Bewertung

Review: #2.04 Grausame Konsequenzen

Bitte gut festhalten, es wird einmal scharf abgebremst. Nach der verwirrenden und befremdlichen Folge der Vorwoche erleben wir nun wieder eine sehr geradlinige Episode, die auf jeden Bezug zum Irzu/Irisa-Mysterium verzichtet und statt Erstaunen eher ein Gefühl von Déjà-vu auslöst. Man fühlt sich nicht wenig an die vorletzte Episode #2.02 Das Geheimnis meines Lebens erinnert. Wieder wird ein Gewaltakt, der sich gegen Pottinger richtet, verübt, diesmal in Form eines Überfalls statt einer Bombe, erneut muss Nolan den Täter finden, abermals brüskiert er dabei Tommy, wieder beeindruckt er Berlin, die erneut mit ihrer Videoausrüstung mitmischt, und am Ende muss der Täter abermals sein Leben lassen.

Ironischerweise hatte uns besagte Episode #2.02 schon an den Serienpiloten erinnert, allerdings durch interessante Parallelen. Die starken Ähnlichkeiten zwischen #2.04 und #2.02 sind doch eher ein Ausdruck von Einfallslosigkeit, leider auch noch gepaart mit Klischeehaftigkeit. Musste Nolan wirklich im letzten Moment Berlins heldenhafter Retter werden und sich sogar eine Kugel für sie einfangen? Das tut beim Zuschauen ja schon fast weh, wenn auch nicht so sehr, wie ein Schuss in die Schulter.

Während Nolan seine körperliche Zähigkeit unter Beweis stellt, legen Amanda und Pottinger Seelenstrips hin, aber nur bei Amanda können wir uns sicher sein, dass ihr Geständnis auch wirklich der Wahrheit entspricht. Daran, dass Pottingers Geschichte von dem sexuellen Missbrauch während des Krieges stimmt, hege ich noch gewisse Zweifel. So wie er Amanda mit den Drogen ködert, um ihr nahe sein zu können und sie abhängig von sich zu machen, hat er vielleicht auch diese Geschichte nur erfunden, um Amanda für sich einzunehmen. Es ist aber auch nicht unwahrscheinlich, dass sich seine Story tatsächlich so abgespielt hat, wie von ihm erzählt, denn ein solches Trauma erklärt viele seiner psychischen Verhaltensweisen, einschließlich seiner Obsession für Amanda.

Amandas Geschichte ist natürlich ein Schock. Dass das Kind, welches sie abgetrieben hat, gar nicht von Connor Lang war, sondern einer Vergewaltigung entstammte, ist eine Erkenntnis, die das gesamte Amanda/Connor-Kapitel auf eine noch tragischere Stufe hebt. Amanda hätte vielleicht gerne ein Kind mit Connor gehabt, doch die verheimlichte Vergewaltigung und das abgetriebene Kind, das Connor für seines hielt, haben die Beziehung völlig zerstört. Welches Ende Connor schließlich gefunden hat, wissen wir. Ohne die Vergewaltigung, wäre sein und Amandas Leben völlig anders verlaufen - und Connor wusste nicht einmal, wodurch sich alles so verändert hat.

Die Erfahrung, dass sich das Leben um 180 Grad drehen kann, muss auch Datak machen. Er will seine alte Position zurück und Stahma wieder auf ihren Platz verweisen, doch er hat die emanzipatorischen Gelüste seiner Frau unterschätzt. Oder auch die Bereitschaft seiner Gefolgsmänner, eine Frau an der Spitze zu akzeptieren und sich gegen Dataks brutalen Führungsstil aufzulehnen. Zwei Aussagen, die in dieser Folge von unterschiedlichen Charakteren getätigt werden, treffen es auf den Punkt: es ist eine "neue Welt" (Datak) und es ist eine "grausame Welt" (Pottinger). Eine neue Welt, in der Frauen Macht haben können, und eine grausame Welt, in der Gewalt zu Gegengewalt führt.

Stahma lässt also die Maske der folgsamen Ehefrau und Mutter endgültig und offiziell fallen. Dies wird sicherlich in der castithanischen Gesellschaft von Defiance für einiges Aufsehen sorgen. Es gibt zweifellos noch genug Castithaner in der Stadt, die ebenso den alten Sitten nachhängen wie Datak und sich gegen eine allzu umfassende Integration in die Erdkultur wehren. Die Problematik der einander immer noch fremden Kulturen ist eines der besonderen Themen von "Defiance" mit vielen Bezügen zu realen Problemen der Gegenwart und der Vergangenheit. Stahmas Schritt von der heimlichen Strippenzieherin zu einer offenen Machthaberin dürfte wieder Feuer in diesen Themenbereich bringen. Hoffentlich.

Die Serie "Defiance" erlebt derzeit wahrlich nicht ihre beste Phase. Wir wissen aus der ersten Staffel, dass diese Show deutlich mehr kann, als uns diese Episode und mit Abstrichen auch die vorherige gezeigt haben. Es muss wieder mehr Schlüssigkeit, Originalität und Charakterentwicklung hinein. Wir wollen wieder von "Defiance" fasziniert werden.

Maret Hosemann - myFanbase

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