Review: #4.19 Der letzte Vorhang
Hätte mir jemand nach der ersten Staffel von "Heroes" prophezeit, dass ich das Ende der Serie einmal sehnlichst herbeiwünschen würde, so hätte ich das nie geglaubt. Doch bekanntermaßen lernt man nie aus und tatsächlich ist die erste Reaktion nach dieser Episode ein erleichterter Seufzer.
Endlich ist es vorbei.
#4.19 Der letzte Vorhang enthält sämtliche Störfaktoren, die bereits die gesamte vierte Staffel schon so unterirdisch machten. Selten hat man so viele Deus-ex-Machina-Situationen gesehen, selten so viel willkürliches Storywriting, das prinzipiell nur auf Zufall basiert und nie auf Logik. Und so ist es nun ein letztes Mal Zeit für ein kollektives "Das kann doch nicht wahr sein!".
"Things change. But people don't."
DKDNWS #1: Lauren steht jetzt einfach mal allein in der Gegend rum. Vergessen ist die Tatsache, dass sie in der letzten Folge noch in Samuels Gefangenschaft war. Der Karneval ist nach New York umgezogen, doch aus unerfindlichen Gründen wurde Lauren zurückgelassen. Es ist auch völlig schleierhaft, woher Tracy denn eigentlich weiß, dass Noah und Claire mehrere Meter unter der Erde verschüttet wurden. Äh, liebe Autoren, für wie dumm haltet ihr uns eigentlich?
Es ist überhaupt unfassbar konstruiert, dass man Tracy, die seit #4.10 Meines Bruders Hüter keine eigene Storyline mehr hatte, prompt aus der Trickkiste holt, damit sie Noah und Claire rettet. So schnell Tracy auftaucht, ist sie dann auch wieder verschwunden. Dafür hat Lauren einen Helikopter (!) organisiert, der sie mal eben nach New York fliegt.
DKDNWS #2: Matt hat nichts anderes zu tun, als den Kühlschrank zu durchforsten, während Sylar und Peter bewusstlos in seinem Keller liegen. Genau Matt, erstmal was essen, bevor wir irgendwelche Menschenleben retten. Eli unterbricht Matts Kochvorhaben jedoch und belagert sein Haus. Der Kampf zwischen Peter, Sylar und den Elis, der bereits in der vergangenen Folge eingeleitet wurde, verpufft aber natürlich wieder im Nichts und findet fernab der Kamera statt. Meine Güte, wieso machen die Autoren denn immer und immer wieder denselben Fehler, nämlich Kämpfe anzukündigen, die es dann doch nicht zu sehen gibt (vgl. unter anderem #3.25 Unsichtbare Bedrohung)?
"I'm a hero."
Sylar und Peter treffen schließlich auch in New York ein (nur zur Info: Matts Haus befindet sich in Los Angeles!) und es kommt zum "Showdown" – oder so was ähnlichem. Denn selten war ein Finale so unspektakulär, so spannungsarm und so phantasielos wie dieses.
Wie von Peter bereits antizipiert, erweist sich Sylar tatsächlich als Held und rettet Emma vor Doyle, der sie dazu gezwungen hat, das Cello zu spielen. Sylar ist glücklich wie Winnie Pooh im Honigladen und beendet seine Karriere schließlich als heldenhafter Retter. Gleichzeitig versucht Claire, Samuel vor seinen Leuten bloßzustellen, was sie im Handumdrehen schafft. Mensch, ist das langweilig.
Nachdem Samuel gestürzt wurde, kommt endlich dessen wahre Natur zum Vorschein: Voller Rage beginnt er, die Erde zum Beben zu bringen, wird dabei jedoch von Peter aufgehalten. Während der Erdkampf zwischen Peter und Samuel einerseits zwar mit ganz netten Effekten umgesetzt wurde, so muss man sich andererseits doch fragen, wieso die beiden nur ein bisschen Dreck hin- und herschieben, wenn Samuels Fähigkeit sich in der Vergangenheit doch als so mächtig erwiesen hat, dass er ganze Straßen aufreißen und Städte versenken kann. Doch das Allerbeste kommt noch – DKDNWS #3: Samuel verliert urplötzlich seine Kräfte, nachdem Hiro und Ando die Karnevalsmitglieder wegteleportiert haben. Wie kann das sein, wenn doch klargestellt wurde, dass Samuel von vornherein terrakinetische Fähigkeiten hat, die durch die anderen nur verstärkt wurden, nicht aber auf diese angewiesen waren? Nun hat er auf einmal gar keine Fähigkeiten mehr. Nicht zum ersten Mal hat man als Zuschauer das Gefühl, die Autoren würden einem nur die Gedächtniskapazität einer Eintagsfliege zutrauen.
Beendet wird das Volume mit einer großartigen Portion Selbstironie – Samuel wird abgeführt, was Noah mit einem trockenen "I gotta say: I never liked carnevals" kommentiert, woraufhin Peter ein schelmisches "Yep" entgegnet –, doch das kann überhaupt nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Ende dieses Volumes und dieser Storyline absolut katastrophal ist. Ganze Szenen werden einfach für irrelevant erklärt, zuvor aufgestellte Fakten werden komplett ignoriert oder verändert, und die Lösung des Problems kommt schließlich in Form mehrerer riesiger Zufälle. Genau das ist Fernsehen, wie es nicht sein sollte.
"My name is Claire Bennet, and this is attempt number... I guess I've kind of lost count."
Bevor der Vorhang dann endgültig fällt, bekommen wir noch einen kurzen Einblick davon wie es weitergegangen wäre, hätte "Heroes" grünes Licht für eine fünfte Staffel bekommen. Ein Einblick, der eigentlich nur bestätigt, dass die Absetzung der Serie eine goldrichtige Entscheidung seitens NBC war.
Es kann schon mal nicht wahr sein, dass ein Trupp Journalisten einfach mal seelenruhig zusieht, wie ein blondes Mädchen ein Riesenrad erklimmt. Doch dass sich Claire dann tatsächlich vor allen vom Riesenrad stürzt, ist an Dämlichkeit nicht mehr zu überbieten. Wie hätte die nächste Staffel dann ausgesehen? Hätte sie versucht, die Problematik der gesellschaftlichen Akzeptanz von übernatürlichen Fähigkeiten zu thematisieren? Sicherlich kein uninteressantes Thema, doch man muss klipp und klar sagen: Mit dem aktuellen Autorenteam von "Heroes" wäre das definitiv in die Hose gegangen.
So bleibt dem Finale eigentlich nur ein einziger guter Aspekt: Hiro und Charlie. Nur ihre Geschichte bekommt ein schönes, versöhnliches Ende und schafft es, das Interesse des Zuschauers zu wecken. Die beiden sorgten nicht nur für die einzige wirklich gute Episode in dieser Staffel (#4.08 Es war einmal in Texas), sondern liefern auch die einzige Storyline dieses Finales, die man mit Freude verfolgt – ganz ohne Effekte oder Superkräfte.
Doch leider fällt das Fazit insgesamt sehr mager aus: #4.19 Der letzte Vorhang ist das Finale einer Serie, deren Autoren nie den Mut zur letzten Konsequenz bewiesen, die immer mehr an Kreativitätsmangel und fehlender Detailtreue litt, die die meiste Zeit lang ihrer alten Form hinterher trauerte und die schließlich in einer Abwärtsspirale im qualitativen Sumpf landete. So gut wie "Heroes" 2006 startete, so schlecht endet es nun 2010. Man darf erleichtert aufatmen, dass Staffel 4 das Ende der Serie besiegelt, auch wenn es ein schlechtes ist. Doch so kann es gehen: Von einer überaus unterhaltsamen Show mit tollen Geschichten und liebenswerten Charakteren hat sich "Heroes" zu einem einfallslosen Format mit komplett unlogischen und inkohärenten Stories entwickelt, das man nach seiner Absetzung nicht mehr vermissen wird.
Maria Gruber - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Brave New WorldErstausstrahlung (US): 08.02.2010
Erstausstrahlung (DE): 08.12.2010
Regie: Adam Kane
Drehbuch: Tim Kring
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