Bewertung

Review: #3.12 Entfremdung

Foto: Christine Baranski, Good Wife - Copyright: Paramount Pictures
Christine Baranski, Good Wife
© Paramount Pictures

Wenn man nach einer gar nicht allzu langen Winterpause bereits nach den ersten zehn Minuten, in denen "Good Wife" wieder über den Bildschirm flimmert, mit einem breiten Grinsen vor dem Fernseher sitzt und sich bei dem Gedanken erwischt: "Endlich wieder was Gescheites im TV", dann macht die Serie irgendetwas richtig. Aber wie kann man auch mit weniger als einem albernen Kichern reagieren, wenn die Kanzlei gleich zu Beginn in einen offensichtlich schmutzigen Rechtsstreit verwickelt wird - sie selbst ist die Beschuldigte - und dann auch noch David Lee im Napoleon-Look auftaucht? Und danach geht es munter weiter und ich bin in Versuchung, hier einfach all die köstlichen Momente mit all den großartigen Charakteren aufzuzählen und euch dann schnell dazu zu verdonnern, einfach nochmal diese tolle Folge anzuschauen.

#3.12 Alianation of Affection ist wirklich die pure "Good Wife"-Freude und das, indem die Episode sich thematisch eigentlich auf eine Sache konzentriert und diese zum vollen Amüsement der Zuschauer bis in alle Details durchspielt. Lediglich Wills Anschuldigungen von Seiten Wendy Scott-Carrs findet noch Beachtung, aber da dies die Rückkehr der herrlichen Elsbeth Tascioni und ihrer köstlichen Methoden mit sich bringt, steigert dies das Vergnügen nur noch weiter. Und es war ein Genuss, Elsbeths eigentümliche Mischung aus Naivität und messerscharfer Cleverness auf die Eisenhaut von Wendy Scott-Carr einprasseln zu sehen und der gehörige Risse zu verpassen. Inhaltlich hat man in dieser Folge, die sich um einen alten Fall aus Alicias ersten Jahr bei der Kanzlei dreht, zwar mehr oder weniger einen isolierten Tatbestand betrachtet, aber dafür hat man sich innerhalb des Ganzen all die charakterlichen Interaktionen, Macken und Eigenschaft all der Mitarbeiter bei Lockhardt/Gardner zu Nutze gemacht und mal wieder eindrucksvoll bewiesen, dass langfristiges Plotting nicht nur aus Handlungen und Geschichten bestehen, sondern durch sorgfältig aufgebaute Charaktere. Die Feindschaft zwischen David Lee und Julius Cain bricht hier so richtig zu Tage, von der wohl beide nicht mehr wissen, worin sie eigentlich begründet ist. Ebenso prallen die beiden enormen Egos von Eli und David aufeinander, die sich einen göttlichen Schlagabtausch in der Mitte der Folge liefern und am Ende von Diane wie von einer strengen Mama abgekanzelt werden. Es war eine Freude, denn gerade Diane hat hier einfach nur geglänzt und mal wieder all die Eigenschaften an den Tag gelegt, die sie so bewundernswert, aber auch unterhaltsam machen. Und bei der Gelegenheit ist mal wieder aufgefallen, wie viel wichtiger sie für das Funktionieren der Kanzlei ist als beispielsweise Will.

Aber auch auf spannungstechnischer Ebene hat man einiges zu bieten gehabt, was man angesichts der Tatsache, dass es lediglich um ein wahrscheinlich falsch abgelegtes Dokument ging, gar nicht so richtig glauben mag. Die Anspannung und die möglichen Konsequenzenen waren so greifbar und Julianna Margulies hat Alicias beginnende Panik und ihre späteren Zweifel an David Lees Motiven mitreißend dargestellt und so neben dem ganzen Spaß auch die Spannung ordentlich gesteigert. Ich war mir im Mittelteil der Folge nicht mehr sicher, ob David Lee für die Kanzlei weiter haltbar ist (Eli schützt nach meiner Logik der Fakt, dass Alan Cumming im Hauptcast der Serie ist). Aus so viel Nichts ein so tolles Ergebnis abzuliefern, ist gar nicht so einfach, aber "Good Wife" hat mal wieder bewiesen, dass es spielend dazu in der Lage ist.

Ebenso großartig war der kurze Auftritt von Cary, an dem man all die Dinge festmachen kann, die mich ihn als Figur im Gefüge der Serie so schätzen lassen. Er stellt immer eine Gefahr für Alicia und Co. dar und ist auch meist deren Antagonist, er ist dies aber immer aus einer korrekten Position heraus. Er nutzt keine billigen Tricks und Rachemöglichkeiten, sondern wenn er sich gegen Lockhardt/Gardner wendet, dann nutzt er die Wahrheit und meist tut er dies auch völlig zu Recht. So muss ein vielschichtiger, interessanter Antagonist sein und ich bin immer noch beeindruckt, wie viel mehr die Serie aus Cary herausholt, seit er nicht mehr in der Kanzlei arbeitet. Hier lässt man ihn nur kurz auftreten, stellt ihn aber souverän und bedächtig vor und zeigt, dass er simple Rache gegen seine alte Kanzlei einfach nicht nötig hat. Das sieht auch Alicia ein und es kommt sogar zu einer kleinen und netten Annäherung zwischen ihnen. Auch zu Kalinda haben sich die Wogen sichtlich geglättet, worüber ich mehr als froh bin.

In erster Linie ist diese Episode aber herrlich unterhaltsam und versprüht einen unglaublich angenehmen Charme. Sie demonstriert in bester Art und Weise, dass "Good Wife" keine dröge Serie mit richtiger moralischer Botschaft ist, sondern beste Unterhaltung mit Intelligenz, Witz und Pfiff.

Cindy Scholz - myFanbase

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