Bewertung

Review: #1.02 Der Königsweg

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Sophie Turner, Game of Thrones
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Mit der zweiten Episode von "Game of Thrones" widmen wir uns, nach dem eher allgemeinen Urteil zum Einstieg in die Serie zum Piloten, mit dieser Review nun langsam dem Tagesgeschäft. Mir als Kenner und Liebhaber der Vorlage steht die Aufgabe bevor, dass Gesehene unabhängig von meinem Vorwissen und meinen diesbezüglich bereits ausgeformten Vorlieben und Abneigungen zu bewerten und so auch den Lesern unter euch einen Mehrwert mit diesem Text abzuliefern, die das Buch nicht kennen. Ich gebe mein Bestes bei diesem Vorhaben und versuche die Bezüge zum Roman aufs Nötigste zu beschränken und werde dies deutlich mit einer Spoilerwarnung gekennzeichnet am Ende der Review in einem eigenen Abschnitt tun, den man also gerne überspringen kann.

Aber auch wenn ich versuchen will diese Texte so neutral wie möglich in Richtung der Bücher zu halten, so komme ich doch nicht umhin ab und an kleine Momente der Wiedersehensfreude zu erwähnen, wie hier das erste Auftauchen von Aryas Schwert Needle, welches ein breites Grinsen in mir ausgelöst hat, oder die Faszination des Anblicks der Mauer, deren wahre Dimension man sich im Kopf einfach nicht wirklich ausmalen kann, ich hoffe ihr könnt mir das verzeihen. Die Episode als Ganzes hat nach dem wirklich gelungenen Einstieg in die Serie in meinen Augen fast noch eine schwierigere Aufgabe vor sich. Denn es gilt die Handlung an den verschiedenen Orten in die nächste Phase überzuleiten und da wir insgesamt doch mit nur zehn Folgen arg wenig Zeit zur Verfügung haben, ist es sicher nicht leicht die Balance zwischen dem reinen Inhalte wiedergeben und Charakteren Leben einzuhauchen zu wahren. Und man merkt, dass man an manchen Stellen durchaus damit ringt, ohne die erhellenden Charaktere aus der Ich-Erzähler-Perspektive so manchem schwierigem Charakter Sympathien entgegen zu bringen.

Inhaltlich ist #1.02 Der Königsweg klar aufgeteilt, nach einem kurzen Einsteig im Land der Dothraki, bei dem wir sehen wie es Daenerys ergeht (kurz gesagt, nicht gut) verbringen wir den ersten Teil der Folge in Winterfell. Tyrion Lannister erhält eine ausführliche Einführung, in der er gut seine Lebenseinstellung als privilegierter Lannister, aber verabscheuter Krüppel mit viel Humor und Sarkasmus an den Tag legen kann und seine Ohrfeige an den herrlich schmierigen Joffrey war ein erster grandioser Moment für den Scenestealer und späteren Emmy-Gewinner Peter Dinklage. Wir erhalten so auch einen kleinen Einblick in die Dynamik unter den drei Lannister-Geschwistern und wer von ihnen dabei welche Rolle erfüllt. Auch Jaime Lannister kann mit seinem Aufeinandertreffen mit Jon Snow dem Zuschauer ein gutes Bild vermittelt, was für ein Mann er ist. Zynisch bis aufs Messer, immer bedacht die Menschen auf Abstand zu halten aber lange nicht so grausam, wie man nach seinem Ruf als Königsmörder glauben mag.

Der eigentliche Kern der Winterfell-Handlung bildet aber natürlich die Familie Stark. Nach Brans Unfall ist dessen Mutter Catelyn krank vor Kummer und Ned ist entschlossen, aber dennoch unglücklich darüber bald aufbrechen zu müssen. Und zwischen allen Stühlen steht Neds Bastardsohn Jon, der sich hier herzlich von seinen Geschwistern verabschiedet. Besonders sein Geschenk an Arya und deren gemeinsame Szene zeigt uns alles, was wir über das Verhältnis der Geschwister wissen müssen, Nur seine Stiefmutter Catelyn bringt ihm keine Liebe entgegen, ist sie doch immer noch verletzt wegen Neds Untreue. Ihr Verhalten Jon gegenüber an Brans Krankenbett ist harsch und kalt und man muss sich als Zuschauer immer wieder in Erinnerung rufen, was sie alles durchmachen musste, um ihr dies nicht vorzuwerfen. Es ist ein feiner Grad, denn man mit dem Charakter Catelyn wandeln muss, denn all die Wut auf den unschuldigen Jon im Gegensatz zu Catelyns Freundlichkeit beispielsweise Cersei Lannister gegenüber sind nicht immer einfach aufzunehmen. Aber natürlich ist Cersei die Königin und der Verdacht gegen die Lannisters entsteht in Catelyn auch erst viel später in dieser Episode, zumal ich die Szene zwischen den beiden Frauen zum Thema Trauer, Kinderliebe und nötiger Stärke wirklich zu schätzen weiß. Verleiht sie doch Cersei einige Facetten, die sonst aufgrund von deren brutalen und rücksichtslosen Verhaltens, speziell am Ende der Folge, überdeckt würden und ohne die sie einfach zu eindimensional kaltblütig wäre.

Am Rande einer solchen Eindimensionalität bleibt dagegen Prinz Joffrey stecken, was aber sicher nicht anders beabsichtigt ist. Er ist ein sadistischer, verwöhnter und auch dummer Bengel und Jack Gleeson macht es einem wirklich einfach, ihn abgrundtief zu hassen. Dabei hat er aber wahrlich nichts mit den in anderen Serien zu Hauf schlecht geschriebenen verwöhnten Teenagergöhren gemeinsam, ganz im Gegenteil. Hier ist der Hass der Zuschauer ihm gegenüber gewollt und gefordert und dem schließe ich mich, gemeinsam mit Arya voll an. Deren Konfrontation am Rande des Königswegs, in der zweiten Hälfte der Folge als sich das Gefolge des Königs gemeinsam mit Ned, Arya, Sansa und deren Schattenwölfen auf den Weg nach King's Landing begeben, konnte zwar auf den ersten Blick meine hohen Erwartungen daran nicht ganz erfüllen. Wahrscheinlich liegt es für mich momentan noch daran, dass mir Sansa Blickwinkel und ihre ehrlichen Gefühle, die sie bewegen sich gegen ihre kleine Schwester an die Seite des schmierigen Prinzens zu stellen, fehlen. Was es für sie bedeutet, die Verlobte des Thronerbens zu sein, was sie sich davon erträumt und wie ihr Verhältnis zu Arya ist, geht in der mangelnden Zeit leider etwas verloren und nimmt so diesem brisantem Vorfall doch etwas die Tiefe.

Die Konsequenzen daraus sind dafür aber wieder einmal wahnsinnig stark umgesetzt und bilden ein fast ebenso starkes Schlussbild der Folge wie Brans Sturz im Piloten. Nach der schmerzhaften Erkenntnis, wie viel Macht Cersei über Robert ausübt, ist Ned gezwungen Sansas Schattenwolf zu töten. Dabei bannt Sean Bean Neds Enttäuschung, Schmerz, seine Ehre und seine Liebe zu den Kindern grandios auf den Bildschirm und der Zusammenschnitt zu Brans Erwachen just in dem Moment, als Ned Lady tötet beendet die Episode mit ordentlichem Momentum.

Überhaupt ist es eine grandiose Folge für die Schattenwölfe, beziehungsweise erhalten diese den nötigen Fokus um deren Bedeutung in der Geschichte zu illustrieren. Besonders Summers Rettung während dem Attentat auf Bran ist einfach nur cool und wie sie danach auf dem Bett ihres Herrchens Platz nimmt, gehört zu meinen frühen Highlights der Serie. Rationell weiß ich, dass die Dreharbeiten mit den Tieren sicher ein absoluter Krampf gewesen sein müssen, aber allein hier haben sie sich gelohnt. Ich hoffe, wie erhalten wenigstens ab und an auch in der Zukunft solche entscheidenden Momente mit den Wappentieren der Stark-Familie.

Völlig abseits der Haupthandlung, sowohl geografisch als auch inhaltlich befindet sich Daenerys Targaryen. Man schafft es aber mit ein paar einzelnen kleinen Tricks, dies nicht so wirken zu lassen und sie wirklich gut ins restliche Geschehen einzubinden. Sei es mit visuellen Mitteln, in dem man von Catelyns schlimmen Handwunden direkt zu Danys Versorgung der aufgeschürften Hände schneidet oder mittels Dialogen, wenn sich Ned und Robert darüber austauchen, ob Danys Hochzeit mit Khal Drogo eine Gefahr fürs Reich bedeutet. Dabei bringt man gleich noch ein wenig Licht in die Hintergründe der Geschichte von Westeros, in Roberts durchaus berechtigtem aber dennoch blindem Hass auf die Targaryens und wirft so ein paar Details in die Handlung ein, ohne dabei zu sehr wie eine Geschichtsstunde zu wirken. Dany selbst geht es um die Anpassung an das neue, raue Leben und darum, wie sie sich selbst in der ihr auferzwängten Ehe definieren will. So sehr ich die Entwicklung hier in dieser Folge gutheiße und nachvollziehe, so sehr leidet sie für mich aber noch unter dem Eindruck aus dem Piloten. Ohne dabei zu sehr ins Detail der Vorlage zu gehen, die Entscheidung den ersten Sex von Dany und Khal Drogo zu einer reinen Vergewaltigung zu machen, hat für meine Begriffe der folgenden Geschichte geschadet. Denn an und für sich ist Danys Ziel, ihr Leben dadurch zu erleichtern, in dem sie Macht über das einzige Mittel der Kommunikation mit ihrem Ehemann, den Geschlechtsverkehr erlangt, eine großartige Idee. Sie zeugt von ihrem Überlebenswillen, von ihrer inneren Stärke und auch von ihrer Klugheit, aber so kurz nach dem brutalen Sex der Hochzeitsnacht und Khal Drogos bisherigem Desinterresse für sie kann ich ein ungutes Gefühl dabei nicht abschütteln. Hätten wir bereits bei ihrer Entjungferung gesehen, dass sie und Drogo eine besondere Verbindung haben (wie es im Buch der Fall war), die die Kulturbarriere und die Angst überwindet, dann würde ihr jetziger Weg nicht so sehr wie Überwindung einer Stockholm-Syndrom-Situation wirken. Dank Emilia Clarkes, aber auch Jason Mamoas sensiblem Schauspiel schafft man es aber trotz dieser eher ungünstigen Vorraussetzungen, uns in den Bann zu ziehen.

Insgesamt bin ich von der Umsetzung dieser so wichtigen zweiten Episode wirklich beeindruckt. Die schwierige Aufgabe, tiefer ins Geschehen einzudringen und dabei sowohl vollkommenen Neulingen des Stoffes als auch den Kennern der Vorlage gerecht zu werden ist ausgesprochen gut gelungen und es ist eine fesselnde Episode entstanden, die einfach nur Lust auf mehr macht. Und für die angesprochenen Leser der Vorlage folgen nun zum Abschluss noch ein paar Anmerkungen dazu:

Anmerkungen für Kenner der Vorlage (Spoiler!)

  • All die Hinweise auf Jons Mutter und seine Herkunft sollten es den Neulingen wirklich einfach klarmachen, woher der Konflikt mit Catelyn kommt. Aber als Buchleser war die Szene zwischen Ned und Jon, in der der Vater dem Sohn beim nächsten Treffen die volle Wahrheit verspricht, schon fast bösartig gemein. Hebt die Hand, wenn ihr da nicht gedacht habt, Ned solle seinen Sohn einfach schnell die Wahrheit sagen, solange sie noch die Gelegenheit dazu haben.
  • Eine Reihe von Details wurden veständlicher Weise ausgelassen, so weiß man als Zuschauer nicht, warum Summer nicht an Brans Krankenbett darf, oder auch dass dieser zu dem Zeitpunkt eigentlich noch keinen Namen hat. Aber die neuen Szenen, besonders Catelyn und Cersei, aber auch Jaime mit Jon entschädigen dafür.
  • Es ist seltsam, Theon als Mitglied des Kreises der engsten Vertrauten von Catelyn zu sehen. Trotz seiner Freundschaft zu den Stark-Kinder macht seine Stellung als Geisel von Ned dies doch eigentlich nahezu unmöglich.
  • Catelyn sagt bei Jons Abschied nicht die bitterbösen Worte "Ich wünschte, du wärst an seiner Stelle" und ich bin dankbar dafür. Ihre Perspektive der Ereignisse sind ohne die Sicht in ihre Gedankenwelt schon so kompliziert, kein Grund sie derart kalt erscheinen zu lassen.
  • Kann man als Neuling verstehen, warum Ned gerade die beiden Mädchen mit nach King's Landing nimmt? Sansa ergibt ja noch einigermaßen Sinn, wenn man die Erklärung nicht liefert, aber Arya? Und auch Catelyns Grund für den Verbleib in Winterfell, im Roman bedingt darin, dass Robb noch zu jung zum alleinigen Regieren ist, macht aufgrund dessen, dass Robb ja hier älter und reifer ist wenig Sinn. Natürlich will sie an Brans Seite bleiben, aber auch vor dem Unfall war es nicht geplant, dass sie mitreist.
  • Die Einbindung der Dracheneier lässt etwas an Subtilität vermissen.

Cindy Scholz - myFanbase

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