Bewertung

Review: #2.20 Verzweifelte Gebete

Foto: Eva Longoria & Ricardo Antonio Chavira, Desperate Housewives - Copyright: 2005 ABC Studios
Eva Longoria & Ricardo Antonio Chavira, Desperate Housewives
© 2005 ABC Studios

Die Serie ist immer dann besonders stark, wenn die Autoren nicht versuchen, diverse Fillerstorys zur Ablenkung oder Überleitung in die Episode zu quetschen. Das hat in dieser Staffel bereits zu dem einen oder anderen durchwachsenen Moment geführt. Nun allerdings gehen die episodenübergreifenden Geschichten schon seit einer Weile auf eine Zielgerade.

Der Handlungsbogen um die Scavos in der Arbeit wird nun in interessantere Gewässer geleitet, die auch einige wirklich erinnerungswürdige Momente verspricht. Die Applewhites-Story wird wieder präsent eingebracht und mit einem neuen, spannenden Impuls versehen. Das Karl-Edie-Susan-Dreieck enthält zunehmend Explosionskraft durch die weitere Entwicklung. Und bei den Solis' führt der Handlungsstrang um die Adoption bereits zu sehr bewegenden Szenen und am Ende zur Eskalation. Lediglich die Storyline rund um Bree bleibt noch etwas tempoarm und da fehlt noch die Ahnung, was daraus genaues werden soll.

"Peter was ist sie für dich?! Sie ist ein Lustauslöser! Ein Lustauslöser!"

Bree scheint für Peter wirklich sehr viel zu empfinden, denn sie fährt schon scharfe Geschütze auf, um den Mann an sich zu binden. So macht ihre Story mit dem sexsüchtigen Love-Interest doch sehr viel Freude. Ich mag Bree einfach, wenn sie ladylike und doch auf so fiese Weise Stolpersteine aus ihrem Weg räumt. Okay, das klingt vielleicht etwas übertrieben aber sicher auch treffend, wenn man den Umgang mit Peters Betreuer Claude bedenkt. Dieser glaubt nicht so recht an die wahre Liebe zwischen Bree und Peter und stellt sich dazwischen. Zu dumm, dass er im falschen Moment in Besitz der Drogen gelangt und Bree das Glück hat, zufällig gleich zwei Beamten zu begegnen. Ohne mit der geringsten Wimper zu zucken verpfeift sie Claude bei der Polizei. Sie scheint kein wirklich schlechtes Gewissen zu haben, eine wichtige Person in Peters Umfeld mir nichts dir nichts einbuchten zu lassen. Unbestreitbar auch ein etwas egoistischer Zug von Bree, da sie Peters Sexsuchtsdrama und die Folgen dazu zuwenig bedenkt.

Lustige Szenen ergibt die Situation dennoch gleich vermehrt. Schon Brees Reaktion als sie der Lustauslöser genannt wird oder das unpraktisch offene Gespräch beim Betreuer in der Bäckerei, während einem Kunden offenbar der Appetit dabei vergeht. Den Höhepunkt stellt das Szenario auf der Swingerparty dar, in die Miss Van de Kamp zur "Rettung" herbeieilt. Zu Beginn der Serie konnte man sich nicht vorstellen, Bree in einem derartigen Umfeld mal zu sehen. Durch die starken Gefühle zu Peter scheint sie hier aber bemerkenswert gefasst. Als Zuschauer fragt man sich natürlich, ob es mit Peter wirklich klappen wird oder ob sich Bree mit der Beseitigung von Peters Betreuer nun selbst einen Stolperstein in den Weg gelegt hat. Vielleicht wäre eine andere Lösung idealer gewesen als diese. Peter als Charakter gefällt mir, doch hier wirkt er mehr wie das Opfer als die starke Person an Brees Seite, sowie wir ihn zuletzt verstärkt präsentiert bekamen. Noch ist hier an der Stelle in der Story unklar, ob eventuell bald die Hochzeit anstehen wird oder die Situation mit Peter noch eine unschöne Wende nimmt.

"Ach Ed, du hast schon Preise für Werbetexte gewonnen, das hier ist keine Doktorarbeit."

Lynette tut eines wirklich ungemein gerne: sich in Angelegenheit einzumischen, in die sie sich nicht einmischen sollte. Okay, es ist ein guter Zug von ihr, aus Gutmütigkeit den Ferraras im Liebesleben zu helfen. Vielleicht schätzt sie auch die Situation als harmlos ein. Anfangs bei dem Chat lässt sich aber auch noch nicht erahnen, dass die Story in eine solch ernste Lage kippen würde. Es gibt eine schlüpfrige Message an Tom, die aus dummen Zufall bei Ed landet und auch der unbeholfene Ed in Sachen sexuell anheizender Ausdrücke sind herrlich unterhaltsam.

Doch am Ende hat sich dieser Eindruck ganz verflüchtigt. Ed ist so etwas wie der Tom Scavo in seiner Ehe. Eine wirklich blöde Situation lässt Lynettes "Hilfe" vor Fran auffliegen und diese droht mit der Scheidung, wenn der Verantwortliche dieser Aktion nicht gefeuert wird. Bei Ed weiß man schon seit #2.10 Der verlorene Sohn, dass er sich gegen Fran nicht durchsetzen kann, eben wie Tom Scavo sich irrsinnig schwer damit tut, in seiner Ehe, das Ruder an sich zu reißen. Echt fieser Clou der Autoren, jetzt die beiden Pantoffelhelden gegeneinander auf zu hetzen. Und es sieht jetzt nach einer festen Storyline für längere Zeit aus, denn Lynette kämpft jetzt verständlich an Toms Seite mit. Ed wird Gründe suchen, um Tom aus der Firma rauszuekeln und irgendwo schwebt noch die Enttäuschung über Tom bezüglich seiner letzten Karrierekrise. Und man weiß auch seit #1.22 Hals über Kopf, dass Tom in wütenden Momenten dazu neigt, neue Seiten von sich zu zeigen. Es ist somit endlich mal wieder spannend mit den Scavos auf Arbeit. Das hatte ich, seit Ninas Abgang aus der Firma doch schon sehr vermisst.

Es geht ab, nachdem Schluss gemacht wurde

Soso, jetzt weiß man also, welche Begabungen Karl im Schlussmachen hat. Wobei ich mich korrigieren muss, denn bei Edie stellte er sich meyermäßig tollpatschig an. Wenn er das nämlich so genau im Vorfeld plante, müsste er doch darüber Bescheid wissen, wann seine liebe Edie in den Tag startet und wann der Wecker klingeln würde. Vielleicht war er auch schon viel zu sehr mit seinen Gedanken woanders - nämlich vermutlich bei Susan. Persönlich macht mir das Liebesdreieck, wie ich es immer nenne, super Spaß - schon die gesamte zweite Staffel. Edie, Karl und Susan in der Kombination ergeben viel bissige, herrlich komische Dialoge und Szenen.

Jetzt sieht es ganz so aus, als würde man darauf hinarbeiten, dass Susan das ganze Fett abbekommt. Von den anderen Housewives-Freundinnen wird sie bereits - unbewusst - als Sündenbock und Schlampe geschimpft. In einem lustigen Moment, muss sich Susan da sogar mit anschließen. Ihre Ablenkungstaktik sollte sie da wirklich besser üben. Und Edie wird darin bestärkt, gegen die andere Frau in den Kampf zu ziehen. Etwas kritisch bin ich dazu eingestellt, dass Edie einfach nicht der Groschen im Bezug auf Susan fallen will. Es führt aber auch zu den Highlight-Szenen im Kampf mit der Kellnerin, in dem auch die tollpatschige Susan landet, doch Edie müsste eigentlich scharfsinniger zur Geltung gebracht werden. Sie zählt da alle möglichen Optionen auf, mit denen Karl was haben könnte, Susan verhält sich auch etwas seltsam dabei (Mimik) und bei Edie klingelt es dennoch nicht. Sie bezeichnet Susan am Ende ja sogar als wahre "Schwester". Geschickt haben die Autoren - abgesehen von der etwas unnachvollziehbaren Edie-Denkweise derzeit - die Story verschärft. Natürlich wird jetzt, wenn Edie die Wahrheit bezüglich Susan und Karl erfahren soll, sie noch emotionaler reagieren. Betrug sozusagen von Karl und Susans Seite. Dazu ist ja Edie ungern ohne Mann an ihrer Seite also derzeit mal so richtig verzweifelt. Man kann hier nur gespannt zusehen, wie man die Schraube weiter anzieht und hoffen, dass es Überlebende geben wird in der näheren Zukunft.

Final Destination für Caleb?

Ob alle heil aus der Sache rauskommen werden? Diese Frage stellt sich nun auch bei den wieder aufgetauchten Applewhites. Vielleicht musste man diesen Handlungsbogen aufgrund der Erzähldichte immer wieder mal auf Eis legen, denn jetzt kann man diesen gebündelt spannend bis zum Staffelende strecken. Und Spannung sehe ich hier ganz Große vor mir. Dazu sind zwei Situationen besonders entscheidend: Da wäre zum einen das verzweifelte Spiel der zwei verliebten Teenager Danielle und Matthew. Und jetzt wird auch deutlich, dass an Danielle Rex' Tod und das ganze Chaos Zuhause nicht spurlos an ihr vorbeiging. Sie versucht wirklich mit allen erdenklichen Mitteln Matthew an sich zu binden. Selbst vor Erpressung scheut sie nicht zurück. Matthew dagegen scheint vielleicht durch seine fiese Taktik bezüglich Caleb, eine Art Ausgang aus der unschönen Situation im Hause Applewhites, zu wittern. Es ist schon nachvollziehbar, dass man nicht das gesamte Leben, für seinen labilen Bruder zurück stellen will. Natürlich schon gar nicht, wenn noch Gefühle im Raum stehen.

Ebenfalls Spannung verspricht jetzt aber auch wieder die in die enge getriebene Betty, denn ihr Pakt mit Bree enthält nun gewaltige Risse. Die Szene mit dem falschen Spiel von Danielle/Matthew bezüglich Caleb wurde wirklich gut umgesetzt. In der Kombination mit der Waffe schwingenden Bree und der ins Gesicht geschriebenen Verzweiflung bei Betty, konnte man der Applewhites-/Van de Kamp-Storyverstrickung einen starken Tritt nach vorne verpassen. Drama pur steht nun an und ich vermute auch, dass es Opfer geben wird. Ob Caleb derjenige ist, der jetzt ins Gras beißen wird, daran kann man zu dem Zeitpunkt durchaus zweifeln. Denn viel mehr Sprengkraft birgt darin, sollte Betty hinter den Bluff kommen. Das würde die schon komplizierte Situation noch mehr dynamisch gestalten. Auf die weiteren Entwicklungen ist man nun sehr gespannt.

In manchen Gebeten lautet die Antwort: Nein!

Oft gestalten sich die Voice-Over von Mary Alice wie das i-Tüpfelchen zu den gezeigten Szenarien. So gefielen mir schon die Unheil ankündenden Abschlussworte aus #2.18 Unwiderstehlich, die es fast unerträglich machten, den weiteren Verlauf im Solis-Handlungsbogen abzuwarten. Es war bereits am Horizont zu sehen, dass eine furchtbare Konsequenz auf Gaby und Carlos warten würde. Fies aber von den Machern, das in der Vorfolge so geschickt zu überbrücken, davon abzulenken, indem man das neue Familienglück der Solis zunehmend harmonisch zeigte. Das eigentlich gestohlene Baby sieht man somit hier schon ganz als das zu den Solis Gehörende an. Der eigentliche, nun aufkreuzende Vater Dale als den Übeltäter und man neigt Gaby sogar recht zu geben, für ihre manipulative-fiese Tour, Dale die Vaterschaft abzuknöpfen. Ich bin immer wieder erstaunt und beeindruckt davon, wie Gabrielle so aus dem Stehgreif, eine wirkungsvolle Methode einfällt, jemanden in die Enge zu treiben. Zum Nachahmen aber eher ungeeignet, denn es ist schon fies, wie sie Dale um ein Haar seine Schulkarriere zerstört.

Doch am Ende dreht sich der Spieß um. Die eigentlichen Opfer erscheinen einem als üble Täter, die Täter als Opfer. Ich spreche natürlich bei den Bösewichten vorallem von der irrsinnig falschen Libby, die nun doch das Baby für sich will. Ihr Motiv dazu ist aber verständlich, da sie ihren Lover nicht verlieren und ihm eine echte Chance geben möchte. Dennoch ist es eine denkbar krumme Tour und ich denke, diesen Charakter wird jeder Zuschauer der Serie nun übel verabscheuen. Man spielt hier clever mit der Moral und Emotionen, deshalb stellt die eskalierende Solis-Storyline nun einen der Höhepunkte der gesamten Serie dar. Eva Longoria spielt die mit sich ringende, vor Wut verzweifelte Gaby dermaßen gekonnt, sodass man Gänsehaut schon alleine deswegen bekommt. Dazu stößt jedoch auch die charakterliche Entwicklung von Gaby dazu. Es hat den Anschein als wäre sie selbst in dem Moment über ihre Gefühlslage verwundert und überwältigt. Genauso Carlos, der im bewegenden Abschluss als man ihnen das Baby wieder abnimmt, schon sehr ratlos, unbeholfen Beiseite steht. Es lässt sich nichts dagegen machen und groß kämpfen, da die Behörden direkt mit im Geschehen sind. Dazu Gabys intensiver Gefühlsausbruch und ihre treffenden Worte zur Situation, die dem Zuschauer ihr Innenleben deutlich machen. Ich behaupte, dass dieser Storyabschluss mit den besten Momenten der Staffel zwei, sogar der Serie, gut mithalten kann. Natürlich ist am Ende offen, wie es nun mit den Solis' weitergeht. Ob sie doch noch den Kampf mit Libby aufnehmen? Den Wunsch des Erhaltes eines Kindes begraben? Oder ob Gaby durch das überwältigte Gefühlschaos nun in eine Krise gelangt? Nicht unwichtig auch die Frage, wie es nun um die Ehe bei den Solis stehen wird, da ja das Baby auch dienen soll, die Beziehung zu stärken.

Fazit

Die Episode hebt sich qualitativ ein Stück weit von den letzten ab und stellt insgesamt ein Höhepunkt in Staffel zwei dar. Das liegt daran, dass nun alle Storys richtig in Fahrt sind und viele gelungene lustige und dramatische Momente hervorbringen. Für die volle Punktezahl fehlt noch ein letzter Kick, was noch am Feinschliff in der Bree/Peter-Situation liegt.

Samuel W. - myFanbase

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