Bewertung

Review: #3.11 Verfahrensfehler

Foto: Good Wife - Copyright: 2011 CBS Broadcasting
Good Wife
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Genau so muss das sein, wenn man schon die Zuschauer für ein paar Wochen in die Pause verabschiedet, dann am besten mit solch einer Episode, die noch einmal genau demonstriert, was man an der Serie so schätzt. #3.11 What Went Wrong hat so einiges zu bieten, wieder einmal einen interessanten Blickwinkeln auf einen Fall vor Gericht, innerhalb dessen einige überraschende Twists und Turns und auch auf privater Ebene Einblicke in Alicias momentane Gemütslage. Dazu kommen vielversprechende Zukunftsaussichten und noch einen Kracher kurz vor Schluss, also alles was das Herz begehrt.

Das zu Grunde liegende Thema dieser Episode war offensichtlich die Tatsache, dass Alicia mittlerweile ziemlich einsam ist. Nach der Trennung von Will, die diesen natürlich als Freund und Vertrauten erst einmal disqualifiziert, bleiben ihr nun einmal nicht viele Gleichgesinnte, mit denen sie sich auf einen Drink an der Bar treffen kann. Zwar lockert sich das Verhältnis zu Peter spürbar auf (dazu gleich mehr), aber als inniger Vertrauter eignet sich der nun einmal wenig. Ihr Bruder Owen ist zwar bei Bedarf zur Stelle, dennoch ist die klaffende Lücke, die Kalinda in Alicias Leben hinterlassen hat, hier mehr als spürbar. Wie passend, dass es zwischen den beiden Frauen hier also erstmals eine Annäherung gibt. Zwar fällt die immer noch eher unterkühlt aus (was man bei diesen Beiden aber auch nicht anders erwarten konnte), aber dennoch weiß Alicia zu schätzen, was Kalinda für sie mit der "Rettung" von Grace getan hat. Das Motiv der wahren Freundschaften, im Gegensatz zu denen die nur auf oberflächlichen Werten beruhen, war jedenfalls die ganze Zeit über präsent, in Alicias Gespräch mit der des Mordes angeklagten Klienten hat man es ja regelrecht ausgesprochen. Das hätte man sicher etwas subtiler handhaben können, schließlich werden ja wohl die meisten Zuschauer gemerkt haben, dass es eben Kalinda ist, die Alicia fehlt. Aber da man diese Episode nun auch nicht mit einer richtigen Versöhnung der beiden hat enden lassen, geht auch dieser Holzhammermoment für mich in Ordnung. Ich bin auf jeden Fall erst einmal unheimlich froh, dass es Entwicklungen an dieser Front gibt und dass ich mir jetzt wieder Hoffnungen machen kann, dass wir vielleicht doch irgendwann wieder Alicia und Kalinda bei Tequila und ehrlichen Worten an der Bar sitzen sehen.

Hier ist es aber Diane, mit der Alicia am Ende einen Drink teilt. Das ist natürlich auch eine vielversprechende Kombination, unabhängig voneinander betrachtet sind dies schließlich die beiden faszinierendsten Frauenfiguren der Serie. Die Beziehung untereinander blieb aber bisher doch auf einer sehr professionellen Ebene und auch hier beruht diese eher auf beruflichen Hintergedanken. Aber auch wenn ich dort noch keine tiefe, innige Freundschaft sehe, ist der Weg den Diane Alicia hier präsentiert interessant und vielversprechend. Wie Diane unmissverständlich klar macht, wie eng Alicia und Will waren, aber gleichzeitig darlegt, wo die berufliche Zukunft von Alicia liegen könnte, nämlich in einer Partnerschaft der Kanzlei, ist einfach nur toll. Zumal ich mir die beiden wirklich als ein unschlagbares Gespann vorstellen kann. Ich bin gespannt, wo das Ganze auf lange Sicht hinführt und es ist ja auch ein klein wenig auffällig, dass Diane in letzter Zeit immer wieder mit Rat und Scotch zur Stelle ist, wenn sich jemand aus der Führungsschicht der Kanzlei in einer Krise befindet. Ob da mehr dahinter steckt?

In professioneller Hinsicht sind Diane und Alicia jedenfalls im aktuellen Fall auch wieder unschlagbar gewesen, gemeinsam mit Justin haben sie mit allen Mitteln versucht, ein bestehendes Urteil einer Geschworenenjury zu widerlegen. Dabei können sie auf einen sympathisierenden Richter zugreifen, der vom vielbeschäftigten Kurt Fuller dargestellt wird, der hier gleich einen guten Eindruck hinterlässt und hoffentlich irgendwann mal wieder zu sehen sein wird. In der Peripherie des Falles haben wir auch Dana und Cary, die mit allen Mitteln versuchen die Bemühungen von Lockhardt/Gardner zu torpedieren, die temporäre Inhaftierung von Kalinda inklusive. Dabei stehen sich zum ersten Mal Dana und Kalinda offen feindselig gegenüber, bisher waren ihre Aufeinandertreffen ja doch eher teils gegnerisch, teils flirtend, wovon man hier aber nicht viel gemerkt hat. Das begrüße ich ja, denn im direkten Vergleich wirkt ja Dana oftmals leider nur wie ein Nachahmercharakter Kalindas. Die Erzählweise rund um diesen Fall war jedenfalls wieder sehr einfallsreich und mitreißend, und er hatte einige inhaltliche Wendungen zu bieten, bis hin zur eher banalen Aufklärung am Ende, was aber ins Gesamtgeschehen wirklich gut hineingepasst hat. Und wieder einmal hat man es perfekt hinbekommen, keine der beiden Seite als vollkommen im Recht darzustellen. So wünsch ich mir das und bin deshalb immer wieder glücklich, wenn es der Serie auch so gelingt wie hier.

Inhaltlich war dann aber die Offenbarung von Wendy Scott-Carr, dass sie gar nicht hinter Will sondern eigentlich hinter Peter her ist, der große Knalleffekt. So genial ich die Schlussszene zwischen Wendy und Will fand, so skeptisch stehe ich dieser Sache doch momentan noch gegenüber. Klar, dass es Wendy auf Peter abgesehen hat ist natürlich nicht schwer nachvollziehbar, und das Will davon natürlich in Versuchung geführt wird, liegt auch auf der Hand, aber macht das wirklich Sinn? Wird man in Wendys Bemühungen nicht nur die Rachegelüste der Unterlegenen im Rennen um den Staatsanwaltsposten sehen? Und schon allein aus der Tatsache heraus, dass sich die Zielperson dieser ominösen Ermittlungen nun bereits zum dritten Mal (falls ich richtig mitgezählt habe) ändert, löst in mir doch noch einige Zweifel aus.

Dass Peter als Zielscheibe solcher Ermittlungen aber durchaus taugt, demonstriert er hier wieder einmal eindrucksvoll, in dem er die Schulleiterin einer Privatschule mit seinem Einfluss erpresst. Da wird man doch wieder an den skrupellosen Politiker, der in ihm steckt erinnert und interessant ist für mich auch, dass Alicia dies ja mehr oder weniger initiiert hat. Überhaupt ist das Verhältnis der beiden Noch-Eheleute innig wie lange nicht mehr. Ich mag es ja, dass sie trotz ihrer gescheiterten Ehe so zivilisiert miteinander umgehen und was die Kinder angeht an einem Strang ziehen. Ich hoffe nur, man arbeitet hier nicht auf eine Rückbesinnung auf ihre Beziehung hin. Das wäre für mich ein charakterlicher Rückschritt für Alicia und die erzählerischen Möglichkeiten die sich mit ihnen in einer gewissen Distanz bieten, schätze ich vielfältiger und interessanter ein. Aber da muss man sehen, was die Zukunft bringt.

An der Will-und-Alicia-Front konnte man mich, nach meinem Ärger nach der letzten Episode, hier auch wieder ein wenig beruhigen, in dem man Owen all die Argumente, die mir letzte Woche durch den Kopf gingen, gegen die Entscheidung von Alicia aussprechen lässt. Aber deren Argumente, dass sie Will wahrscheinlich nicht wirklich geliebt hat, nehmen dem natürlich den Wind aus den Segeln. Unter diesem Gesichtspunkt ist es natürlich verständlich, dass sie Schluss gemacht hat, auch wenn ich mir im Nachhinein wohl bis dato ein paar mehr Szenen gewünscht hätte, die uns die Beziehung als sie noch im Gang war wirklich gezeigt hätten. Nicht nur den Sex und die kleinen Momente am Arbeitsplatz, dann hätten man dafür vielleicht auch ein besseres Gefühl gehabt und hätte Alicias Gemütslage besser einschätzen können. Aber das ist jetzt natürlich Schnee von gestern, wahrscheinlich hat man sich auch bewusst dagegen entschieden, um "Good Wife" nicht zu sehr in ein Beziehungsdrama abgleiten zu lassen. Dass man diesen Schwerpunkt, zumindest in dieser Episode, eher für die Freundschaft zwischen Alicia und Kalinda wählt, kann ich jedenfalls nur sehr begrüßen.

Damit verabschiedet sich "Good Wife" also in gewohnter Stärke in die Weihnachtspause und wir müssen bis Januar auf neue Folgen warten. In Anbetracht der Tatsache, dass die Handlung langsam aber sicher immer mehr an Fahrt aufnimmt, können die neuen Folgen aus meiner Sicht jedenfalls nicht schnell genug kommen.

Cindy Scholz - myFanbase

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