Review: #5.06 Durch den Spiegel, und was Walter dort fand
Eines ist der Episode #5.06 Through the Looking Glass and What Walter Found There schon einmal sicher: sie wird wohl als Folge mit dem längsten Originaltitel ins "Fringe"-Geschichtsbuch eingehen. Und wieder mal: Hooray!! Gleichzeitig hat diese Folge mit ihrem Titel auch ein wenig aufs Glatteis führen können. Einige von euch wissen vielleicht, dass der Titel eine Anspielung auf Lewis Carrolls Fortsetzung von "Alice im Wunderland" ist, das in Großbritannien unter dem Titel "Through the Looking-Glass and What Alice Found There" erschienen ist und in dem die Titelheldin Alice in einem parallelen Universum landete. Moment. Paralleles Universum?!?! Bei diesem Begriff schrillen bei uns "Fringe"-Zuschauern natürlich alle Alarmglocken und man hätte tatsächlich für eine Sekunde mit dem Gedanken spielen können, dass in der sechsten Episode dieser Staffel das erste mal seit #4.20 Getrennte Welten das Paralleluniversum eine Rolle spielen könnte. Da hätte auch der Begriff "Looking Glass" wundervoll dazugepasst, schließlich war es ein Art Spiegel, mit dessen Hilfe Walter in #2.16 Peter einst das alternative Universum entdeckte.
"There are few places on earth, where two plus two does not equal four. And this is one of them."
Aber nein, leider landet Walter in dieser Episode nicht im Paralleluniversum bei Bolivia, Walternate und Lincoln, sondern in einem "Taschenuniversum", in dem die Gesetze der Physik verrückt spielen und wo Walter erhofft, ein weiteres wichtiges Puzzleteil zu ergattern, der für den Kampf gegen die Beobachter vonnöten sein könnte. Ganz recht, auch in dieser Folge hält man an dem Schema fest, das Team ein weiteres Videoband aus dem Bernstein befreien zu lassen, welches die Protagonisten zum nächsten Puzzleteil leiten soll. Gebessert hat sich meine Einstellung gegenüber der munteren Schnitzeljagd zwar nicht, aber ich denke, dass es nach der Hälfte der Staffel Zeit ist, sich mit dieser Gestaltung der finalen Runde zu arrangieren und das Beste daraus zu machen.
Anfangs war es auch nicht wirklich schwer, über meinen Unmut, was die grundsätzliche Inszenierung dieser Staffel betrifft, hinwegzusehen. Viel zu interessant erschien zu Beginn nämlich die Idee des Taschenuniversums, in dem sich Walter wiederfand, nachdem er ein paar herrliche Schrittkombinationen zum Besten gab. Dass sich der nächste Bestandteil von Septembers Plan sicher versteckt in einem selbst erschaffenen Universum befinden sollte, in dem die Gesetze der Physik außer Kraft gesetzt sind und ein anderes Verständnis von Raum und Zeit herrscht, war eine richtig gelungene Idee mit sehr interessanten Ansätzen. Was die Umsetzung betrifft, kann man allerdings nicht wirklich zufrieden sein, denn das Taschenuniversum fiel insgesamt extrem unspektakulär aus, woran auch ein paar sich bewegende Fenster, auf dem Kopf hängende Gemälde sowie an Decken geklebte Stühle nichts änderten. Es fällt jedoch schwer, das wirklich als Kritikpunkt zu benennen, denn anhand des geringen Budgets dürfte jedem klar sein, dass man keine Effekte wie in "Inception" erwarten darf.
Dahingegen ist aber zu kritisieren, wie inkonsequent man mit dem Thema der Zeitdilatation umgegangen ist. Durch Cecil, den im Taschenuniversum gefangenen Mann, erfahren wir, dass er 20 Jahre (also ungefähr 7300 Tage) im Taschenuniversum wie fünf Tage wahrgenommen hat. Wenn man nun ein wenig 6.-Klässler-Mathematik betreibt, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Zeit im Taschenuniversum also 1460 mal langsamer vergeht. Ohne nun weitere Rechnungen anzustellen, dürfte klar sein, dass Peter und Olivia nach dieser Logik erst Tage später zu Walter ins Taschenuniversum hätten stoßen können und nicht, wie in der Folge dargestellt, nach wenigen Stunden. Von einer Serie wie "Fringe" erwartet man natürlich nicht, dass sie wissenschaftlich absolut korrekt arbeitet, aber wenn man schon solche Sachen, wie Zeitdilatation thematisiert, dann doch bitte auch ein wenig gewissenhafter und nicht nur, um einen "Waaaas? Der Typ ist seit zwanzig Jahren gefangen und glaubt, es seien nur fünf Tage? Und waaas? Der Typ hat auch noch eine Ehefrau, die seit zwanzig Jahren auf ihn wartet und er denkt, alles sei in Ordnung, weil er schließlich nur fünf Tage weg war?!"-Empathieeffekt beim Zuschauer hervorrufen zu wollen oder nur, um ein wissenschaftliches Phänomen in den Raum zu werfen, damit das Taschenuniversum noch verquerer erscheint.
"These markings are very strange." "Of all the things we've seen in here, Walter, that's what you find strange?"
Die Endbilanz dieser Schnitzeljagd war dann sogar weniger ernüchternd, als ich stellenweise befürchtet hatte. Große Fortschritte innerhalb der Handlung? Fehlanzeige. Aussichtsreiche Aspekte, die für die kommenden Folgen noch sehr relevant und interessant sein könnten? Aber hallo! Zum einen fiel zum wiederholten Male der Name Donald und langsam aber sicher wird deutlich, dass diese unbekannte Person eine Schlüsselrolle einnehmen könnte und daher bin ich schon sehr gespannt darauf zu erfahren, wer Donald ist und ob man mit ihm einen neuen Charakter einführt, oder sich dahinter gar eine altbekannte Figur versteckt. Zum anderen gab es da natürlich die Rückkehr des Beobachterkindes aus #1.15 Ohne Worte, die mich fast aus den Socken haute. Dass man tatsächlich noch mal auf den Ein-Episoden-Storyarc aus dieser Staffel 1-Episode zurückgreift, in der ein stummes Kind in einem abrissreifen Gebäude aufgefunden und am Ende deutlich wird, dass dieses Kind irgendeine Form von Beobachter sein könnte, hat mich wirklich sprachlos gemacht und ich bin sehr heiß darauf zu sehen, was es mit dem Kind nun auf sich hat und wie es dem Team helfen soll, die Beobachter zu besiegen. Und auch das kleine Radio, das Olivia aus dem Taschenuniversum mitgenommen hat und offenbar irgendwie hilfreich für das Team werden könnte, bleibt rätselhaft. Der Ausflug ins Taschenuniversum hat sich also offenbar mehr gelohnt, als der kleine Trip in die Wälder Pennsylvanias in #5.03 The Recordist oder zur stillgelegten U-Bahn-Station in #5.04 The Bullet That Saved The World.
"Please son, whatever happens, don't let me go." "I wont, I promise."
Der Ausflug ins Taschenuniversum lohnte sich aber letztendlich auch für alle Fans von Walter bzw. John Noble, der in den vergangenen Episoden ein wenig kurz kam. Am Ende dieser Folge bekommen wir aber eine wirklich schöne Darbietung geliefert, als Walter seinem Sohn gesteht, dass er mehr und mehr befürchtet, er könnte zurück in seine alte Verhaltensweise fallen und wieder zu dem Walter werden, dessen Gehirn noch vollständig ist. Es war gut, dass man dieses Thema noch einmal aufgegriffen hat und nicht vom Tisch zu sein scheint. Schließlich deutete nach #4.19 2036 alles darauf hin, dass wir in Staffel 5 einen Walternate-aeskeren Walter zu sehen bekommen, doch diese Befürchtung wurde nach dem Staffelauftakt ziemlich abrupt ad acta gelegt. Daher gut, das Ganze wieder zu thematisieren und Peters Versprechen an Walter, dass er das nicht zulassen werde, erinnerte an die zahlreichen starken Bishopszenen, die uns die Serie bisher bot und von denen es in dieser Staffel leider etwas wenig gibt. Durch die letzte Szene bekam zudem auch der Gastcharakter Cecil irgendeine Relevanz, dessen Anwesenheit in dieser Episode nämlich sonst ziemlich unnötig war.
Doch nicht nur Walter dürfte sich momentan recht unwohl fühlen, sondern auch Peter. Zugegeben, es wäre natürlich cool, alles und jeden problemlos in den Arsch treten und ein wenig hin und her teleportieren zu können, ohne Frage. Und Peter sei es durchaus gegönnt, nachdem Olivia ja bereits im Staffel 4-Finale Pistolenkugeln abfangen und zurückschleudern durfte. Aber spätestens, als man sieht, dass Peter die Welt um sich herum nun genauso wahrnimmt, wie die Beobachter, wird klar: Nein Peter, es war keine kluge Entscheidung sich mal eben eine wildfremde Technologie aus dem Jahre 2609 einzupflanzen und der wirkungsvolle "daaa dam!"-Schlussakkord lässt erahnen, dass wohl noch weitaus Schlimmeres mit Peter passieren wird. Was genau, das bleibt nach wie vor offen, aber abgesehen von den Auswirkungen auf Peter stellt sich die Frage, was nun Captain Windmark, der sehr offensichtlich in Kenntnis ist, dass Peter sich die Beobachtertechnologie implantiert hat, plant, zu tun. Ein großer Fan dieser Storyline möchte ich aber irgendwie nicht werden, weil ich doch allzu sehr befürchte, dass das Ganze auch große Auswirkungen auf Peters Charakter haben wird und somit der Ehe zwischen Olivia und ihm schwere Zeiten bevorstehen könnte. Und das ist verdammt schade, denn vor allem die Szene zwischen den beiden zu Beginn der Episode, in der sie Ettas Tod betrauern, war einer der Höhepunkte. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich mehr befürchten soll: Dass Peter bald nicht mehr in der Lage ist, Gefühle zu empfinden, oder dass er eines Tages mit einer Glatze aufwacht.
Fazit
An sich hatte #5.06 Through the Looking Glass and What Walter Found There richtig tolle Ansätze, aber leider hakte es gewaltig an der Umsetzung. Bei der unspektakulären Darstellung des Taschenuniversums kann man noch mal ein Auge zudrücken, aber der dilettantische und inkonsequente Umgang mit dem wissenschaftlichen Aspekt der Episode, hat einem ein wenig den Spaß an dieser eigentlich richtig interessanten Idee geraubt. Dafür gab es inhaltliche Entwicklungen, die teils absolut unerwartete Richtungen einschlugen und einige neue Fragen und Mysterien aufwerfen konnten, die eine gute Basis fürs weitere Geschehen darstellen dürften.
Und auch, wenn man noch keine Ahnung, wie die jüngsten Entwicklungen (das Wiederauftauchen des Beobachterkindes, Peters Transformation, ...) letztendlich relevant für den finalen Akt der Serie/Staffel sein werden, so kann man sich sicher sein, dass die Autoren diesmal wirklich wissen, wie sie das sinnvoll einbauen. Schließlich haben J.H. Wyman und Co. schon genau das Ende der Serie vor Augen und werden so einen sicheren Weg zum Ziel haben. Das ist auch gut so, denn manchmal fühlte es sich eher so an, als hätten die Autoren nicht wirklich ein bestimmtes Ziel vor Augen. Und schon "Alice im Wunderland" lehrte uns passenderweise, dass in so einem Fall dann auch die Entscheidung nach dem Weg, den man einschlagen soll, vollkommen irrational sein kann:
"Would you tell me please, which way I ought to go from here?" "That depends a good deal on where you want to get to." "I don't much care where." "Then it doesn't matter which way you go."
Man könnte fast glauben, dieser Ausschnitt diente den Autoren als Inspiration für die vierte Staffel, meint ihr nicht?
Manuel H. - myFanbase
Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
Du kannst hier mit anderen Fans von "Fringe" über die Folge #5.06 Durch den Spiegel, und was Walter dort fand diskutieren.
Informationen zur Episode
Englischer Titel: Through the Looking Glass and What Walter Found ThereErstausstrahlung (US): 09.11.2012
Erstausstrahlung (DE): 15.02.2013
Regie: Jon Cassar
Drehbuch: David Fury
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