Interview mit Tim Fehlbaum auf dem Fantasy Filmfest 2011 in Stuttgart
Tim Fehlbaum feiert mit "Hell" sein Regie-Debüt und landet damit einen Knüller. Der von Thomas Wöbke und Gabriele Walther produzierte Film ist ein atmosphärisch dichter Thriller, der das psychologische Spiel mit menschlichen Urängsten durch intensive Bilder und eine eindringliche Erzählweise körperlich spürbar werden lässt. Dabei bedient sich Fehlbaum den Fähigkeiten einer sowohl Hannah Herzsprung und Lisa Vicari als auch eines Lars Eidinger und Stipe Erceg. Die Geschichte erzählt von Marie die gemeinsam mit ihrer Schwester Leonie und dem Freund Philip in einem abgedunkelten Auto ins Gebirge fährt. Auf dem Weg dorthin sehen sie, was die Sonne aus der Erde gemacht hat - ein verdorrtes, lebloses Ödland - und lesen an einer Tankstelle Tom auf.
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Teil 2: Inhalte des Films | Teil 3: Rezeption und Ausblick
Wie kam es dazu, dass du die Chance bekommen hast "Hell", deinen ersten großen Film, zu drehen? Du bist schließlich ein richtiger Newcomer, abgesehen von Kurzfilmen und diversen Kleinproduktionen, ist dein Namen noch nicht sehr oft gefallen.
Es waren verschiedene Schritte, die dazu geführt haben. Ich habe zunächst auf der Filmhochschule in München studiert und dort habe ich auch Kurzfilme gedreht. Einen Kurzfilm, den ich dort 2005 gemacht habe, sollte von der Richtung, dem Stil und der Atmosphäre her in die Richtung von "Hell" gehen. Das war auch so ein apokalyptischer Film. Es war ein Zombiefilm, der "Am Flaucher" hieß. Eine ganz einfache Geschichte: Ein Paar, welches an der Isar lebt, von Zombies überfallen und dann selber zu Zombies wird. Das habe ich damals im Schnellflug, also mit kaum Vorbereitungszeit, gemacht. Die Geschichte an einem Tag ausgedacht, eine Woche vorbereitet und dann gedreht. Das Ganze entstand mit zwei Schauspielern. Ich wollte das auch machen, um so etwas wie eine Visitenkarte zu haben, um auch sagen zu können: "Das will ich machen, aber auch in lang." "Hell" sollte ursprünglich ein Zombiefilm werden.
Deshalb gibt es im Film hin und wieder solche Momente, wo der Zuschauer meinen könnte…
Ja, wenn man die Vorgeschichte kennt, dann fällt es einem stark auf.
Die Entwicklung ist auch stark zu erkennen…
Ja, das habe ich dann auch gezeigt. Und damals haben Thomas Wöbke und Gabriele Walther, die Produzenten, das dann gesehen und meinten: "Ja, so etwas in lang, aber wir sollten uns was anderes einfallen lassen." Wir haben dann ewig an der Story herum überlegt, und dann gemeinsam mit Oliver Kahl, einem ehemaligen Mitstudenten von mir, gemerkt: "Irgendwie erinnert es an '28 Days Later' und wir müssen versuchen was Neues zu finden." Dann kamen wir irgendwann auf die Idee mit der Sonne. In erster Linie interessiert mich am Anfang ein Bild oder eine Ästhetik.
Deshalb dann auch die Anfangsszene im Film, wo Lars Eidinger sich zunächst bekleidet und dann aus dem Auto steigt. Eine leere Autobahn, die Sonne scheint ihm direkt ins Gesicht…
Ja, genau!
Das hast du wahrscheinlich auch in anderen Filmen in der Form gesehen. Aus den neusten Filmen beispielsweise "The Book of Eli". Kann das sein?
Ja, also zu "The Book of Eli" oder auch "The Road" gibt es da auch inhaltlich Parallelen. Aber wir haben die Story gehabt, noch lange bevor diese Filme herausgekommen sind. So was ist natürlich ärgerlich, aber dann denkt man sich: "Es gibt so viele Filme zu dem Thema und es ist unerschöpflich." Von der Geschichte, von den Figuren und von der Visualität her ist unser Film ganz anders als die genannten Beispiele. Nur das Thema "Apokalypse" verbindet sie.
Ich denke nicht, dass es die Zuschauer einem Übel nehmen werden, wenn sie Parallelen sehen. Dein Film ist schließlich keine 1-zu-1 Kopie.
Nein, das ist der Film auf keinen Fall. Wir haben am Ende auch gemerkt, dass der Film ganz anders ist. Am Anfang stand die Idee im Vordergrund, dass die Charaktere in einem abgeklebten Auto herumfahren. Sie sind auf eine gewisse Art so wie Vampire, weil sie sich tagsüber nicht aus ihrem Auto herauswagen und bevor sie herausgehen, müssen sie sich vermummen. Wenn sie dann raus gehen, ist alles sehr überstrahlt. Und dieses Überstrahlte hilft auch enorm, wenn man nicht sehr viele Mittel zur Verfügung hat.
Wie hast du es geschafft, dieses Überstrahlen zu bewirken? Deine Mittel hierbei waren mit drei Millionen Euro wirklich begrenzt. Für CGI-Effekte ist da sicherlich nicht viel übrig geblieben. Wir wurde es dann gemacht. Mit riesigen Scheinwerfern?
Es ist eher eine Mischung aus verschiedenen Sachen. Man kann dafür natürlich nicht einfach die Blende aufdrehen. Dann sieht es scheiße aus. Der Kameramann Markus Förderer hat sehr viel getestet mit Einstrahlungen, Spiegelungen und anderen verschiedensten Sachen. Wann immer es möglich war, haben wir direkt mit der Sonne gearbeitet. Damit wir dieses Sonnenlicht einfangen. Da haben wir einfach in die Optik gestrahlt, und wenn die Sonne in der anderen Richtung stand, dann halfen uns für die Beleuchtung riesige Spiegel. Die haben das Ganze dann eingestrahlt und geblendet. Wenn mal keine Sonne da war, mussten wir mit kleinen Taschenlampen arbeiten. Und unser Executive Producer hat uns immer gesagt, was sehr wichtig war: Wir sollen mit Staub arbeiten. Es war immer sehr aufwendig, diese Windmaschinen aufzubauen, die den Staub, vielmehr Urgesteins-Mehl, durch das Bild geweht haben. Der Staub fängt nochmal zusätzlich das Licht ein, was das ganze dann noch wüstenartiger macht.
Habt ihr dann den ganzen Film auf Korsika gedreht?
Nein. Zwei Drittel haben wir in Deutschland gedreht und das andere Drittel auf Korsika.
Hauptsächlich die Waldszenen?
Ja, genau. Immer wenn es richtig verbrannt aussieht, ist es Korsika. Aber da der Film hauptsächlich von deutschen Förderanstalten unterstützt wurde, mussten wir vieles in Deutschland drehen. Was ich für den Film auch richtig fand, damit man sieht, dass der Film in Deutschland spielt. Das haben wir dann auch gemacht, in Bayern. Und die Szenen vor der Tankstelle zum Beispiel in Berlin Brandenburg. Aber Korsika war genial, weil kurz bevor wir dort angekommen sind, gab es einen Waldbrand. Da konnten wir uns um 360° schwenken und es war verbrannt. Wir konnten noch sehr gut den Geruch der Asche riechen.
Für die Schauspieler war es dann sicherlich einfacher sich in die Situation hineinzuversetzen.
Das war es auf jeden Fall! (lacht)
Wenn wir schon bei den Schauspielern sind. War es deine Entscheidung, dass du Hannah Herzsprung genommen hast, oder wurde sie dir zugeteilt?
Bei dem ganzen Film war es so, dass ich viel Entscheidungsfreiheit hatte, weil auch die Produzenten besonders viel Wert darauf gelegt hatten. Ich sollte den Film im kleinen Rahmen, wie die Kurzfilme drehen, ohne das mir dabei etwas aufgedrückt wird, was ich nicht will. Hannah Herzsprung habe ich in "Vier Minuten" gesehen und festgestellt, dass sie ein Wahnsinns-Talent hat.
War es dann auch beabsichtigt Hannah Herzsprung in einer Szene so ins Licht zu stellen, dass sie aussieht wie Maria Magdalena in "Die Passion Christi"?
Das ist gut beobachtet. Sagen wir mal so: Es war nicht beabsichtigt, ich habe es dann beim Dreh gemerkt, aber ich habe es nicht verhindert. Im Film heißt sie dann auch noch Marie, so nebenbei.
Hattest du dann am Set die Oberhand, oder haben die Schauspieler dich geleitet, wie sie sich gerne ablichten lassen möchten?
Also ich war nicht der "Big Boss" am Set und das habe ich ihnen auch so vermittelt. Ich konnte aus ihren Erfahrungen nur profitieren. Zum Beispiel von Angela Winkler, die schon mit unzähligen Regisseuren zusammengearbeitet hat. Bei ihr war es dann so, dass wir die Szenen immer zusammen erarbeitet haben. Zudem habe ich mal ein Interview von Ridley Scott angeschaut, wo er zur Besetzung des Filmes "Alien" etwas gesagt hat. Dort meinte er, dass er den Film so gut wie möglich besetzen wollte, damit er sich so wenig wie möglich um die Schauspieler kümmern muss, und dafür mehr Zeit für die Technik hat. So war es dann auch bei mir.
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