Bewertung

Review: #2.14 Dr. Robert Bischoff

Foto: John Noble, Fringe - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
John Noble, Fringe
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Wenn oben rechts in meinen "Fringe"-Reviews Punktzahlen wie Sieben, Acht oder Neun auftauchen (letzteres gab es übrigens noch nie!!), dann bedeutet das meistens, dass wir dem eigentlichen "Fringe"-Mysterium (Parallelwelten) ein wenig näher gekommen und tiefer in die Materie der Serie eingetaucht sind. Doch diese Folge befasst sich größtenteils gar nicht damit und trotzdem steht da oben eine Sieben. Hmm, was ist da wohl falsch gelaufen? Oder besser gefragt: Was hat diese Episode richtig gemacht?

Neue Mysterien

Nach einer Sieben-Punkte-Episode sah das Ganze anfangs nicht wirklich aus. Denn zunächst erweckte diese Folge den Eindruck, als bekämen wir es erneut mit einer typischen "PotW"-Episode zu tun. Wobei ich mich schon gefragt hatte, wieso die Großmutter des Bräutigams auf einmal so schockiert war, als sie den ominösen Mann unter den Hochzeitsgästen sah – denn vom äußerlichen Aussehen her musste ich (den Klischees sei Dank) sofort an das nationalsozialistische Deutschland denken. Als dann auch noch zur Sprache kam, dass die Dame eine Holocaust-Überlebende war, war meine Interesse geweckt. Sofort glaubte ich, der Mann wäre ein verrückter Hitlerfetischist, der es unbedingt als notwendig sieht, Holocaustüberlebende auszulöschen. Ohhhhh, auf was für eine falsche Fährte mich die Folge gesetzt hatte. Denn der Wissenschaftler, der ein Gift testen wollte, das eine bestimmte Menschengruppierung aus einer Menge heraus gezielt töten kann, entpuppt sich als deutscher Forscher, der während des Hitlerregimes aktiv war. Was daran so besonders ist? Nun, zwischen 1943 und 2010 ist der Mann, wie auf dem Foto am Ende zu sehen, äußerlich kein Jährchen gealtert. Die Beobachter lassen grüßen! Was genau das bedeutet? Das weiß ich auch nicht so genau. Bisher hatten wir in "Fringe" immer das große Hauptmysterium der Parallelwelten, doch mit dieser Episode wurde eine neue Facette miteingebaut: Zeitreisen. Zugegeben, das ist natürlich nur Spekulation, doch man kann nicht behaupten, der Wissenschaftler stamme aus einer anderen Welt. Denn schließlich war er zusammen mit Walters Vater auf dem Bild zu sehen, das definitiv in unserer Welt gemacht wurde. Also bleibt als naheliegendste Methode nur, dass sich die Serie nicht nur mit Weltenreisen, sondern auch mit Zeitreisen beschäftigt, was wiederum zeigt, dass "Fringe" tatsächlich mehrere Facetten an Mysterien aufzuweisen hat. Und man kann nicht sagen, dass Zeitreisen zu weit hergeholt wären, da das Thema schon einmal im Zusammenhang mit den Beobachtern genannt wurde.

"Family is very important to me. There's nothing I wouldn't do"

Des Weiteren hatte mir die Folge deshalb gefallen, weil der Fall der Woche zunächst recht "normal" erschien und erst in der Mitte herauskam, dass der Fall (wieder einmal) in Verbindung zu Walter stand, da Walters Vater in den 40er Jahren in Deutschland gelebt hatte und Erfinder des grausamen Giftes war. Wirklich überraschend war das jedoch nicht, weil Walter irgendwie immer in irgendeinem Zusammenhang mit den Fällen steht. Entweder kannte er die Wissenschaftler, die dafür verantwortlich waren (bspw. in #2.12), oder er war selbst an den Forschungen beteiligt, oder eben sein Vater hat was damit zu tun gehabt. Alles nur Zufall? Irgendwie bezweifle ich das schon fast. Wie dem auch sei, fand ich es gut, dass wir so ein wenig von Walters Vergangenheit bzw. von seiner Familie erfahren haben. Und außerdem haben wir herausgefunden, dass Familie für Walter offenbar etwas sehr Wichtiges zu sein scheint, wie er selbst gesagt hatte, was ihn letztlich sogar dazu verleitet hat, das erste Mal in der Geschichte der Serie zu morden. John Nobles Mimik war wieder einmal großartig, als er den deutschen Wissenschaftler mit seinem eigenen Gift umgebracht hat. Es war kein kalter Gesichtsausdruck, den Walter da inne hatte. Eher ein fest entschlossener und gleichgültiger Blick, der gezeigt hat, dass man die Ehre der Familie Bishop besser nicht beflecken sollte.

"I kept my tuxedo in the hope that one day I would have a son who would wear it. You could wear it on your wedding day."

Und tatsächlich, tatsächlich (und ich konnte es gar nicht fassen), hatte es den Anschein, dass die Autoren doch vor haben, zwischen Olivia und Peter die Funken sprühen zu lassen. Zumindest war Walters Kommentar, Olivia wäre die perfekte Frau für Peter, einen Hoffnungsschimmer wert. Doch was heißt hier Hoffnungsschimmer? Eine Beziehung würde ich den beiden momentan absolut nicht abkaufen, da ich noch nicht einmal ihre "Freundschaft" für eine wirklich solche halte. Alles wirkt noch so oberflächlich und selbst wenn die Autoren zwischen Olivia und Peter mal eine tiefergehende Konversation stattfinden lassen, so wirkt das immer noch gewollt und nicht gekonnt. Man merkt beinahe, wie man den beiden solche Szenen aufzuzwingen versucht. Doch bei aller Kritik: Eine Änderung (und vor allem: eine Besserung) ist definitiv erkennbar und wenn es den Autoren gelingt, dass ich die Freundschaft zwischen den beiden glaubhaft abkaufe, dann können sie auch gerne einmal einen Schritt weiter gehen. Aber bis man diesen Schritt einleitet, sollte man wirklich noch ein wenig mehr Charakterarbeit leisten. Speziell bei dem vermeintlichen Hauptcharakter müsste man endlich mal ein wenig tiefer gehen. Bevor man sich an Beziehungen heranwagt, sollte man eventuell doch erst an den Einzelpersonen arbeiten. Aber dass ich mich jetzt schon zu einer potentiellen Beziehung zwischen Olivia und Peter äußere, ist ungefähr genauso unnötig wie die zahlreichen "PotW"-Episoden dieser Serie. Schließlich sind wir gerade erst in der zweiten Staffel und die Autoren lassen sich bekanntermaßen des Öfteren mit Entwicklungen aller Art Zeit.

"The Nazis …"

Natürlich werden wir Deutsche die Episode ganz besonders genau unter die Lupe nehmen, da ich es immer wieder interessant finde zu sehen, wie klischeegeladen wir in amerikanischen Filmen dargestellt werden. Okay, "wir" wurden natürlich nicht dargestellt, sondern eben ein Forscher, der offenbar nicht gerade abgeneigt war vom Hitlerregime. Abgesehen von dem irgendwie typisch kalten und glattgebügelten Aussehen wurde der Wissenschaftler auch recht grausam dargestellt. Nicht nur, dass er eine Hochzeitsgemeinschaft einfach tötet (wobei man sich meiner Meinung nach hätte sparen können, das Thema Holocaust reinzubringen, obwohl es zweifelsohne einen interessanten Eindruck hinterlassen hat), sondern der Mann schreckte auch nicht davor zurück, kleine Kinder zu ermorden. Ich bin nur froh, dass das Ganze mit der Zeitreise (oder was auch immer) aufgelöst wurde und es sich nicht tatsächlich einfach nur um einen deutschen Hitlerfetischisten gehandelt hat, da das natürlich wieder einmal ein tolles Bild auf uns geworfen hätte. Übrigens amüsiert es mich immer wieder (und alle, die Serien im Originalton mitverfolgen wahrscheinlich auch), wenn man eine deutsche Rolle mit einem amerikanischen Schauspieler besetzt, der dann verzweifelt versucht, so authentisch wie möglich deutsche Sätze und Wörter über die Lippen zu bringen. Da wird dann eben schnell einmal aus "Verräter" so etwas wie "Fritör". Aber gut, die amerikanischen Zuschauer werden es für authentisch halten, für uns deutsche Zuschauer hingegen ist das eher amüsant.

Fazit

Um auf meine anfängliche Frage zurückzukommen, was diese Folge richtig und ziemlich gut gemacht hat: Aus einer scheinbar einfachen "PotW"-Folge wurde eine komplexe Episode, die sich mit der Vergangenheit einiger Hauptcharaktere beschäftigt, ein wenig Charakterarbeit leistet und zu guter Letzt zeigt, dass "Fringe" offenbar facettenreicher und mysteriöser ist, als manche es anzunehmen wagen. Die Serie kann neue Türen öffnen, die mal nicht in ein andere Welt führen. Sehr schön!

Manuel H. - myFanbase

Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:


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