Bewertung

Review: #2.07 Der weiße Teufel

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Dark
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Das hohe Niveau der vorangegangenen Episoden kann "Dark" auch in der vorletzten Folge der Staffel problemlos halten. Wieder einmal springt man gekonnt zwischen den Zeitebenen, vernetzt bereits bekannte Informationen mit noch unbeschriebenen Seiten dieser Geschichte und ist von der Raffinesse, mit der verschiedene Darsteller ein und dieselbe Figur zum Leben erwecken können, beeindruckt.

Die verschiedenen Zirkel der Personen, die über das Zeitreisen Bescheid wissen, werden in dieser Episode verbunden und stets wird das befreiende Gefühl, dass nun endlich keine Geheimnisse mehr gewahrt werden müssen, von einer schmerzhaften Erkenntnis begleitet. Fangen wird klein an und konzentrieren uns zuerst auf Familie Doppler. Dort zeigen Magnus, Elisabeth und Franziska den Zeitreiseapparat Charlotte und Peter. Es gibt keine große Diskussion, allein Franziskas Wutausbruch darüber, dass ihre Eltern unfähig zur Kommunikation sind, bleibt einem zum Schluss im Gedächtnis. Ihre Erschütterung darüber, dass die Familie durch all die Geheimnisse nur noch mehr zerstört wird, erinnert stark an #1.01 Geheimnisse. Bereits zu Beginn der Serie wurde mehrmals betont, dass es die Geheimnisse sind, die die Harmonie zerstören und nun scheinen zwar alle Heimlichkeiten auf dem Tisch zu liegen, doch dies geht mit viel Herzschmerz einher.

Des Weiteren hätten wir da Claudia und Egon. Christian Pätzhold spiegelt 1987 sehr schön die Zurückhaltung wider, die auch Sebastian Hülk 1954 auszustrahlen weiß, weshalb es umso beunruhigender ist, als Egon seiner Tochter von der Zeitreise erzählt. In dieser Konstellation ist es Egon, der vollkommen verblüfft feststellen muss, dass er seiner Tochter kein Geheimnis anvertraut hat, da sie ebenfalls eingeweiht ist. "Dark" versteht sich wunderbar darauf, die Schwachpunkte seiner Charaktere auszunutzen, immer wieder den wunden Punkt zu treffen und aufzuzeigen, dass sie ihren eigenen Lastern nicht entkommen können. So tritt Claudia – a.k.a. der weiße Teufel – zu Beginn der Folge noch ziemlich selbstlos an ihren Vater heran und möchte ihn gern vor dem Tod bewahren, schlussendlich ist sie es jedoch, die Egon das Leben nimmt. Wieder einmal stehen Ursache und Wirkung in einem unendlichen Kreislauf, man kann den Zyklus nicht durchbrechen und es ist erschüttern die Charaktere bei dieser äußerst quälenden Erkenntnis zu begleiten.

Weniger schmerzlich aber umso grausamer ist der Weg, den die Geschichte rund um Hannah und Ulrich nimmt. Wie wir bereits 1986 gesehen haben, weißt Hannah zutiefst egoistische Charakterzüge auf und ist bereit, Menschen die sie liebt nach einem Fehltritt für ihren eigenen Seelenfrieden zu opfern. Mit ihrer Reise ins Jahr 1954 überrascht sie fast so sehr, wie mit dem Ausgang ihres Gespräches mit Ulrich. Es reicht Hannah nicht, dass Ulrich ihr seine Liebe erklärt, durch seine vorrangige Nachfrage nach seiner Frau und seinen Kindern schließt Hannah dieses Kapitel ab und kehrt Ulrich den Rücken. Genau wie schon 1986 kann man nicht begreifen, wie Hannah so kaltherzig sein kann, es passt jedoch sehr gut zu dem skrupellosen Bild von ihr, das sich im Verlauf der Zeit manifestiert hat. Nun stellt sich natürlich noch die Frage, inwieweit Hannahs Reise und Verbleib ins Jahr 1954 in den folgenden Zeitebenen nachhallen. Hat sie weitere Kinder bekommen oder Intrigen gesponnen, die sich auf die Zukunft auswirken werden? Eine äußerst interessante Fragestellung, die "Dark" uns sicher im letzten Zyklus beantworten wird.

Die wohl beeindruckendste Begegnung der Folge ist die zwischen dem erwachsenen Jonas und Martha. Schauspieler Andreas Pietschmann nimmt hier spielend leicht die Züge an, die auch Louis Hofmanns Mimik prägen, wenn er Martha begegnet. Die Liebe spricht ihm ganz deutlich aus der Seele, ebenso aber auch der Kummer darüber, dass sie nicht zusammen sein können, weil Martha nun mal seine Tante ist. Mit der gleichen Leichtigkeit, mit der Andreas Peitschmann in die Haut des jugendlichen Jonas zu schlüpfen weiß, weißt Louis Hofmann in dieser Folge die Aura auf, die sein älteres Ich stets umgibt. Eine tiefe Traurigkeit und Gewissheit darüber, dass sich viel Schlimmes ereignen wird, umgibt ihn.

Randnotizen

  • Neben der großartigen Leistung der beiden Jonas-Darsteller, ist es ebenfalls vortrefflich, dass man nun Clausens Hintergrund aufgedeckt hat. Mit der Suche nach seinem Bruder Aleksander Köhler und der Erkenntnis darüber, dass es sich um den Betreiber des AKW um einen Schwindler zu handeln scheint, fügt man zwei Teile der Geschichte zusammen, die bisher in noch keinem zu engem Kontext zum Rest der Handlung stehen.
  • Auch Katharina und Bartosz müssen noch kurz erwähnt werden. Während Katharina scheinbar selbst kurz davor steht, den Zeitreiseapparat zu benutzen – und zu einem Rettungsversuch bei Mikkel anzusetzen – stellt sich bei Bartosz noch immer die Frage, welche Jahre er bereits besucht und was er dort getan hat. Ähnlich wie in Staffel 1 hält man sich bei Bartosz ziemlich bedeckt.

Fazit

Diese Episode stellt die Ruhe vor dem Sturm dar. Man ahnt, dass uns im Staffelfinale die Apokalypse erwartet, dennoch befassen wir uns in den letzten ruhigen Minuten davor nur zu gern mit den vielen unerfüllten Bedürfnissen der Charaktere aus "Dark", die uns in den ersten Minuten, durch die uns Adams Stimme führt, gezeigt werden. Es ist eine düstere und beklemmende Episode, die aufzeigt, dass selbst das Wissen über Zeitreisen manchmal keine Hilfestellung aus der eigenen Misere bietet.

Marie Florschütz - myFanbase

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