Bewertung

Review: #1.06 Man on the Street

Ich habe in den vergangenen Wochen von vielen Personen, Internetseiten und anderen Meinungsträgern verlauten hören, dass die siebte Folge von "Dollhouse" uns endlich all das bescheren soll, worauf wir als Zuschauer (Fan wäre zumindest für mich bislang wohl noch etwas hoch gegriffen) so sehnsüchtig warten. Nun merkt ihr ja sicherlich, dass das hier die Review zu sechsten Folge ist. Tja, wichtig ist mein Hoffen auf die Messias-Folge diese Woche gewesen, weil ich mit der Erwartungen an #1.06 Man on the Street ungefähr so lauteten: "Okay, Martin, diese Woche noch durchstehen und dann kommt endlich ein Highlight... nur noch die 50 Minuten ertragen und dann, ja dann wird alles anders." Tja, es kam schon vorher alles anders.

Die Kunst des Weglassens

Wie sich sicherlich in den letzten Reviews kaum verbergen ließ, bin ich bislang kein großer Fan der PotWs gewesen. Nun daran hat sich nichts geändert – im Gegenteil, meine Abneigung gegen die Wochenstorylines mit ihren übertrieben offensichtlichen Übertragungen auf Echos wirkliche Situation ist diese Woche noch gewachsen – weil ich endlich gesehen habe, wozu diese Serie imstande ist, wenn dieses teilweise nervige Accessoire einfach mal unter den Tisch fallen gelassen wird. Es ist ja sicherlich kein Zufall, dass die bislang beste Folge dieser Serie ausgerechnet die ist, in der auf eine "ausgereifte" (Achtung, sarkastische Anführungszeichen!) PotW verzichtet wurde. Denn erst durch die plötzlich frei gewordenen (und sonst so verschwendeten) 30 Minuten Sendezeit, die diese Woche mal mit wirklichem Inhalt gefüllt wurden, schwingt sich diese Folge zu meinem bisherigen Liebling auf. Okay, ich bin ein bisschen voreingenommen, weil ich eigentlich gute, pure Seasonarchfolgen immer besser finde als PotW-Folgen (viele meiner persönlichen TV-Episoden-Lieblinge sind pure Seasonarcfolgen... z.B. "Veronica Mars"' #1.21 Shelleys Party, "BtVS"' #5.05 Sein und Schein oder auch ein gewisse, sehr frische "Supernatural"-Folge), aber diese Folge hat den vorangegangen fünf einfach mal deftig in den Hintern getreten, was Qualität und Unterhaltungswert angeht.

Globale Institution

Aber mal weg mit den puren Lobpreisungen und hin zum tatsächlichen Inhalt dieser Folge: In keiner bisherigen Folge wurde so viel über die Institution Dollhouse wie in dieser aufgedeckt. Dass es sich bei der ganzen Angelegenheit nicht um eine einmalige Erscheinung handelt (was in den LA-zentrischen Universen mancher TV- und Filme-Macher ja undenkbar wäre!), gibt dem Ganzen nicht nur viel mehr Spielraum in Sachen Handlungsausbau, sondern bringt in die Logik hinter dem Dollhouse auch ein wenig mehr Realismus. Warum sollten sich auch ausgerechnet die prüden Kalifornier einen Luxus wie mietbare, gänzlich nach persönlichen Wünschen konstruierte Menschen gönnen, und beispielsweise Neureiche (Moskau) oder Ölscheichs (Dubai) nicht?

Eine solche Organisation in die Knie zu zwingen, scheint auf einmal wesentlich schwieriger für einen einzelnen – im Moment Ex- – FBI-Agenten. Aber er scheint ja Hilfe von Innen zu erhalten, die nicht den Namen Alpha trägt. Auch hier wieder eine Entwicklung, die mein Interesse weckt, denn langsam strickt sich hinter den üblichen Klischees, mit denen wir die vergangenen Wochen ja bombardiert wurden, eine wirkliche Charakterkonstellation, die Platz für Intrigen und gegenseitiges Ausmanövrieren (ist das wirklich ein Wort?) bietet. Die Spekulation darüber, wer da wohl dahinter steckt, überlasse ich mal jedem von euch – aber bedenkt: es muss kein Einzelgänger sein!

Mit Puppen spielt man

Hmm... es wurde dann auch ein wenig unangenehm in dieser Folge. Nach der Entwicklung, die Langton hin zur eindeutigen Vaterfigur genommen hat, wirkt die Geschichte um Sierras Handler wirklich ein bisschen sehr aufwühlend. Sicherlich ist Kindesmissbrauch kein gänzlich neues Thema im Fernsehen, aber hier wurde (in meinen Augen zumindest) erstmals in dieser Serie ein (wenn man es so nennen darf) "Klassiker" der ernsten TV-Serien-Inhalte auf interessante und nicht mit dem Holzhammer geschnitzte Weise umgesetzt. Zum ersten Mal musste man über die Folge hinaus denken – okay man musste nicht, man konnte – um den ganzen Umfang der hiermit angeschnittenen Thematik zu umfassen. Guter, ernsthafter Inhalt, der wirklich elegant und mehrschichtig umgesetzt wurde – ein Novum in dieser Serie bislang.

Was dann mit Mr. Hearn geschieht, geht weiter in die Richtung der oben schon angesprochenen, neu entdeckten Möglichkeiten des Intrigenspiels. Sicherlich ein wenig unrealistisch, dass anscheinend jeder in Ballards Umgebung in irgendeiner Weise mit dem Dollhouse verstrickt ist, aber so wird wenigstens das bislang extrem skurrile Verhalten von Mellie erklärt. Es scheint auch so, als hätten die werte Dame an den Hebeln des Dollhouses schon länger ein Auge auf den umtriebigen Agenten geworfen.

Der Weg durch den Sumpf

Um gleich mal bei unserem Lieblingsagenten zu bleiben: Ganz plötzlich ist er dran – ja fast mittendrin – am/im Dollhouse. Wie er ganz am Anfang sagte: "It can't possibly be this easy" – genau das dachte ich mir auch. Fast scheint es so, als wolle das Dollhouse gefunden werden. Was auch erklärt, warum DeWitt solche Hemmungen besitzt, ihn einfach auf klassische Sopranos-Weise loszuwerden, sondern ihm gleich durch mehrere Dolls bzw. Sleeper-Dolls auch noch Geleitschutz an die Seite stellt. Dass er jetzt den oben genannten "man on the inside" hat und ausgerechnet durch eine Sabotage an Echos Imprint kontaktiert wird, macht das Ganze sehr viel leichter und hebt die Nachteile, die seine Suspendierung beinhaltet, um Längen wieder auf. Außerdem erhält er durch den "Angriff" auf Mellie den heißen Hinweis, dass er an etwas dran ist und dies bemerkt wurde.

Apropos Suspendierung: Ich kann einfach nicht verstehen, dass er mit seinen Rambo-Methoden noch nicht im Gefängnis gelandet ist. Aber wenigstens sieht man, dass er ein Mann mit einer Mission ist. Verbissen, unnachgiebig, einzelgängerisch. Hmm... an seinem Klischee hat sich seit der ersten Folge ironischerweise am wenigsten geändert.

Schnipsel

Ja, eine Folge in der so viel passiert, verdient diesen Abschnitt:

  • The Attic ist anscheinend nicht nur eine Abstellkammer für Dolls, sondern eher eine allgemeine Müllentsorgung des Dollhouses. Ich frage mich, ob wir jemals erfahren werden, was das nun wirklich ist (und traurigerweise glaube ich, dass wir es werden – bei manchen Sachen will man einfach im Dunkeln gehalten werden).
  • Freundschaft und Erinnerung der drei Dolls werden immer komplexer und weitreichender. Obwohl Topher das schon vor einigen Wochen feststellte, sitzt er auf seinen Händen und unternimmt nichts dagegen. Strange.
  • Dichen Lachman bleibt die mit Abstand überzeugendste Doll-Darstellerin. Auch die Auftritte von Enver Gjokaj sind teilweise erschreckend grausam.
  • Zum ersten Mal kann ich eigentlich nichts über die Perfomance von Dushku sagen: entweder sie steigert sich oder ich gewöhne mich an ihre Art zu schauspielern. Hmm... ich frage mich was von beiden es ist...

Fazit

Durch den Verzicht auf eine PotW katapultiert diese Folge beinahe alle Staffelhandlungen nach vorne und sich selbst auf den Thron der bislang besten Folge.

Jep, das war doch mal wirklich gut (also nicht meine Review, sondern die Folge). Einige, kleinere Schwächen und die (inzwischen exorbitanten) Erwartungen an die nächste Folge verhindern noch die volle Punktzahl, aber so kann... nein so muss (!) es weitergehen.

Martin Schultze - myFanbase

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