Bewertung

Review: #8.13 Was wäre wenn ...?

Was die Musical-Folge für die siebte Staffel war, ist diese Alternativwelt-Episode für die achte Staffel: ein Experiment, über das schon Monate vor der US-Ausstrahlung herzhaft diskutiert wurde und zu dem besonders viele Informationsbröckchen durchgesickert sind, um die Zuschauer so richtig schön heiß zu machen. Ich persönlich habe der Idee, mal einen Ausflug in eine Alternativrealität zu wagen, nicht so ablehnend gegenübergestanden wie knapp ein Jahr zuvor dem Musical, dennoch hatte ich von Vornherein zwei Gründe, die für mich klar gegen diese Folge gesprochen haben und immer noch sprechen.

Kontras

Grund Nummer eins ist die Tatsache, dass diese Episode trotz allem Hype letztlich nur als Füllmaterial daherkommt, das die eigentliche Serienhandlung kein bisschen voranbringt. Angesichts dessen, dass die vorherige Episode sehr dramatisch mit den Worten "Du hast unser Baby getötet!" endete, fühlt man sich als Zuschauer durch diese Sonderfolge nun regelrecht ausgebremst, denn natürlich will man wissen, wie es mit Cristina und Owen weitergeht, ob Cristina tatsächlich nicht mehr mit Teddy arbeiten darf, wie Teddy selbst reagiert, etc.

Mein zweites Argument gegen diese Folge ist, dass sie wieder einmal allzu deutlich vor Augen führt, dass die Serie kein gutes Verhältnis zu ihren ehemaligen Protagonisten hat. So eine Alternativwelt wäre natürlich eine grandiose Möglichkeit gewesen, Charaktere wie George, Izzie, Burke oder meinetwegen auch Erica auftreten zu lassen, doch stattdessen sehen wir wieder einmal nur die gute Addison. Im Gegensatz zur Musical-Episode macht Addisons Auftritt diesmal zwar Sinn, dennoch ist es einfach nichts Besonderes, diesen Charakter, der uns durch das Spin-Off "Private Practice" sowieso immer präsent ist, bei "Grey’s Anatomy" zu sehen. Da kann sich die Promotionabteilung von ABC noch so viel Mühe geben. Natürlich werden Georges und Izzies Abwesenheit in der Alternativrealität plausibel erklärt, denn mit Ellis Grey als Chefin haben die beiden keine zweiten Chancen bekommen und sind nach ihren jeweiligen Fehlern (Izzie und das gestohlene Herz, George und die nicht bestandene Prüfung) geflogen, doch nichtsdestotrotz fühlt man sich um ein oder mehrere spektakuläre Wiedersehen, die das Konzept der Folge absolut hergegeben hätte, betrogen.

Seattle Grace mal anders

Es scheint mir nicht wirklich notwendig, auf jeden einzelnen Aspekt dieses anderen Seattle Grace Hospitals einzugehen, da wir es ohnehin niemals wieder sehen werden, aber ein paar Elemente will ich trotzdem ansprechen.

Das seltsamste Paar dieser veränderten Realität bilden Callie und Owen, zwischen denen es in der uns vertrauten Serienhandlung nie auch nur ansatzweise geknistert hat. In der Alternativwelt aber sind sie verheiratet und haben drei Kinder, ein Mädchen und Zwillingsjungs. Da das Mädchen bereits etwa vier Jahre alt ist, muss Owen in dieser anderen Realität schon früher nach Seattle gekommen sein. Wie könnten Owen und Callie wohl zusammengefunden haben? Man muss dabei bedenken, dass Meredith in dieser anderen Realität nie mit George geschlafen hat, dieser dann nicht die Treppe heruntergefallen ist und Callie somit nicht oder auf ganz andere kennen gelernt hat, sie nicht geheiratet haben, und so weiter. Es fällt einem aber dennoch schwer, sich vorzustellen, wie Callie und Owen ein Paar geworden sind. Auch, wie es zu Callies Wechsel in die Herzchirurgie kam, bleibt unserer Fantasie überlassen.

Meredith und Alex sind natürlich auch ein schräges Paar, wobei die Skurrilität hier eher darin besteht, dass beide sich auf eine für uns völlig ungewohnte Weise kleiden (Meredith in Rosa, Alex mit Brille), anders sprechen als sonst und sich nicht so verhalten, wie wir es gewohnt sind.

Der Amoklauf hat in dieser anderen Realität auch nie stattgefunden, so dass uns ein quicklebendiger Charles Percy begegnet. Da er nur wenige Szenen hat, kommt freilich keine echte Emotionalität auf. Wäre z.B. Reed Adamson auch in dieser Folge aufgetaucht und sie und Charles wären ein Paar gewesen, hätte das natürlich einen extrem tragischen Geschmack gehabt, aber auch zu sehr von den Hauptcharakteren abgelenkt.

Die Moral von der Geschichte

Wenn man makaber sein wollte, könnte man sagen, dass die Message dieser Folge die ist, dass Ellis Greys Alzheimer-Erkrankung und Tod so ziemlich das Beste war, was dem Seattle Grace passieren konnte. Wir sehen Ellis in der Alternativrealität als eine Chefin, die das Krankenhaus zwar wirtschaftlich zum Erfolg, aber menschlich in den Ruin führt. Sie ist vollkommen egoistisch und nur darauf bedacht, sich selbst zu inszenieren. Auch mit Richard Webber an ihrer Seite, der ein toller Vater für Meredith ist, will man sie nicht zur Chefin geschweige denn als Mutter haben.

Die weniger gemeine Botschaft dieser Episode besagt, dass manche Dinge einfach unvermeidlich sind, egal ob man im Laufe des Lebens durch Tor A oder Tor B geht. Trotz der veränderten Umstände kristallisieren sich daher auch in der Alternativwelt nach und nach die uns bekannten Wahrheiten heraus, die da lauten: Derek gehört zu Meredith, nicht zu Addison, Meredith ist auch die einzig wahre Person für Cristina (und umgekehrt), zwischen Cristina und Owen sprühen Funken und Callie und Arizona stehen aufeinander. Man könnte hier kurzum von Schicksal sprechen.

Die vielen Anspielungen auf frühere Ereignisse der Serie, z.B. auf Merediths und Dereks Kennenlernen in der Bar, machen diese Episode dann irgendwie doch zu einem netten Geschenk an die treuen Fans, aber mehr eben auch nicht. Ein Knaller ist dieses Experiment nicht.

Maret Hosemann - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:


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