rätsel der momentanen Popkultur für mich, wie viel Aufmerksamkeit und Aufregung und eben auch Sendezeit auf Shows gelenkt wird, bei denen es ums bloße Nachsingen von bekannten Popsongs geht. Neben dem Paradebeispiel "Glee" gehören da natürlich all die Talent-Casting-Shows à la "Deutschland sucht den Superstar" und wie sie alle heißen dazu. Ich kann es einfach nicht verstehen, worin da die Faszination für das Publikum liegt. Ich persönlich finde das einfach langweilig und völlig reizlos, aber damit stehe ich ja ziemlich allein da.
Wenn man sich allerdings wie hier die Mühe macht und eigene Musik schreibt, mit cleveren und unheimlich pointierten Texten, natürlich das vorhandene Genie von Stammkomponist Ludwig Göransson ausnutzt und eben mit der Musik ein wichtiges erzählerisches Element aufbaut, sieht das für mich schon wieder ganz anders aus. Damit kommen wir in das Territorium von Musical-Episoden wie "Once More with Feeling" aus der Feder von Joss Whedon, die durch die selbstkomponierte, in die Handlung eingebundene Musik einfach eine viel tiefere Ebene besitzen. "Community" hat es wegen des leichteren Themas zwar nicht ganz zu dieser Brillanz gebracht, mich aber zumindest was die Humorebene angeht, mit seinen Songs unheimlich zum Lachen gebracht.
Bevor wir uns den einzelnen Songs widmen, noch einmal kurz zum Inhalt der Folge. Mir hat es wirklich gefallen, dass die tiefer liegende Aussage des Ganzen war, dass nichts dabei ist, sich einfach gegenseitig gerne zu haben, wie Abed es so schön sagt: "I just like liking things". Es war einfach ein angenehmes, wohltuendes Gefühl, hier mit solch einem harmonischen Schlussbild in die Pause von unbestimmter Länge zu gehen und das Gefühl zu haben, dass diese sieben Freunde nach allem, was sie so zusammen erleben, ein paar besinnliche Feiertagsstunden erleben. Und es passt auch dieses Jahr wieder einmal, dass sie sich rund um Abed gruppieren, der schlicht und ergreifend das Herz der Truppe ist. Die Kernbotschaft, die bei mir angekommen ist, ist das Singen und Freude verteilen nun wahrlich nichts ist, worauf man herabblicken muss. Lediglich diese Version, die einen Lehrer wegen irgendwelcher bedeutungsloser Wettbewerbe zum Buscrash-Verursacher werden lässt, ist mehr als fraglich.
Aber das Herzstück der Folge sind die Songs, die allesamt perfekt auf die Protagonisten zugeschnitten sind und die Stärken und Schwächen der Charaktere, aber auch ihrer Darsteller wunderbar zum Vorschein bringen und dabei einfach unheimlichen Spaß machen. Angefangen von Abeds Duett mit Mr. Rad namens "Glee", in dem einfach das Wort "glee" so oft wie möglich wiederholt wird und die ganze Sinnlosigkeit der Glee-Club-Tradition vorgeführt wird. In "Jehovah's Secret Witness" rappen Troy und Abed in bester Childish-Gambino-Tradition rund um Troys Zwiespalt zwischen der Religion seiner Familie und seinem eigenen Bedürfnis, dazuzugehören und Spaß zu haben, plus natürlich seiner Leidenschaft für Spionagegeschichten. Mein absoluter Favorit war aber "Baby Boomer Santa", in dem Troy und Abed eine kleine, zum Schieflachen animierende Tour durch die Musikgeschichte machen und die einfach nur grandios in Pierces "You're welcome for everything in the world!" kulminiert. Bei mir musste hier erst einmal der Pause-Knopf herhalten, um zu Ende lachen zu können.
Annies Song an Jeff, "Teach Me How to Understand Christmas", ist natürlich die ultimative Parodie auf all die seltsamen Mischungen von Weihnachtsliedern mit einer sexy Sängerin, und wie man hoffentlich deutlich gemerkt hat, ist dieses Glorifizieren von infantilem Verhalten bei Frauen einfach nur pervers. Natürlich ist die Serie sich auch durchaus bewusst, dass sie selbst immer wieder Alison Brie sexualisiert, alles in allem ist das Lied damit eine großartige Persiflage auf sich selbst und viele andere, die diesem Verhalten frönen. Ebenso genial war die Manipulation von Shirley mittels eines Waisenchors, welcher nicht weiß, was an Weihnachten eigentlich gefeiert wird. "Happy Birthday Jesus" lässt Yvette Nicole Brown als Sängerin glänzen und nutzt in herrlicher Weise die Charaktereigenschaften Shirleys voll aus, um uns ordentlich zum Lachen zu bringen. Und Brittas großer Moment folgt dann in "Planet Christmas" der großen Finalnummer, in der Abed Brittas Eigenschaft die Dinge zu britta'en nutzt, um allen eine Lektion zu erteilen. Ich habe größten Respekt vor Gillian Jacobs' Mut, sich immer wieder dermaßen zu entblößen, im metaphorischen Sinne, und es ist einfach nur der perfekte moralische Schlusspunkt für die ganze Sache. Auch die Anfangsnummer des Original-Glee-Clubs sei hier wegen ihres enormen Unterhaltungswerts erwähnt und natürlich der "Dean-Chang-Songs" aus dem Abspann.
Mit dieser musikalischen Weihnachtsfolge verabschiedet sich "Community" nun auf unbestimmte Zeit von seinen treuen Fans, und das mit einer durch und durch gelungenen Episode. Diese hat vor allem durch den großartigen Humor überzeugt, und auch wenn mir die tiefgründigeren, mit melancholischen Zügen ausgestatteten Folgen auf lange Sicht mehr am Herzen liegen, weiß ich nicht ob ich die Traurigkeit der letzten Weihnachtsfolge hier an dieser Stelle ertragen hätte. So war es ein Abschied mit einem breiten Grinsen, für hoffentlich nicht allzu lange Zeit. Ich werde "Community" sehr vermissen, aber es bleibt immer der Gedanke, dass die restlichen zwölf Folgen der Staffel gedreht und auch gesendet werden, um uns irgendwann nächstes Jahr wieder königlich zu unterhalten. Ich freu mich darauf!
Cindy Scholz - myFanbase
Die Serie "Community" ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Regional Holiday MusicErstausstrahlung (US): 08.12.2011
Erstausstrahlung (DE): 26.12.2013
Regie: Tristram Shapeero
Drehbuch: Steve Basilone & Annie Mebane
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