Bewertung

Review: #14.09 Ausgeliefert!

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Diese Folge nicht in ihrem Kontext zu betrachten ist ein Ding der Unmöglichkeit. Nachdem im letzten Herbst die Missbrauchsvorwürfe gegen Harvey Weinstein, Kevin Spacey oder Dustin Hoffman Schlagzeilen machten, initiierten die Frauen Hollywoods, wie Reese Witherspoon oder Meryl Streep, bitter benötigte Bewegungen wie #metoo und "Time's Up", die sich gegen Diskriminierung und Missbrauch in Hollywood einsetzen. Dass diese Folge kurz vor Ausstrahlung noch einen Namenswechsel durchgemacht hat und nach der US-amerikanischen Nummer für Missbrauchsopfer benannt wurde (übrigens eine Idee von Andrew-Darsteller Giacomo Gianniotti) beweist, wie sehr die Autoren sich ihrer Verantwortung, dieses Thema auf möglichst sensible und rücksichtsvolle Art aufzuarbeiten, bewusst sind. Auch wenn Jos Geschichte bereits Ende Staffel 12 ihren Beginn nahm, so kann sie nur durch diesen Kontext die Schlagkraft erhalten, damit dieser die Geschichte die Aufmerksamkeit zuteil kommt, die sie verdient. Selten war eine "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte"-Episode so perfekt platziert wie diese.

Wir werden zu Beginn dieser Folge in die Ereignisse der letzten hinein katapultiert, als ein ominöser Hacking-Angriff das Krankenhaus erschütterte. Doch es ist Jos Geschichte, die uns schnell in ihren Bann zieht, Jos Geschichte, die diese Folge bestimmt und prägt, Jo mit der wir mitfiebern und mitleiden. Überraschend eindringlich und einfühlsam portraitiert Camilla Luddington Jos Ängste und ihr Trauma und schafft es dabei, ihrer Figur, die über viele Staffeln hinweg sträflich vernachlässigt wurde, Tiefgang und Vielschichtigkeit zu verleihen. Jos Panik, als sie Paul gegenübersteht, ist großartig gespielt und wird durch die visuellen und auditiven Mittel verstärkt. Sie ist geschockt, kann nichts gegen ihren langjährigen Peiniger hervorbringen, kann sich nicht auf verbale Weise gegen ihn wehren, ist wie in Trance – und schafft es erst später, als sie allein ist, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Jo geht durch die buchstäbliche Hölle in dieser Folge, wird immer wieder mit ihren Ängsten konfrontiert, muss sich immer wieder aufs Neue dazu bringen, sich Paul zu stellen. Das alles zeugt nicht nur von Camilla Luddingtons Schauspielkünsten, die in den letzten Jahren nicht wirklich zum Vorschein kamen, sondern auch, was für ein starker Charakter Jo ist.

Doch es ist nicht nur Jo, die in dieser Folge berühren kann, es sind auch Arizona, Alex und Meredith. Arizona, die trotz ihrer anfänglichen Begeisterung über Paul Jo beisteht und ihr die Möglichkeit gibt, Pauls Verlobter Jenny von ihrem Trauma zu berichten. Alex, der sofort Helm zu Jo schickt, als er realisiert, dass Paul im Krankenhaus ist und Helm Jo nicht eine Sekunde aus den Augen lässt. Meredith, die am OP-Tisch sofort verkündet, dass sie eine Freundin von Jo Wilson ist und Jo sofort ihr Vertrauen und ihre Freundschaft zuspricht, als Jo befürchtet, Meredith würde Paul glauben. Gerade in Anbetracht der letzten Staffeln, als die Beziehung zwischen Meredith und Jo mehr als nur steinig war, sind Merediths Freundschaftsbeweise Jo gegenüber von höchstem Wert. Meredith lässt Jo nicht eine Sekunde mit Paul alleine, gibt Paul deutlich zu verstehen, dass er sich nicht mit ihr anlegen soll, beschützt Jo die ganze Zeit. Diese Solidarität dieser beiden doch so unterschiedlichen Frauen ist auch eines meiner liebsten Elemente dieser Folge – gerade weil sie so unerwartet kommt, gelingt es ihr, mich unglaublich zu berühren.

Matthew Morrison kann ich auch nicht länger als den guten, alten Mr. Shue betrachten: Als Dr. Paul Stadler gelingt es ihm mit ungeheurem Charisma Ärzte wie Webber schnell um seinen Finger zu wickeln, gleichzeitig jagt er eine solche Furcht ein, dass Jos Erlebnisse noch grauenhafter erscheinen. Nie droht er Jo direkt, nie stimmt er ihren Vorwürfen zu – stets macht er ihr Vorwürfe, macht sie für das alles verantwortlich, lässt sie als psychisch kranke, egozentrische und manipulative Person dastehen, während er es ist, der die Menschen in seinem Umfeld manipuliert, quält und zerstört. Allein dieses Augenzwinkern, als Jo ihm "You're a monster" entgegenruft, hat mir eine Gänsehaut verschafft und die Tatsache, dass er nun weiß, wo Jo lebt, rief, zumindest bei mir, die Erinnerung an Alex' Version aus #13.23 Wendepunkt hervor. Ein wirklich hassenswerter Charakter, eine Figur, die wir so lange nicht mehr bei "Grey's Anatomy" hatten, gerade, weil er Jo, die wir schon lange kennen, das Leben zur Hölle gemacht hat. Man versteht daher beide, Alex wie Jo, als sie ihren Wunsch verlauten, ihn zu tot zu sehen.

Der Cliffhanger ist damit noch eine Stufe brisanter: Sind Alex und Jo tatsächlich für die Fahrerflucht bei Paul verantwortlich? Merediths "What did you do?" spräche dafür, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sich Alex, gerade nach den Ereignissen der letzten Staffel, nicht mehr mit dem Gesetz anlegen wird. Ich vermute eher, dass Pauls Verlobte Jenny etwas damit zu tun hat – es wurde ja ziemlich deutlich, dass sie ähnliche Erfahrungen, wenn nicht so genau dieselben wie Jo durchmachen musste. Ich bin wirklich unglaublich begeistert und berührt von dieser Storyline: Sie präsentiert ein unglaublich schwieriges und komplexes Thema auf eine authentische und einfühlsame Weise und hat großartige Schauspielleistungen hervorgebracht. Ich bleibe gespannt.

Was denn noch so passiert ist…

Maggie und Jackson haben endlich die akwardness der letzten Folgen überwunden und stehen zu ihren Gefühlen zueinander. Hier konnte ich endlich auch wieder die Chemie spüren, die die beiden Figuren in Staffel 13 noch hatten, die ihnen aber durch die ungeschickte Darstellung der Storyline abhandenkam. Ich vermute stark, dass die beiden, trotz sämtlicher Komplikationen, in den nächsten Folgen übereinander herfallen und ihren Gefühlen freien Lauf lassen werden. Welche Rolle wird April dabei allerdings spielen? Die hat scheinbar in den nächsten Wochen wieder mehr zu tun, da Webber ihr die Verantwortung des chirurgischen Wettbewerbs übertragen hat. Übrigens eine nette kleine Revanche für Aprils "Welcome to the stone age"-Kommentar der letzten Folge.

Die Hacking-Attacke war und bleibt unspektakulär. Zwar spielen die Hacker nun mit dem Thermostat und lassen Owen und April die Jordan-Zeiten vermissen, doch interessant ist hier lediglich Dr. Casey Parker. Der Anfänger, den ich davor als am unauffälligsten empfand, bekommt in dieser Folge einen Showcase verpasst, der sich gewaschen hat. Mit einem Defibrillator gelingt es ihm kurzerhand das gehackte Schloss zur Blutbank zu knacken und offenbart Bailey gegenüber seine Hacking-Vergangenheit, was zu einigen wunderbaren komödiantischen Momenten gesorgt hat. Generell sind die beiden ein unschlagbares Team in dieser Folge und sorgen für die benötigte Auflockerung. Casey ist auch besonders als Figur spannend, da er als transsexueller Mann bei der Army war und dazu noch die erste transsexuelle reguläre Figur der Serie ist. Irgendwo muss ein gewisser Präsident in einem weißen Haus sitzen und sich über eine solche Figur gehörig ärgern.

Generell muss ich sagen, dass mir die neuen Anfänger sehr sympathisch sind. Levi/ "Glasses" entwickelt sich immer mehr zu einem George-ähnlichen Charakter, der an Selbstzweifeln zu knabbern hat und der wohl noch einiges lernen muss, um diese abzuschütteln hat. Gerade deswegen hat es mir gefallen, dass er von seiner Patientin als Held bezeichnet wurde. Helm durfte durch ihr Pflichtgefühl Jo gegenüber punkten. Sam ist die einzige Figur, bei der ich noch unentschlossen bin. Einerseits kann ich herzlich über ihre neurotischen Ausraster lachen, andererseits finde ich das Hin und Her mit Andrew bereits jetzt ziemlich ermüdend.

Fazit

Eine wahnsinnig berührende Folge mit großartigen Schauspielleistungen und einem Cliffhanger, der es in sich hat.

Lux H. - myFanbase

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