Review: #1.09 Leben wider Willen
Wie weit dürfen Ärzte gehen, um einen Patienten zu retten? Dürfen sie sich über die Wünsche ihres Patienten hinweg setzten, um alles menschenmögliche zu unternehmen, um vielleicht die kleinste Chance auf Heilung zu nutzen? Oder müssen sie irgendwann aufgeben und sich eingestehen, dass man manchmal einfach nicht weiter kommt und man gegen die Erkrankung verloren hat? Damit ein Arzt sich nicht in einem solchen Dilemma wiederfindet, gibt es die Patientenverfügungen. In ihnen hält der Patient fest, welche Behandlungen für ihn vertretbar sind und wo er selbst die Grenze zieht. Es bietet vor allem schwer kranken Menschen mit wenig Chance auf Heilung ein letztes bisschen Selbstbestimmung.
Setzt sich ein Arzt über diese Patientenverfügungen hinweg, so wird er wegen Körperverletzung vor Gericht gestellt. Das wirft ungeahnte ethische Probleme auf, denn eine Patientenverfügungen kollidiert mit dem Grundsatz, dass ein Arzt einem Patienten in einer lebensbedrohlichen Situation helfen soll. Man kann jetzt endlose Diskussionen über den Sinn und Unsinn solcher Verfügungen anstellen, aber dafür ist hier der falsche Ort.
"Just let me find out what's wrong with you. Then if you still want to kill yourself, I'll give you a hand."
Als John Henry Giles, ein bekannter Jazzmusiker, ins PPTH eingeliefert wird, setzt House alles daran, zu beweisen, dass seine bisherige Diagnose, ALS, falsch ist und er in Wahrheit durch etwas anderes gelähmt ist. Wie Cuddy so schön in ihrem Vorgespräch mit House feststellt, sieht er in allem ein Puzzle, das er lösen muss und er vertraut keinem anderen Arzt neben sich, so dass er es als persönliche Mission sieht, Giles' Arzt Marty Hamilton zu diskreditieren. Natürlich bietet sich gerade ALS hierfür an, denn die heimtückische Erkrankung der Muskulatur ist bis heute nicht eindeutig nachweisbar, sondern wird in erster Linie durch ein Ausschlussverfahren diagnostiziert. Wenn also alles andere ausgeschlossen werden kann, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass eine ALS vorliegt.
Giles hat sich mit seiner Diagnose längst abgefunden und wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich gehen zu dürfen und verfasst noch im PPTH eine Patientenverfügungen. Es kommt, wie es kommen muss – obwohl Foreman eigentlich Hamiltons Arzt ist, vertraut er auf seinen Boss und Mentor und startet auf House' Verdacht hin eine Behandlung für Giles' mögliche Grunderkrankung und schickt ihn damit versehentlich in den sicheren Tod. House, der nicht einsieht, warum er sich einer Patientenverfügungen unterstellen soll, setzt sich über den Wunsch des Patienten hinweg und rettet ihm das Leben. Und landet dafür vor Gericht.
Eine halbe Stunde lang geht es schließlich zwischen den beiden Ärzten Hamilton und House hin und her. Es wird über Diagnosen gefachsimpelt und Ideen in den Raum geworfen, die allesamt im Sande verlaufen und am Ende sieht es fast so aus, als behielt Hamilton mit seiner Diagnose ALS Recht. Doch dann geschieht etwas, womit keiner gerechnet hat – Giles geht es besser. Zu dumm nur, dass House und sein Team den Musiker bis zu diesem Zeitpunkt mit allerhand Medikamente vollgestopft haben, so dass sie nun nicht mehr genau sagen können, was jetzt die Besserung verursacht haben könnte. Per Ausschlussverfahren wird schließlich ein Medikament nach dem anderen ab- und wieder angesetzt, nur um dann zu dem Schluss zu gelangen, dass es besser war, dass House nicht locker gelassen hat. Am Ende verlässt Giles aufrechten Ganges das Krankenhaus.
"You took a chance. You did something great. You were wrong, but it was still great. You should feel great that it was great. You should feel like crap that it was wrong. That's the difference between him and me."
Foreman gerät ob der Anwesenheit seines alten Freundes Hamilton in eine Gewissenskrise. Als er sieht, mit welcher Menschlichkeit Hamilton seine Patienten behandelt, beginnt er darüber nachzudenken, ob er selbst an der richtigen Stelle ist. House scheint ihn nicht zu respektieren, quält ihn, macht sich über ihn lustig und behandelt ihn wie den letzten Dreck. Dummerweise ist House jedoch gleichzeitig einer der brillantesten Köpfe des Landes, so dass man von ihm unheimlich viel lernen kann.
Das Gespräch zwischen House und Foreman gibt dabei zum ersten Mal einen richtig guten Einblick in das Seelenleben von Dr. Gregory House. Natürlich liegen ihm die Patienten nicht wirklich am Herzen und er ist ein Mensch, der gerne Puzzles löst. Aber er ist auch ein Arzt, der nicht leichtfertig eine Diagnose akzeptiert, sondern sich die Mühe macht, tiefer zu graben und nicht nur an der Oberfläche zu kratzen. Er fühlt sich großartig, wenn er Recht hat und fühlt sich mies, wenn er sich irrt. Für House ist Medizin nicht einfach nur ein Beruf, es ist seine Berufung. Er gibt sich nicht damit zufrieden, dass er eine mögliche Diagnose gefunden hat, sondern will diese mit Gewissheit vor sich selbst vertreten können. Und genau das macht ihm zu einem hervorragenden Mediziner.
Das erkennt am Ende auch Foreman, der das Angebot von Hamilton ausschlägt, mit ihm nach Kalifornien zu gehen, um dort als Partner in seine Praxis einzusteigen. Sicherlich war von vorneherein klar, dass Foreman nicht gehen wird, doch es war wichtig für die weiter Entwicklung von Foreman. Er weiß jetzt, dass er unter einem der größten Arschlöcher des Landes arbeitet, kann aber sicher gehen, dass er daran vor allem beruflich ungeheuer wachsen wird.
Fazit
House begibt sich während der Episode auf dünnes Eis und geht einmal mehr unbeschadet aus der ganzen Sache hervor. Natürlich sind es genau solche Fälle, die House klar machen, dass er mit seiner Art richtig liegt, Ethik hin oder her. Solange er Ergebnisse liefert, wird niemand ihn vor Gericht zerren oder ihm seine Grenzen aufzeigen. Er kann tun und lassen, was er will. Bis er sich irgendwann einmal irrt. Ob er dann mit den Konsequenzen leben kann, wird sich zeigen. Ich bezweifle jedoch, dass wir in nächster Zeit erleben werden, dass Dr. House auf einen medizinisches Rätsel keine Antwort hat.
Melanie Wolff - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: DNRErstausstrahlung (US): 01.02.2005
Erstausstrahlung (DE): 04.07.2006
Regie: Fred Keller
Drehbuch: David Foster
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