Bewertung

Review: #1.02 Jenseits von Gut und Sue

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Nachdem man im Piloten schon alle potenziellen Handlungsstränge abgearbeitet hat, die jeder Zuschauer von der ersten Staffel erwartet hätte, konnte man mit der zweiten Episode direkt einsteigen und die unvorhersehbaren und wirklich interessanten Handlungsstränge der Serie einleiten. Und wie ich bereits erwartet hatte, funktioniert das für mich wunderbar und ich war auch von der zweiten Episode äußerst angetan.

Push It

Seien wir ehrlich: Es hat Spaß gemacht den Glee-Club "Le Freak" performen zu sehen, doch jedem war wohl sofort klar, dass man mit diesem Lied im 21. Jahrhundert keine Schüler wirklich ansprechen kann. Dementsprechend haben Rachel und die anderen natürlich vollkommen Recht gehabt, dass Will hier der Zeit einfach hinterher hinkt und kein Gefühl dafür hat, was Schüler dazu anregen könnte, in den Glee-Club einzutreten - die Kids von heute stehen einfach nicht auf Disko. Ich kann hier auch nicht wirklich nachvollziehen, warum Will das nicht eingesehen hat. Die Ausrede, dass nicht genügend Zeit zur Verfügung steht, passt für mich auch nicht so ganz, da sie ja auch einfach "Don't Stop Believin'" hätten proben können, was zwar schade für den Zuschauer gewesen wäre, da wir diesen Auftritt schon kennen, aber in der Story einfach logischer gewesen wäre.

Doch auch dieser 'Logik-Fehler' ist sofort vergessen, als wir "Push It" präsentiert bekommen: Drei Minuten vollstes Fremdschämen! Ich habe mich unglaublich amüsiert und die ganze Zeit daran gedacht, wie ich selbst einigen mir bekannten Schülern dabei zusehen würde, wie sie DAS vorführen. Dankenswerterweise war dies genau das, was die Jugendlichen in der Schule angesprochen hat, obwohl man mehr als deutlich gesehen hat, dass Finn sich alles andere als wohl gefühlt hat. Und Sues Spruch "That was the most offensive thing I've seen in 20 years of teaching. And that includes an elementary school production of Hair!" trifft den Nagel auf den Kopf. Die Konsequenzen sind natürlich extrem hart, da sie nun nur noch eine Reihe ausgewählter Lieder, die alle entweder 'Jesus' oder 'Ballon' beinhalten, singen dürfen. Ich bin gespannt, wie lange man sich an diese Liste hält, hoffe jedoch, dass es nicht länger als ein paar Episoden sein wird.

Take a Bow

Mit Will und Emma haben wir jetzt schon ein Paar gefunden, was Shipper-Herzen wahrlich höher schlagen lassen wird. Auch mir gefallen die beiden unheimlich gut, vor allem ihre kleinen Szenen, die die beiden Darsteller mit einer enormen Intensität spielen, so dass man gleich in ihren Bann gezogen wird. Zusätzlich ist Terri so geschrieben, dass man sich als Zuschauer einfach nur wünscht, dass Will seine Frau verlässt und sich auf Emma einlässt. Doch natürlich kann man das nicht bei einem Serienmacher wie Ryan Murphy erwarten, der uns schon in "Nip/Tuck" zeigte, dass die Liebe immer wieder ungeahnte Wege gehen kann. Und obwohl mir Will sehr leid tat in der Szene, als Emma ihm verdeutlicht hat, dass es falsch ist, was die beiden tun, hoffe ich doch auf das Beste für dieses Paar. Aber vorher sollte einfach klar gestellt werden, dass für beide der Weg frei ist, was wahrscheinlich noch sehr lange dauern wird, da Will Terri wohl vorerst nicht verlassen wird.

Während ich also von Will und Emma größtenteils begeistert bin, kann ich dies von Rachel und Finn nicht behaupten. Ihre private Probe war niedlich und man merkt, dass auch Finn etwas für Rachel empfindet, aber ich sehe die beiden nicht als Paar und kann mir auch nicht vorstellen, dass es mit den beiden funktionieren könnte. Aus diesem Grund bin ich auch sehr dankbar, dass man die romantische Szene jäh mit der Erinnerung an den Autounfall unterbrochen hat und diese damit nicht zu intensiv werden ließ. Dennoch hat Lea Michele die Intensität natürlich am Ende wieder hineingebracht. Sie hat einfach eine wunderbare Stimme für herzzerbrechende Lieder, und mittels der drei verschiedenen Settings, einmal als starke Person, die auf der Bühne steht und zeigt, was für ein grandioses Talent sie hat, dann vor Quinn und Finn, als sie bemerken muss, dass sie für ihn nicht das ist, was sie gerne will und dann allein vor dem Spiegel mit Tränen in den Augen, wurden ihre Emotionen für mich wunderbar transportiert.

Neben diesen beiden bisherigen großen Love-Stories, gefällt mir bisher auch die Dynamik zwischen Mercedes und Kurt. Wir bekommen davon nur unterschwellig etwas mit, da man sie eher im Hintergrund agieren lässt, aber genau das gefällt mir besonders gut. Kurt scheint ja nun mehr als offensichtlich homosexuell zu sein – es würde mich überraschen und vor allem sehr irritieren, wenn er nicht schwul ist -, allerdings finde ich die Dynamik zwischen ihm und Mercedes aus diesem Grund noch interessanter.

Le Freak

Terri macht es dem Zuschauer nicht einfach sie sympathisch zu finden, vor allem da dieser auch noch Emma als Gegenstück präsentiert bekommt. Doch als man sie mit ihrer Schwester und deren Familie gesehen hat, wurde klar, dass der ganze Druck nicht allein von Terri kommt, sondern diese vielmehr von ihrer Schwester in diese Richtung gedrängt wird. Je länger man etwas von Terri sieht, desto mehr frage ich mich ehrlich gesagt auch, was Will eigentlich an ihr findet, da sie nicht unbedingt intelligent erscheint und zusätzlich viel zu hohe Erwartungen an ihr Leben stellt. Ich hoffe deswegen, dass wir Terri zukünftig noch einmal näher kennen lernen und besser nachvollziehen können, warum Will sich in sie verliebt hat. Die Unsympathie für Terri mag am Ende der Episode bei vielen wahrscheinlich noch ins Unermessliche gestiegen sein, da sie Will nicht erzählt hat, dass sie doch nicht schwanger ist. Ich muss jedoch zugeben, dass ich sie hier ein stückweit verstehen kann, auch wenn das alles andere als richtig ist. Fakt ist jedoch, dass sie schon lange nicht mehr so glücklich gewesen ist, bzw. Will schon lange nicht mehr so glücklich gesehen hat. Wahrscheinlich will sie sich einfach nur daran klammern, ohne darüber nachzudenken, wie tief der Schmerz sitzen wird, wenn die Wahrheit rauskommt.

I Say a Little Prayer

Dass Sue alles andere als begeistert ist, dass ihre Cheerleader mit dem Glee-Club nun Konkurrenz bekommen und Will somit einiges von dem Geld einheimsen könnte, dass eigentlich ihr und ihren Schülerinnen zukommen sollte, zeigt sie in jeder erdenklichen Sekunde. Doch Will hat sich bisher nicht von ihren Worten beeindrucken lassen und wird dies sicherlich auch nicht in Zukunft tun, denn er hat seine Leidenschaft endlich wieder entdeckt und motivierte Schüler gefunden, die ihm dabei helfen den Traum seiner Jugend zu verwirklichen.

Doch Sue wäre nicht Sue, wenn sie nicht einen Alternativplan hätte. Somit beschließt sie Quinn als Spitzel für den Glee-Club zu benutzen, nachdem diese sich für einen Platz im selbigen mit ihren beiden Cheerleader-Freundinnen beworben hat. Doch nicht nur dieser Plan von Sue verspricht einige spannende und vor allem witzige Szenen in den kommenden Episoden, sondern auch Quinns Teilnahme am Glee-Club an sich. Der Einstieg, der definitiv bewies, dass sie singen kann, war dementsprechend gewöhnungsbedürftig. Schon bevor die Zuschauer in "Die Hochzeit meines besten Freundes" mit der wunderbaren Performance von "I Say a Little Prayer" überrascht wurde, war dies ein Song, der zwar eine unheimliche Emotionalität transportierte. Quinn und ihre Freundin haben davon absolut nichts herüber gebracht, sondern das Lied zu einer grotesken Cheerleader-Hymne verkommen lassen, die sie auch noch durch oberflächliche Gesten untermalten. Doch genau das machte die Szene einfach nur herrlich amüsant und kann dementsprechend auch wieder als 'gut' bezeichnet werden.

Als Spitzel für Sue und gleichzeitig als Aufpasserin für Finn, wird Quinn sicherlich für viel neuen Wind im Glee-Club sorgen, vor allem nachdem Will ihr nun auch noch Rachels Solo aus "Don't Stop Believin'" gegeben hat. Die Version mit Rachel und Finn war für Wochen mein absoluter Ohrwurm und ich kann mir kaum vorstellen, dass eine andere Version dies noch toppen könnte, freue mich aber gerade deshalb darauf die Version mit Quinn und Finn zu sehen, vor allem, wenn Rachel dann im Background zu sehen sein wird.

Gold Digger

Neben diesem grandiosen Song, bei dem mich Matthew Morrison vollkommen überzeugt hat und sich auf der Liste meiner "Glee"-Lieblinge rasant nach oben katapultiert hat, da sein Auftritt einfach nur herzerwärmend, süß und richtig gut war, gab es noch einige andere 'Goldschätze' in dieser Episode, die nur kurze Szenen darstellten, aber erinnerungswürdig sind.

Allen voran auf jeden Fall die erneute Abkühlung von Rachel. Auch wenn mir der Charakter sympathisch ist und ich jedes Mal Mitleid mit ihr habe, muss ich sagen, dass ich mich in diesen 'Running-Gag' verliebt habe inständig hoffe, dass man ihn auch im Laufe der Serie beibehält. Während Rachel im Piloten nur ein Erfrischungsgetränk ins Gesicht bekommen hat, waren es in dieser Episode gleich zwei. Ich bin gespannt, ob wir in der nächsten Episode folglich drei Getränke in Rachels Gesicht sehen werden.

Ähnlich gerne mag ich Mercedes' "Hail to the no", was zwar nicht als 'Running-Gag' bezeichnet werden kann, aber hoffentlich ihr Catch-Phrase werden wird, da Amber Riley diesen Satz mit einer unglaublichen Inbrünstigkeit ausspricht, der mich jedes Mal schmunzeln lässt.

Letztlich muss noch die kurze, aber wundervolle Szene mit der sympathischen Jayma Mays erwähnt werden. Als Rachel bei Emma im Büro ist und diese fragt, ob sie auch schon mal eingeschlossen in ihrem Zimmer Liebeslieder gesungen hat, meint Emma nur kurz und knapp: "Nein!". Doch dann sehen wir, wie sie vollkommen am Boden zerstört und außer Atem "All by myself" singt. Eine Szene, die wahrscheinlich jedes Mädchen schon mal im enormen Liebeskummer erlebt hat und Jayma Mays hat in diesen paar Sekunden eine Verletzlichkeit gezeigt, die einem das Herz zerbrechen lässt. Gleichzeitig wurde diese Szene so unglaublich witzig inszeniert, dass man davon nicht runtergezogen wurde.

Fazit

Egal welche Serien-Starts die US-Season 2009/2010 noch bringen wird, keine wird mich so enorm mitreißen können, wie es "Glee" bisher schon tut. Die zweite Episode hat gezeigt, dass Ryan Murphy ein Konzept entwickelt hat, das es versteht wunderbare Gesangseinlagen, mit einer ordentlichen Portion Humor und den nötigen Drama-Elementen zu verbinden. Auch aus dieser Episode könnte man wieder enorm viele Zitate raussuchen, die einfach nur genial und enorm komisch sind. Und selbst wenn die folgenden Episoden nur halb so gut sein werden, wie diese Episode, werde ich mich immer noch hervorragend unterhalten fühlen. Doch ich glaube, dass es noch einen minimalen Schritt nach oben gehen kann, deswegen gibt es noch keine volle Punktzahl.

Annika Leichner - myFanbase

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