Review: #3.05 Das Yoga-Spiel
"Homeland" hat dem Zuschauer zu Beginn dieser Staffel einiges abverlangt. So richtig warm werden, wollte und konnte man mit den jüngsten Entwicklungen nicht. Alles schien so… anders. Die Serie schlug eine Richtung ein, die gewöhnungsbedürftig war und irgendwie nicht mehr viel mit den ersten beiden Staffeln gemein hatte. Mit #3.04 Game On kam dann zum Glück ein Bisschen Licht ins Dunkel: Bei allem, was uns bisher präsentiert wurde, steckten Carrie und Saul also unter einer Decke. Ihr Ziel: an Javadi herankommen. Es lässt sich sicherlich darüber streiten, wie plausibel und vor allem befriedigend dieser Twist tatsächlich war. Trotz aller offen gebliebenen Fragen liefert er zumindest eine Erklärung für die eigenartigen Wandlungen von Carrie und Saul. Er weckt außerdem die Hoffnung, dass sich die weitere Storyline nun Stück für Stück zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenfügt. Umso größer demnach die Erwartungen an die aktuelle Episode. Und zum Glück wird mit #3.05 The Yoga Play eine Folge abgeliefert, die an das alte, gewohnte "Homeland" erinnert und endlich, ENDLICH nicht mehr ganz so furchtbar fremd wirkt.
"We don't have to be who we are. Not forever. We can escape it." - "You think, people would let us?"
Fast schon philosophisch ist die Unterhaltung, die Dana und Leo zu Beginn der Episode im Auto führen. Sie sind noch immer auf der 'Flucht', wollen ihr altes Leben hinter sich lassen und erinnern dabei an Brody und Carrie, die besonders in Staffel zwei auch nichts anderes wollten, als all ihren Schwierigkeiten zu entfliehen, um einfach sie selbst sein zu können. Aber so einfach ist das leider nicht. Vielleicht sogar unmöglich. Und das bekommt Dana in #3.05 auf die harte Tour zu spüren. Sie erfährt, dass Leo ihr, bezüglich der Todesumstände seines Bruders, nicht die Wahrheit gesagt hat und kann damit nicht umgehen: "I told you, I told you over and over again that the one thing I cannot have in my life is lies and you, you lied to me."
Dass Dana derart 'allergisch' darauf reagiert, zeigt, dass Lügen für sie ein absolutes No-Go sind. Ein No-Go, das sie Reißaus nehmen lässt. Und wer ist dafür verantwortlich? Brody. Wir haben nicht unmittelbar mitansehen können, wie es ihr in den ersten zwei Monaten erging, nachdem sie von Brodys Doppelleben erfuhr, doch holen das jetzt gewissermaßen nach. Ihr missglückter Selbstmordversuch ist eigentlich schon Indikator genug, dass sie fürchterlich verletzt sein muss. Es kommt ihr vor, als hätte sie ihren Vater nie gekannt, als wäre ihre ganze Welt komplett aus den Angeln gehoben worden. Da das Verhältnis zwischen ihr und Brody schon immer recht eng war, ist es kein Wunder, dass sie sich betrogen fühlt. In Leo fand sie endlich wieder jemanden, dem sie vertrauen konnte, der ihr, wie sie Jessica in der letzten Episode sagte, einen Grund gab, leben zu wollen. Doch nun scheint dieser Grund null und nichtig. Nach Brody hat, jedenfalls in ihren Augen, auch Leo ihr Vertrauen missbraucht. Was bedeutet das jetzt für sie? Wird sie damit zurechtkommen? Ist sie stabil genug? Oder wird ihr ihr Leben wieder zu viel?
Dass die Autoren uns daran teilhaben lassen, welche Auswirkungen Brodys Doppelleben auf seine Familie hat, ist eine tolle Komponente der bisherigen Staffel. Eine, mit der man sich nach dem bislang eher holprigen Staffelstart wahrscheinlich noch am ehesten anfreunden konnte. Zumal "Homeland" immer schon darauf bedacht war, einen möglichst allumfassenden Blick auf die Dinge zu werfen. Welche Konsequenzen Brodys Machenschaften auf seine Familie haben würden, war schon in den ersten beiden Staffeln immer wieder Thema und etwas, das Brody am meisten fürchtete. Daher ist es nur logisch, dass wir genau das jetzt gezeigt bekommen. Allerdings wäre wünschenswert, dass die Storyline um Dana noch tiefer in den sich langsam abzeichnenden roten Faden dieser Staffel eingefügt wird und nicht einfach nur losgelöst parallel dazu läuft (wie seinerzeit die Geschichte mit Finn). Vielleicht wird Dana in Hinblick auf Brody noch einmal wichtig? Carrie jedenfalls vermutete gegenüber FBI-Agent Hall, dass Brody sich wohl am ehesten an Dana wenden würde, sollte er jemals Kontakt aufnehmen wollen.
Genau genommen, ist das auch der einzige Grund, warum es Sinn macht, dass Carrie Interesse daran haben könnte, Dana möglichst schnell zu finden. Sie geht daher auf Jessicas Bitte ein, ihr bei der Suche zu helfen. Dass Jessica sich ausgerechnet an Carrie wendet, ist leider schon sehr weit hergeholt. Ausgerechnet Carrie, die Frau, die für Jessica nach allem, was passiert ist, ein rotes Tuch sein müsste… Warum kann Mike ihr nicht helfen? Der müsste doch auch über entsprechende Kontakte verfügen? Positiv anzumerken ist allerdings Jessicas Wandlung. Sie hat aus ihren Fehlern gelernt und will diese nicht noch einmal machen: "You helped us once before. You turned up to my house and you tried to warn me about Brody. And even though I knew in my heart something was seriously fucking wrong, I didn't listen. And I know something is wrong now. I know it. And I'm begging you, please, help me find her."
Dass Carrie für Dana ihre laufende Mission in Sachen Javadi aufs Spiel setzt, ist nicht gerade clever, aber in Carries Fall auch nicht total aus der Luft gegriffen. Es passt zu ihrer impulsiven, 'Kopf durch die Wand'-Art, die man schon so oft von ihr gesehen hat. Andererseits sollte Javadi für sie im Moment oberste Priorität haben, insbesondere wenn man bedenkt, was sie dafür bereits alles auf sich genommen hat.
Die Geschichte um Dana und Leo wirkt also womöglich nicht ganz rund, doch darstellerisch ist sie einwandfrei umgesetzt. Besonders Morgan Saylor und Morena Baccarin können hier glänzen. Und eines muss man den Autoren lassen: Die "Romeo und Julia"-Referenz war ein nettes Gimmick, hat Claire Danes doch selbst mal sehr erfolgreich an der Seite von Leonardo DiCaprio die Julia verkörpert. Sie, respektive Carrie, sollte also wissen, wovon sie spricht, wenn sie zu Bedenken gibt, dass deren (Liebes-)Geschichte kein gutes Ende nahm…
"What you put yourself through? It was fucking incredible."
Peter Quinn könnte langsam aber sicher zu einer der sympathischsten Figuren bei "Homeland" avancieren. Vielleicht ist 'sympathisch' auch nicht das treffendste Wort für ihn. Aber man möchte ihn inzwischen einfach wirklich nicht mehr missen. Dabei weiß man gar nicht, wie das eigentlich passieren konnte. Besonders in der 'Kennenlernphase' in Staffel zwei wirkte er ja eher zwielichtig. Gerade Carrie und er hatten nicht gerade den besten Einstand. Doch davon ist inzwischen überhaupt nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil. Saul weiht ihn in dieser Folge endlich in den geheimen Plan rundum Carrie ein und holt ihn mit ins Boot. Er soll ab sofort ein Auge auf Carrie haben und sie, mehr oder weniger, vor Javadis Leuten beschützen – was ihm leider nicht gelingt.
Doch irgendwie ist er immer für Carrie da: Ob in der Klinik, in der Tiefgarage oder aber als er sie zu Hause anruft, um sich zu erkundigen, ob alles in Ordnung ist. Wollen die Autoren damit auf irgendetwas Bestimmtes hinaus? Eine neue Romanze??? Oder ist Quinn einfach nur nett, zeigt einfach nur Mitgefühl? Er hat ja nicht gerade verschwiegen, dass es ihm (verständlicherweise) gegen den Strich ging, wie mit Carrie in den letzten Folgen umgegangen wurde, wie Saul mit ihr umgegangen ist. Sein "Fuck me.", als Saul ihn bezüglich des Plans aufklärt, spiegelt auf alle Fälle so ziemlich genau das wieder, was dem Zuschauer am Ende von #3.04 ebenfalls durch den Kopf gegangen sein muss, als die große Offenbarung kam.
In der Tat ist Saul ziemlich eigenartig drauf. Was Quinn an Sympathiepunkten sammelt, büßt Saul kontinuierlich ein, seitdem er zum vorläufigen CIA-Direktor ernannt wurde. Dass er anscheinend so gar keine Bedenken hat und Carrie ohne mit der Wimper zu zucken opfert, passt überhaupt nicht zu ihm. Auch als Quinn ihn darüber unterrichtet, dass die Iraner Carrie entführt haben, reagiert Saul ziemlich emotionslos, fast schon abgebrüht – vollkommen untypisch. Die CIA scheint ihm wichtiger zu sein, als Carries persönliches Schicksal.
Quinn: "We lost her."
Saul: "But we know who's got her. We're back in business."
Quinn: "She's on her own, Saul."
Saul: "She's always been on her own."
Der CIA-Posten tut Saul ganz eindeutig nicht gut. So richtig traurig darüber, dass er ihn also nur noch für zwei weitere Wochen inne haben wird, kann man nicht sein. Das einzige und wahrscheinlich alles andere als leicht zu lösende Problem: Senator Lockhart wird seinen Platz übernehmen. Lockhart, der nun wirklich der unsympathischste aller Unsympathen ist und der Saul zu verstehen gab, dass er eine andere Linie mit der CIA fahren wird. Was das für Saul, Carrie, für ihre Javadi-Mission und auch für Brody (sollte er jemals wieder in irgendeiner Form auf CIA-Seite von Relevanz werden) bedeutet, kann man sich leicht vorstellen… Es werden andere Seiten aufgezogen. Seiten, die unsere Protagonisten mit Sicherheit noch in arge Bedrängnis bringen werden.
Am Rande sei noch angemerkt, dass es für Saul in dieser Episode überhaupt nicht gut lief: Carrie agiert mal wieder auf eigene Faust, als sie sich um Danas Verschwinden kümmert, Lockhart macht ihm seinen Posten bei der CIA streitig und zu guter Letzt trifft sich Mira in Sauls nicht ganz so abwesender Abwesenheit mit irgendeinem 'Kollegen'… Ihm gleitet alles aus den Händen – bis, ja bis Carrie offenbar ihr gemeinsames Ziel erreicht hat.
"Carrie Mathison. You're in good shape. Must be all that yoga."
Was für ein tolles Ende! So will man "Homeland" sehen. So und nicht anders! Die Autoren können es also noch, wenn sie nur wollen… Carrie befürchtet, mit ihrem 'Yoga Play' doch nicht durchgekommen, sondern vor den Iranern aufgeflogen zu sein. Und bis zum Schluss weiß man nicht, was jetzt eigentlich der Fall ist. Was sollte ihr Javadi sonst mit diesem Spruch sagen wollen? Falls es sich bei dem unbekannten Mann denn überhaupt um Javadi handelt?! Offiziell vorgestellt hat er sich bislang ja noch nicht. Es bleibt also spannend und so kann die nächste Episode gar nicht schnell genug kommen. Was weiß Javadi? Hat er Carrie durchschaut? Was macht er jetzt mit ihr? Und vor allem: Warum, bitte, nimmt sie ihre Tabletten nicht mehr? Das kann doch nicht gut gehen. Das sollte sie am besten wissen. Was allerdings die Frage aufwirft: Hat sie vor ihrer erneuten Einlieferung in die Psychiatrie ihre Medikamente bewusst abgesetzt, um ihren und Sauls Plan ins Rollen zu bringen? Oder hat sie sie abgesetzt, weil sie wirklich dachte, sie würden ihre Wahrnehmung trüben und wären somit der Grund, dass von ihr unbemerkt ein Terroranschlag auf die CIA geplant und verübt werden konnte? Die Entsorgung ihrer Tabletten in der Toilette lässt auf letzteres schließen. Da sie sich aber augenscheinlich in Javadis Gewalt befindet, kommt das Absetzen ihrer Medikamente, noch dazu auf eigene Faust, zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt und wird (hoffentlich) noch für gehörige Probleme sorgen. Was die Macher hierzu noch in petto haben, wird uns sicherlich in #3.06 Still Positive beschäftigen.
In jedem Fall hat die Szene rundum Carries Entführung endlich mal wieder das bewirkt, was für "Homeland" eigentlich immer so typisch war: Als Zuschauer sah man sprachlos mit an, was mit Carrie passiert und konnte seinen Augen nicht trauen. Endlich kommt Tempo in die Geschichte. Der Bösewicht der Staffel (?) scheint mit Javadi gefunden und präsent zu sein – so er es denn tatsächlich sein sollte. Bislang blieb der Herr noch namenlos. Wer ist er also? Und warum hat er eine Frau mit ihrem Kind beobachtet? Und was will er überhaupt in den USA? Fragen über Fragen, die hoffentlich innerhalb der nächsten Folge(n) beantwortet werden .
Fazit
Was die ersten drei bis vier Episoden nicht, oder nur bedingt geschafft haben, gelingt #3.05 nach Langem wieder: Es macht Lust auf "Homeland". Lust darauf, zu sehen, wie es weitergeht und was mit Carrie passiert. Die Handlung scheint endlich wieder in Gang zu kommen – und das auf befriedigende Art und Weise. Interessant ist dabei, dass Brody auch in dieser Folge nicht anwesend war, er aber auch nicht wirklich gefehlt hat. Die Serie kommt also anscheinend auch ohne ihn aus, wenn denn die richtigen Geschichten erzählt werden. (Vermutlich brauchen die Autoren noch etwas Zeit, um ihn in seiner venezolanischen 'Hölle' glaubhaft zum Drogenjunkie werden zu lassen. Daher seine Abwesenheit.)
#3.05 The Yoga Play ist sicher keine perfekte Episode und hat die eine oder andere Schwäche. Vergleicht man sie aber mit den restlichen vieren der bisherigen dritten Staffel ist sie definitiv eine der besseren, da sie an alte Stärken anknüpft. Man darf also aufatmen. Wenn die Autoren die nun begonnene Linie weiterfahren, sind in Sachen "Homeland" Hopfen und Malz noch längst nicht verloren. Zum Glück. Es wäre schade darum.
Franziska G. - myFanbase
Die Serie "Homeland" ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: The Yoga PlayErstausstrahlung (US): 27.10.2013
Erstausstrahlung (DE): 06.04.2014
Regie: Clark Johnson
Drehbuch: Patrick Harbinson
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