Review: #3.06 Machtwechsel
Nachdem man sich stilistisch in den ersten Episoden schon noch etwas an die neue Staffel gewöhnen musste, kann man mit dieser Folge nun eines ganz klar feststellen, "Homeland" ist wieder zu sich selbst zurück gekehrt. Es wird wieder befragt, ermordet, verdächtigt, geheim gehalten und alles so teilweise auch verwirrend ineinander verzahnt, dass man als Zuschauer wieder neugieriger und ungeduldiger wird. Allerdings ist man qualitativ noch ein großes Stück von den besten Zeiten entfernt.
"I can't be Dana Brody anymore!"
Etwas außerhalb der Javadi-CIA-Geschichte steht natürlich noch die Entwicklung von Dana Brody, die einen sehr großen Schritt in dieser Episode macht. Dana trifft eine unerwartete, aber durchaus sehr nachvollziehbare Entscheidung. Sie braucht einen Schlussstrich, einen Neuanfang, und sieht diesen nur mit neuem Namen als möglich an. Doch es soll noch viel schlimmer kommen, wenn man die ganze Situation aus Jessicas Augen betrachtet, denn Dana zieht aus, zu einer noch nie gesehenen Freundin namens Angela. Ich kann mir nicht im Entferntesten vorstellen, wie hart es sein muss, von jetzt auf gleich seine Tochter gehen zu lassen. Jessica schafft es leider auch in dieser Szene ohne Tränen auszukommen. Womöglich ist sie so schockiert, dass sie noch keine richtigen Emotionen zulassen kann und stattdessen erst mal rational zu sein versucht, Dana also Geld mitgibt. Widerstand hat sie nur kurz geboten, was in erster Linie zeigt, dass Jessica im tiefsten Inneren spürt, dass dies für Dana durchaus die richtige Entscheidung sein könnte. Und letztlich ist eine Mutter doch immer ein Mensch, der für das Wohl der Kinder alles tun würde.
Diese Entwicklung lässt nun allerdings vermuten, dass Jessica kaum noch in Erscheinung treten wird. Ohne Dana gibt es keine wirkliche Geschichte mehr für die Familie Brody. Mike ist durch die Drehrealität bedingt nur zufällig da und die Beziehung ja eigentlich geklärt, der Umgang mit Brody kann auch nicht mehr stattfinden und da Chris sowieso schon seit der zweiten Staffel nur eine Statistenrolle hat, gibt es keine Anlässe mehr, überhaupt jemandem hier Zeit zu widmen. Und mitten in der Staffel noch eine neue Story anzufangen, erscheint auch unsinnig.
"Get angry at something!"
Die Beziehung zwischen Saul und Mira ist wirklich sehr merkwürdig. Sie ist nach der Trennung wieder zurück zu ihm gekommen, weil sie nach dem Anschlag für ihn da sein wollte. Wenn man bedenkt, dass sie ihm zuliebe Vieles aufgegeben hat, kann man ihr das hoch anrechnen. Allerdings muss man auch dagegen halten, dass Mira nun alle Entscheidungen selbst getroffen hat. Leider lebt Saul aber auch weiterhin in großer Lethargie und so bleibt Mira auch jetzt immer der aktive Posten, während Saul sich total zurück zieht und gar keine Gefühlsregungen zeigt. Das ist schon sehr frustrierend und so richtig weiß man auch nicht, wohin uns dieser Geschichte noch führen soll.
Was in dieser Episode allerdings sehr gelungen herüber kommt, ist der Zusammenhang zwischen Sauls Arbeit und Sauls Privatleben. Je unglücklicher er in dem einen Feld ist, desto unglücklicher scheint er auch im anderen Teil sein. Saul ist aber schon so abgestumpft, dass er eigentlich gar nichts mehr mitbekommt. Und auch sein Verhalten Carrie gegenüber ist alles andere als emotional, sondern vielmehr berechnend und auf sein Ziel ausgerichtet, obwohl er genau das ja wohl erst mal nicht erreichen sollte. Saul bleibt vorerst der Unsympath der Staffel und seine Vergangenheit mit Javadi macht seine Figur zwar interessanter, nicht aber wirklich vertrauenswürdiger. Man wird bei ihm das Gefühl nicht los, dass alles, was er tut, wirklich ausschließlich für ihn selbst bestimmt ist und anderen wirklich nur zufällig hilft, wenn überhaupt.
"You must stop him going in that house!"
Javadis Rolle ist auch noch etwas undurchsichtig. Er hat ja eigentlich einen richtig schmerzhaften Angriff gegen die Amerikaner koordiniert und müsste dafür theoretisch in seinem Land gefeiert werden. Doch Javadis Geldschiebereien haben ihn auch im eigenen Kreis ins Abseits gedrängt. Die genauen Zusammenhänge sind noch nicht vollständig entwirrt und insbesondere in Bezug auf Saul stehen da doch noch viele Fragezeichen über das Wie, Wann und Warum. Javadi ist jedenfalls kein Kind von Traurigkeit und hat offenbar auch nur ein Ziel gehabt, Fariba, seine Ex-Frau, die nun sterben musste, auf äußerst brutale Art. Trotzdem ist Javadi für mich als Bösewicht der Staffel noch nicht angekommen. Irgendwas fehlt mir da noch. Nazir war da einfach ein anderes Kaliber. Ich hoffe aber sehr, dass die Figur ihrer Rolle noch würdig wird.
"Still Positive"
Ich bin noch immer sehr unschlüssig, was ich mit dem Titel der Episode und dem damit verbundenen Inhalt anfangen soll. Dass Carrie schwanger ist, stellt für mich erst mal einen ziemlich plumpen Versuch da, Dramatik herbeizuführen. Ich fühle mich doch eher an eine Seifenoper erinnert, statt an ein qualitativ hochwertiges Drama, welches zig Preise abräumt. Insofern kann ich jetzt nur hoffen, dass die Autoren hier wirklich eine gute Idee haben, denn in dieser Episode war das für mich eher ein WTF-Moment. Allein schon die 300 Schwangerschaftstest sind seltsam und werfen Fragen auf. Wieso versichert sich sich immer wieder? Erwartet Carrie, dass sie durch ihre Pillen einen Schwangerschaftsabbruch bekommt? Das "still" im Titel der Episode würde diese These stützen. Allerdings muss man sich wirklich fragen, inwieweit Carries anstrengender Klinikaufenthalt eine Schwangerschaft überhaupt glaubwürdig macht. Außerdem müsste sie ja inzwischen langsam ein Stadium erreichen, bei dem man auch äußerlich etwas merken sollte. Auf jeden Fall hatte sie wohl Glück, dass sie nicht unter Übelkeit und Heißhunger leidet und ihre Alkoholexzesse hatten zumindest keine abbrechende Wirkung. Da sie offenbar schon sehr lange von der Schwangerschaft weiß, frage ich mich aber auch, warum sie durch Alkohol und Tabletten die Gesundheit des Fötus aufs Spiel setzt, an eine Abtreibung aber offenbar noch nicht gedacht hat. Es ist eben wie so oft mit kleineren Schnipseln, die für eine fundierte Analyse zu wenige Informationen bieten. Aus jetziger Sicht ist das erst mal alles haarsträubend und nicht wirklich bereichernd für die Bewertung der Episode. Geniale Twists sehen für mich anders aus.
Fazit
Rein stilistisch und vom Aufbau her war es eine gute "Homeland"-Episode, doch mit einem detaillierteren Blick auf die Episode stellt man doch fest, dass die Serie noch längst nicht an ihre besten Zeiten heran kommt. Javadi ist noch zu blass, Saul zu unsympathisch und Carries Schwangerschaft zu soapig, als dass man sich rundum wohl fühlen würde. Trotzdem bin auch ich "still positive", dass diese Staffel in der zweiten Hälfte ihr Potenzial wieder voll ausschöpft. Dieses Mal gibt es aber nur fünf Punkte, denn der Kontrast zu den Episoden aus der ersten Staffel ist einfach zu hoch.
Emil Groth - myFanbase
Die Serie "Homeland" ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Still PositiveErstausstrahlung (US): 03.11.2013
Erstausstrahlung (DE): 13.04.2014
Regie: Lesli Linka Glatter
Drehbuch: Alexander Cary
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