Bewertung

Review: #5.12 Die letzte Illusion

Das war es nun also, das Finale der fünften "Homeland"-Staffel. Solide, aber nicht herausragend. Gut, aber nicht so wie erwartet. Nach #5.11 Our Man in Damascus hätte man gedacht, eine spannungsreiche, actiongeladene Folge stünde bevor, in der sich alles um den Terroranschlag und dessen Vereitelung drehen würde. Das tat es auch. In den ersten zehn Minuten. Die restlichen 50 präsentierten sich ganz anders.

"Ich kann dich das nicht tun lassen."

Die Terroristen scheitern. Und zwar so: Carrie redet auf Qasim ein, der redet auf Bibi ein – allerdings ohne Erfolg. Es kommt zum Schusswechsel. Die Terroristen sterben. Der Anschlag wird vereitelt. Carrie ist die stille Heldin der Stunde. So weit, so gut. Aber hätte man daraus nicht mehr machen können? #5.11 Our Man in Damascus war eine richtig starke Folge. Wir haben gesehen, wie die Terroristen den Anschlag auf den Berliner Hauptbahnhof vorbereiten, wie Qasim Zweifel kommen, wie Allison CIA und BND auf eine falsche Fährte lockt. Zu erwarten wäre gewesen, dass "Homeland" genau da anknüpft und das Katz- und Mausspiel zu seinem Höhepunkt führt. Mit viel Spannung und Action, so dass es einen einfach mitreißt. Aber nichts da. Die Episode widmet sich in ihren ersten zehn Minuten dem Anschlag und dann war's das. Das enttäuscht. Die Auflösung dieses bedeutenden Handlungsstrangs erscheint zu einfach, zu schnell, fast nebensächlich. Man hätte aus dieser Geschichte sicherlich noch sehr viel mehr herausholen können. Und doch entschied man sich dagegen und gab dem Staffelende einen gänzlich anderen Dreh.

"It is up to you, Laura."

Der BND hat Numan verhaftet, hat die gestohlenen geheimen Dokumente gesichert. Nichts kann also noch an die Öffentlichkeit dringen, was nicht an die Öffentlichkeit dringen soll. Wie wird nun sichergestellt, dass Laura auch ja ihren Mund hält? Astrid erpresst sie. Wenn Laura ihre öffentlichen Anschuldigungen nicht zurücknimmt, wird Numan zurück in die Türkei geschickt, wo vermutlich die Todesstrafe auf ihn wartet. Also erklärt Laura in einem TV-Interview, Faisal wäre einer der am Anschlag beteiligten Terroristen gewesen, obwohl sie damit ihre eigene Glaubwürdigkeit als Journalistin diskreditiert. Ein gutes Ende für den großen roten Faden, der sich von Folge 1 an durch die gesamte Staffel zog. Interessant ist vor allem, dass die doch so starke und nicht vor Risiken zurückschreckende Laura offensichtlich doch eine Grenze zieht, wenn es darum geht, andere in Gefahr zu bringen. Sie hätte Numan für das große Ganze opfern können. Das tat sie aber nicht.

"You were an easy target, Saul."

Allison ist auf dem Weg nach Russland. Ivan verpfeift sie allerdings bei Saul und sorgt damit für einen Kracher am Ende der Folge, den man so kaum erwartet haben dürfte. Das Auto, mit dem Allison über die Grenze gebracht werden soll und in dem sie wehrlos (!) im Kofferraum liegt, wird beschossen. Nicht nur beschossen. Es wird durchlöchert! Drastisch. Und scheinbar Sauls persönlicher Rachefeldzug. Er hätte sie sicherlich auch festnehmen können. Doch das wäre wohl nicht genug für ihn gewesen. Und so möchte man fast sagen: endlich! Es war schon verwunderlich wie vergleichsweise ruhig Saul den Verrat an ihm weggesteckt hat. Es war zwar zu merken, wie es in ihm brodelt, doch zum Ausbruch kam seine Wut nur ein einziges Mal in #5.10 New Normal. Wer kann's ihm also verübeln? Da man Saul jedoch als jemanden kennt, der in der Regel einen kühlen Kopf bewahrt, ist es gewöhnungsbedürftig, wenn diese andere, rigorose Seite von ihm zum Vorschein kommt. Zum Feind möchte man ihn besser nicht haben.

"I was waiting for you, Carrie."

Carrie kehrt nach Hause zurück und trifft dort auf Jonas. Man hofft, dass zwischen den beiden doch noch nicht alles kaputt ist. Aber zu früh gefreut. Zugegeben: Es wäre äußerst eigenartig gewesen, wenn Jonas alles vergessen hätte, was zu Beginn der Staffel passiert ist. Es war schon damals klar, dass Carries Welt nicht seine Welt ist. Warum sollte sich das jetzt ändern? Insofern war es nur konsequent, dass er sich von ihr trennt. Wenn auch sehr, sehr schade, da er genau das Leben symbolisiert, das Carrie gern führen würde – ein Leben mit Kind und Mann und ohne Katastrophen. Doch für Carrie scheint das (so) einfach nicht möglich zu sein. Saul versucht, sie wieder zur CIA zurückzuholen. Das lehnt sie kategorisch ab. Sie sagt, sie sei diese Person nicht mehr. Sie will kein CIA-Leben mehr führen. Dass sie in dieser Entscheidung so klar ist und auch die Trennung von Jonas daran nichts ändert, überrascht - und dann überrascht es auch wieder nicht. Es passt zur Wandlung, die Carrie bereits in den ersten vier Staffeln vollzogen hat.

Schließt sich eine Tür, öffnet sich bekanntlich aber eine neue. Und durch die tritt Otto Düring. Er sagt ihr, dass er sie als seine Partnerin haben will. Moment mal. Partnerin? Wie jetzt? Geschäftlich? Oder privat? Oder beides? Oder wie soll man das bitte verstehen? Otto Düring ist der einzige Charakter, der in dieser Staffel undurchsichtig geblieben ist. Was genau führt er im Schilde? Führt er etwas im Schilde oder führt er nichts im Schilde oder hat er wirklich nur Gefühle für Carrie entwickelt? Das ergibt alles überhaupt keinen Sinn. Zurück bleibt ein riesiges Fragezeichen. Hoffentlich haben sich die "Homeland"-Macher etwas dabei gedacht und bringen in Staffel 6 Licht ins Dunkel. Ansonsten ist es ziemlich unnötig Otto Düring am Ende der Staffel eine solche Wendung zu geben. Oder geht es tatsächlich nur darum zu zeigen, dass Carrie auch andere Optionen hat, die weder mit Jonas noch mit Saul zu tun haben, um ihr weiteres Leben zu gestalten?

"I always felt, there was something pulling me back to darkness."

Quinn, oh Quinn… Das war es dann also?! Die Geschichte um Quinn erinnert an Brodys Geschichte in Staffel 3. Eine tolle Figur, die irgendwann an die falschen Typen gerät und deren Leben letztlich ein äußerst tragisches Ende nimmt. Warum eigentlich? "Homeland" tendiert dazu, seine Hauptcharaktere ziemlich düster zu zeichnen. Das ist ok. Das gibt ihnen Tiefe. Schön war auch, durch Dar Adal noch einmal mehr über Quinns Vergangenheit zu erfahren. Und doch fragt man sich: Können sie nicht auch einfach als Helden sterben? Oder es tatsächlich schaffen, ein normales Leben zu leben? In seinem Brief an Carrie hat Quinn es ziemlich gut beschrieben. Es würde ihn in die Dunkelheit ziehen. Die Aussicht auf ein normales Leben wäre nur ein "false glimmer", ein solches Leben für ihn letzten Endes doch nie möglich. Diese letzte Szene ist unglaublich stark. In seinen Worten findet man auch Carrie wieder. Und Brody. Sie passen eins zu eins auch auf diese beiden Charaktere. Am Ende scheint Licht auf Quinn. Ein Zeichen, dass er nun seinen Frieden gefunden hat? Als Zuschauer bleibt einem selbst überlassen, wie man diese letzten Minuten interpretieren will. Stirbt Quinn nun oder stirbt er nicht? Es deutet alles auf Ersteres hin. Leider. Seine Storyline wirkte diese Staffel, als wüsste man nicht so richtig, was man noch mit ihm anfangen soll. Dabei wäre für seine Figur ein versöhnlicheres Ende, eines mit weniger Tragik schön gewesen – eines, bei dem er genau wie Carrie ein Haus am See hat, in dem er zur Ruhe kommen kann.

Fazit

Das Staffelfinale hatte seine Höhen und seine Tiefen, seine starken und eher schwächeren Momente – genau wie die gesamte fünfte Staffel. Eine Staffel, die in ihrer Grundthematik und deren Umsetzung kaum aktueller hätte sein können. #5.12 A False Glimmer bringt diese Staffel nun zu einem guten Ende. Es gibt kaum Fragen, die offen bleiben. Die einzige Ungereimtheit bleibt Otto Düring und sein Angebot an Carrie. Aber wer weiß? Vielleicht legt es bereits den Grundstein für Staffel 6?

Franziska G. - myFanbase

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