Bewertung

Review: #4.05 Besessen

Foto: Hayden Panettiere, Heroes - Copyright: 2011 Universal Pictures Germany
Hayden Panettiere, Heroes
© 2011 Universal Pictures Germany

Es ist schade. #4.05 Besessen hatte erstaunlich viele gute Aspekte – Zachary Quinto als verzweifelter Zombie-Sylar, Peters und Emmas Storyline, der Karneval und seine Infiltration der Gesellschaft –, doch es ist nur eine bestimmte Szene, für die man diese Episode in Erinnerung behalten wird. Genau – der Kuss zwischen Claire und Gretchen. Ausgerechnet der wahrscheinlich unspektakulärste Moment dieser Folge, die neben ein paar starken Elementen erneut wieder zu viele Längen aufwies.

"I have been chasing normal life forever, and I finally got it."

Okay, ich gebe zu, 14-jährige pubertierende Jungs werden das mit dem Kuss vielleicht anders sehen. Aber bei mir läuteten sämtliche Alarmglocken. Es ist klar, dass sich "Heroes" in einer Krise befindet. Nicht nur in kreativer, sondern auch in quotentechnischer Hinsicht. Dass die Autoren dann aber letztlich einem solchen Werbetrick verfallen und Wochen zuvor einen lesbischen Kuss anpreisen, nur um wieder mehr Zuschauer vor die Bildschirme zu kriegen, ist schwach. Und es ist schade, denn Claires Storyline zieht diese Episode gehörig nach unten. Einführung bei der Schwesternschaft, Claires weißer Sweater, eine herabfallende Fahnenstange... Claires Collegeleben hat den Unterhaltungswert eines Turnschuhs. Hinzu kommt, dass Gretchen eine Katastrophe ist. Man kann sie einfach nicht mögen. Nach fünf Folgen wissen wir über sie immer noch nicht mehr, als dass sie "Crossing Jordan" auswendig kennt und eine leicht obsessive Ader in Bezug auf Claire hat. Der Kuss zwischen ihr und Claire kommt – auch wenn man die Werbemaschinerie nicht mitbekommen hat – zwar nicht aus heiterem Himmel, da sich das schon in den vergangenen Folgen angebahnt hat, aber es fehlt schlicht und ergreifend die Chemie.

Erst in den letzten Zügen wird die Story doch noch interessant. Tatsächlich haben die Autoren sich an Annies "Selbstmord" erinnert und klären ihn für uns Zuschauer als Mord auf – und zwar durch die Hand von Rebecca, einem Mitglied des Karnevals. Gut gemacht, Autoren! Endlich mal wieder eine unvorhergesehene Wendung. Tatsächlich ist Rebecca die Wurzel allen Übels, die nicht nur Annie aus dem Fenster schubste, sondern auch dafür sorgt, dass Claire keinen Anschluss in der Uni findet. Claire und Gretchen haben jetzt erstmal ein paar romantische Probleme zu klären, aber wir sollten uns lieber fragen, was uns Rebeccas Verhalten über den Karneval generell sagt. Der Karneval ist bereit, über Leichen zu gehen, um neue Familienmitglieder an sich zu binden. Was uns zu der Frage führt: Was zum Henker ist der Karneval eigentlich?

"We've got lots of cousins out there, plenty of candidates, many seeds planted."

Diese Frage wird sich auch Zombie-Sylar gestellt haben, als er plötzlich vor einer Schießbude und einem Riesenrad stand, nachdem er vier Schüsse in den Bauch und eine Flucht durch den Wald hinter sich hatte. Doch von vorne: Sylathan aka Nathan-in-Sylars-Körper aka Zombie-Sylar (so sollten wir ihn diese Woche nennen) ersteht von den Toten. Doch er ist jetzt quasi nur eine leere Hülle. Keine Anzeichen von Nathan, von Sylar auch nicht wirklich. Stattdessen haben wir einen verwirrten, verängstigten Mann, der von Zachary Quinto einfach nur Ü-BER-RA-GEND dargestellt wird. Man weiß, man müsste ihn hassen, immerhin hat Sylar drei Staffeln lang sämtliche Gehirne aufgeschlitzt. Aber Quinto schafft es im Handumdrehen, dass man Mitleid mit dieser Figur hat.

Die Polizei findet bald heraus, dass Zombie-Sylar eigentlich Gabriel Gray heißt und wegen Mordes gesucht wird. (Pluspunkt für Kontinuität und Logik.) Nichtsdestotrotz nimmt Dr. Gibson den potentiellen Mörder schließlich im Auto mit, was eigentlich reichlich dumm ist... aber schön, Zachary Quinto würde ich auch im Auto mitnehmen. Nach einer Konfrontation mit der Polizei landet Sylar unverhofft in den Händen von Samuel, der ihn in seinem neuen "Zuhause" willkommen heißt. Zombie-Sylar ist also das neue Mitglied der Familie. Könnte interessant werden.

"There are people, like us, who have abilities. They can fly, teleport and read minds."

Stichwort Familie. Peter hat sich Noahs und Samuels Rat zu Herzen genommen und lädt Angela und Nathan zum Frühstück ein. Doch Angela ist geistig abwesend, redet dauernd von Nathan und scheint ihren jüngsten Sohn kaum wahrzunehmen. Angela erkennt also langsam die Konsequenzen ihrer horrenden Tat – auch wenn sie Nathans Psyche in Sylars Körper pflanzen ließ, sie muss feststellen, dass sie Nathan längst verloren hat. Und zwischen ihr und Peter besteht eine Distanz, die man nicht einfach mit einem Frühstück reparieren kann.

Parallel zu Peter hat auch Emma Probleme mit ihrer Mutter, die sich als Dr. Coolidge herausstellt. Auch diese Szene kann überzeugen, und Emmas Verlorenheit in den Straßen New Yorks wird wunderbar von Deanne Bray transportiert. Ein Lob geht auch an SJ Clarksons Inszenierung, die geschickt die Taubheit von Emma zu vermitteln weiß und uns Zuschauern so viel mehr Zugang zu dieser Figur ermöglicht. Dies ist eine gute Basis für die unumgängliche Liebesgeschichte, die sich seit dem ersten Auftreten von Emma zwischen ihr und Peter abzeichnete. Anders als bei Claire und Gretchen, wo man mit dem Holzhammer einen Frauenkuss einbaut, geht man hier mit erstaunlich viel Feingefühl vor und bietet uns mit der Kinderchor-/Klavierszene im Krankenhaus die schönste Sequenz der gesamten Folge. Das sind die Momente, die die Serie immer auszeichneten und die es in letzter Zeit viel zu selten gab.

"It's okay brother. You're safe here."

Letztlich stehen die guten Momente von #4.05 Besessen aber leider im Schatten des Werbetrick-Kusses, um den ein völlig überproportionales Aufsehen gemacht wurde, nur um Zuschauer zu locken. Die meisten werden sich an den Claire/Gretchen Kuss erinnern, doch eigentlich sollte man sich an die großartigen Szenen mit Zombie-Sylar erinnern, an den wunderschönen Moment mit Peter und Emma und an die interessante Enthüllung, dass Rebecca Annie getötet hat. Viele gute Ansätze, doch für eine wirklich gute Folge fehlt noch zu viel. Sechs Punkte gibt es daher, Tendenz steigend.

Maria Gruber - myFanbase

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