Bewertung
Tim Fehlbaum

Hell

"Die Sonne wird euch verbrennen."

Foto: Copyright: Paramount Pictures Germany
© Paramount Pictures Germany

Inhalt

Die Sonne spendete der Erde einst Leben, Licht und Wärme. Jetzt hat die Sonne das Leben aber unerträglich werden lassen. Die entfesselte Strahlkraft hat alles in ein ein verdörrtes, lebloses Ödland verwandelt. Deutschland wurde dabei nicht verschont. Die Wälder sind versengt, die Straßen sind mit Tierkadavern übersät. Wer sich gegen das blendende Licht der Sonne schützt, der hat eine Chance zu überleben. Marie (Hannah Herzsprung), Leonie (Lisa Vicari) und Philip (Lars Eidinger) befinden sich in einem abgedunkelten Fahrzeug und sind auf dem Weg in die Berge, in der Hoffnung auf Wasser zu stoßen. Kurz vorher machen sie Halt an einer Tankstelle und lesen dort Tom (Stipe Erceg) auf, der für sie noch zum Glücksfall werden wird. Dennoch bleibt ein Rest Misstrauen und die Anspannung innerhalb der Gruppe wächst. Durch einen Hinterhalt, in welchen die vier geraten, beginnt ein Kampf ums Überleben.

Kritik

"Hell" ist das Erstlingswerk eines Münchners, der die Hochschule für Fernsehen und Film in selbiger Stadt besucht hat, die schon Regisseure wie Caroline Link ("Nirgendwo in Afrika") oder Florian Henckel von Donnersmark ("Das Leben der Anderen") hervorgebracht und jetzt einem weiteren begabten Filmemacher den Weg geebnet hat, eine vielversprechende Karriere einlegen zu können. Anders als die beiden genannten widmet Tim Fehlbaum dem Genrefilm seine Aufmerksamkeit, was mit einem gewissen Risiko verbunden ist. Im Interview mit myFanbase erzählt Tim Fehlbaum ein bisschen von den Dreharbeiten und den Erwartungen an den Film.

Genrefilme aus der heimischen Produktion sind ziemlich rar, denn die meisten Filme beschränken sich auf Komödien oder Dramen und eher selten taucht ein Action-, geschweige denn ein Science-Fiction-Film auf. Aber woran kann das liegen? Sind deutsche Produktionsfirmen gar nicht in der Lage dazu, oder wird es ihnen nur unterstellt, wodurch eine regelrechte Abneigung zu diesen Filmen aufgebaut wird? Oft genug kommt es vor, dass Studios aus Hollywood Deutschland als Requisite nehmen, und somit das Potential als auch das Know-How mitbringen. Dies war in "Unknown Identity" oder Polanskis "Der Pianist" so, und auch in Zukunft wird sich daran wohl nichts ändern. Der Grund für diesen Umstand ist ein einfacher. Deutsche Produktionsfirmen und dessen Angestellte sind im Vergleich zu den amerikanischen Kollegen deutlich günstiger, aber besitzen zugleich dieselben Fähigkeiten. Wenn die Liste fortgeführt wird, dann gibt es da noch Tarantinos "Inglourious Basterds" oder Roland Emmerichs "Anonymous" zu nennen. Es sind deutsche Filme, die tatsächlich gar keine sind, und wo deutsche Firmen nur als Mittel zum Zweck gedient haben. Dieser Zweck ist die Kostenersparnis, welche ihren Höhepunkt bei Tom Tykwers "Wolkenatlas" finden wird. Eine 100-Millionen Euro teure Produktion, die mit knapp 15 Millionen Euro deutscher Förderanstalten subventioniert wird.

Unter diesen Voraussetzungen erscheint ein kurzweiliger Sci-Fi-Thriller aus Deutschland wie ein kleines Wunder. Auch die Produzenten müssen viel Vertrauen aufgebracht haben, als sie die Idee zum Film gehört haben. Insbesondere das Vertrauen in einen Regisseur, der noch keinen ganzen Spielfilm gedreht hat. Doch nur aus Erfahrung lernt der Mensch dazu, und wo diese noch nicht ausgeprägt ist, dort muss sie gefördert werden. Diese Förderung war nicht nur finanzieller, sondern auch beratender Natur. Hier stand Fehlbaum der schon eben genannte Stuttgarter Roland Emmerich zur Seite.

Entstanden ist dabei ein durchweg unterhaltsamer, wenn auch kein überragender Film, der es geschickt versteht, den Zuschauer bei Laune zu halten. Er wird einem gleich von Anfang an sympathisch. Die Kamera verfolgt dabei eine Frau, die durch einen dunklen Wald vor fremden Menschen davon rennt. Einzig die wackelige Kameraführung könnte beim Zuschauer ein Unwohlsein hervorbringen, doch diese bessert sich glücklicherweise im Verlauf des Filmes.

Die Hauptrolle wurde hierbei an die talentierte und erfahrene Hannah Herzsprung vergeben, die ihr Können schon in Filmen wie "Der Baader Meinhof Komplex", gemeinsam mit Stipe Erceg, oder "Lila, Lila" gezeigt hat. Mit ihren Schauspielkollegen überträgt sie eine ganze Gefühlswelt an den Zuschauer. Ihre Angst, ihre Frustration oder ihr Hass kann der Zuschauer genauso nachvollziehen, wie ihren Willen zu Überleben. Nur wer darauf wartet, einen Splatter vorzufinden, der ist hier deutlich Fehl am Platz. Immer wieder entstehen Schockmomente und die Erwartung, dass es zu einer blutgeladenen Inszenierung kommen könnte, doch das passiert nicht. Anstatt mit Bildern zu arbeiten, arbeitet Fehlbaum mit dem "Was wäre wenn"-Gedanken als auch mit der nicht im Vordergrund stehenden Gewalt. Das ist ein großer Pluspunkt dieses Filmes, denn es hätte dem deutschen Genrefilm nichts gebracht, wenn aus "Hell" ein durchschnittlicher Horrorfilm entstanden wäre, der sich in keinem Punkt von denen aus US-amerikanischer Produktion unterscheidet.

Fazit

"Hell" bietet kein Blut und kaum Gewalt, dafür spannende Unterhaltung mit einigen Überraschungen, die die moralischen Grundsätze zivilisierter Menschen in den tiefsten Wurzeln angreift und zum Nachdenken anregt, denn die Sonne verbrennt hier nicht nur die Oberfläche der Erde, sondern auch die meisten verfassten gesellschaftlichen Regelwerke.

Tim Fehlbaum in Interview mit myFanbase

Ignat Kress - myFanbase
16.09.2011

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