Bewertung

Review: #1.01 Die ersten 17 Stunden

Selten hat mich ein Pilot so in den Bann gezogen wie der von "Jericho". Wow, der hatte es wirklich in sich: Emotionen, Geheimnisse, Adrenalin und Spannung pur.

Ich fand den Anfang der Episode sehr beeindruckend, denn fast zwei Minuten kam es zu keinem Dialog. Es wurde aus Jakes Perspektive die wunderschöne Gegend gezeigt, indem er aus dem Zug schaut und anschließend während der Autofahrt die Stadt Jericho. Jake stellte dem Zuschauer im Prinzip die Stadt schon oberflächlich vor, sehr schön mit Musik unterlegt. Diese kurze Einleitung verriet aber auch schon ein bisschen über ihn, denn er hatte oft einen unsicheren und unerklärlichen Gesichtsausdruck und gefreut hat er sich auch nicht gerade, nach Hause zu kommen. Wiedersehensfreude sieht anders aus. Als er dann das Radio einschaltet, war es aus mit der Stille und den vorläufigen Eindrücken.

Nach fünf Minuten hatte ich das Gefühl, die meisten Menschen, die mit Jake etwas zu tun haben, etwas zu kennen. Das wurde sehr gut umgesetzt. Man bekam einen gewissen Eindruck über sein Leben. Es spielte sich zwar alles in kurzer Zeit ab, aber besser als wenn es in die Länge gezogen und langweilig wird.

Wiedersehen mit Geheimnissen

Es hat mich allerdings schon gewundert, dass Jake Green zuerst zu seinem Freund Stanley und dessen Schwester Bonnie fährt und dann zu Gracies Laden anstatt gleich zu seinen Eltern, aber vielleicht lag es einfach an den Umständen oder die Stationen lagen auf dem Weg, was ich indes bezweifle. Mir kam es so vor, als ob er den Besuch immer weiter hinausschiebt, denn schließlich trifft er ja auch noch Emily Sullivan. Doch der Reihe nach.

Das Wiedersehen mit den Richmond-Geschwistern fand ich sehr lustig. Stan scheint ein lustiger Kerl zu sein und Bonnie war mir gleich auf den ersten Blick sympathisch. Allerdings scheint Jake ein Geheimnis mit sich zu tragen, was man bei der Unterhaltung mit Stan bemerkt. Man merkt sofort, dass er lügt, als Stan ihn über seine Abwesenheit ausfragt. Dasselbe dann bei Gracie, der er eine ganz andere Geschichte erzählt, doch Emily dagegen scheint seine Lüge zu durchschauen, aber irgendwie kommt er noch mal davon…

Es ist wirklich schade, denn zuerst sieht alles nach einem friedlichen Wiedersehen bei den Greens aus. Jedenfalls Jakes Mutter und sein Bruder Eric freuen sich über Jakes Rückkehr. Doch dann endet alles im Streit. Mich stimmte es schon traurig, dass Johnston Green - sein Vater - und plötzlich auch Eric Jake als Nichtsnutz darstellten. Sie wissen doch gar nicht, was er die letzten fünf Jahre gemacht hat und vielleicht stimmt es ja, dass er sich geändert hat und nicht mehr dieser Loser von früher ist. Die Einzige, die in dieser Situation zu Jake hält, ist seine Mutter Gail. Später erfährt man dann auch warum. Sie ist die Einzige, die weiß, wo Jake die letzten Jahre war und was er tat - leider bleibt es ein Geheimnis zwischen den Beiden. Gail Green tat mir dann sehr leid, als sie ihren Sohn nach nur einem kurzen Wiedersehen und einem Besuch auf dem Friedhof an Großvaters Grab wieder ziehen lassen muss. Zwischen Jake und ihr scheint ein ganz besonderes Verhältnis zu bestehen.

Aber ich persönlich verstehe beide Seiten: Jakes und die der Familie. Ich muss zugeben, ich halte Jake für ein wenig egoistisch und naiv, nach fünf Jahren wieder aufzutauchen und einfach auf seinen Anteil zu bestehen, wo doch die Familie gar keinen Schimmer hat, wo er war und was er tat. Wie können ihm da sein Vater und Eric so schnell wieder vertrauen? Jake ist ein Mensch, der mir von Anfang an sehr geheimnisvoll, ja fast schon mysteriös, vorkommt. Dann die Familie - sollte sie sich nicht freuen, dass der verschollene Sohn wieder da ist? Normalerweise ist das so. Doch der Vater hält ihm - anstatt ihm die Hand zu geben oder ihn zu umarmen - eine Predigt und Eric stimmt mit ein. Johnston Green halte ich für stur, da er sich nicht mal für einen kurzen Moment gefreut hat. Sicher hat das alles seine Gründe, aber sein Verhalten enttäuscht mich.

Ruhe vor dem Sturm

Kurz bevor einige Bürger aus Jericho und auch andere den Atompilz wahrnahmen, wurde von einem Geschehen zum nächsten geschwenkt und dann immer so weiter. Ob nun zu Heather in den Schulbus, zu Jakes Rückfahrt, in gewöhnliche Wohnzimmer oder zu Kindern beim Spielen... Jede Szene hatte vielleicht nur ein paar Sekunden, sie sagten aber sehr viel aus. Diesen Abschnitt der Folge fand ich sehr bemerkenswert. Ich bekam eine Gänsehaut und die Anspannung, die in der Luft lag, spürte ich buchstäblich am ganzen Körper. Die Musik hatte auch ihren Anteil daran. Hut ab vor den Seriemachern, die diesen Teil der Episode exzellent inszenierten.

Anderson vs. Green

Als Bürgermeister kommt mir Johnston Green gleich sympathischer herüber. Er ist die Ruhe selbst, auch wenn er innerlich unruhig ist. Seine Sorge um Jake sieht man ihm nicht direkt an, aber man spürt sie. Er ist für jeden Bürger da, genau wie Eric, der mir aber eher wie ein Laufbursche seines Vaters vorkommt. Beide scheinen ein eingespieltes Team zu sein und Eric ist wohl auch der vertrautere Sohn von Green. Das erkennt man an der Art, wie beide während der Arbeit und auch zuhause miteinander umgehen.

Nach der Explosion wird ebenfalls schnell klar, wer Greens Konkurrent in Jericho ist und was dieser alles anstellt, um Johnston in ein schlechtes Licht zu rücken: Gray Anderson. Das ist wohl immer so, wo ein Guter ist, gibt es auch einen Bösen. Doch Green bleibt selbst gefasst, als Anderson die Mütter gegen ihn aufbringt, die ins Rathaus gekommen sind, weil der Schulbus mit ihren Kindern noch nicht angekommen ist.

Nur ein Loser?

Viele Menschen sind jetzt verständlicherweise in Panik und können den Atompilz gar nicht einordnen, doch Jake schon als er ihn sieht und auch ein gewisser Mr. Hawkins. Dieser Mann ist mir ein Rätsel. Obwohl er einiges zu wissen scheint oder meint zu wissen, wird seine Hilfe erst einmal abgelehnt. Dieser Mann kommt mir genauso mysteriös wie Jake vor. Woher bitte weiß Hawkins diese ganzen Details? Das ist schon sehr geheimnisvoll - kein Wunder, dass ein Helfer ihn für einen Physiker hält.

Dann kam eine Szene, die mir sehr an die Nieren ging. Die hat es wirklich in sich gehabt, was auch wieder an der Musik lag. Also die Macher hatten bisher wirklich ein gutes Gespür für die richtige Musik für spezielle Szenen bei "Jericho". Jake rettet der kleinen Stacy das Leben, indem er ihr ein Luftröhrenschnitt macht, so dass sie wieder atmen kann. Jedenfalls stand ich kurz vorm Nervenzusammenbruch, was seine Gründe hatte: Die dramatische Musik, Jake wurde immer angespannter bei der Rettungsaktion, dann die Kinder um ihn herum... Dramatischer konnte diese Szene wirklich nicht umgesetzt werden. Für die Kinder ist er natürlich der Held, doch als eines von ihnen vermutet, dass Jake Soldat gewesen ist und das dort gelernt hat, antwortet er mit einem Lachen und Ironie in der Stimme, er sei doch nichts weiter als nur ein Loser. Diese Worte erinnerten mich wiederum an die Begegnung mit seinem Vater zum Anfang der Folge.

Retter in letzter Sekunde

Anderson, der durchaus keine Gelegenheit auslässt, den Bürgermeister in ein schlechtes Licht zu stellen, wird bei einem erneuten Versuch allerdings von Jake gestört, da dieser mit dem Schulbus, den vermissten Kindern und Heather auftaucht. Anderson sah ziemlich dämlich aus, aber wäre Jake später gekommen, hätte sein Vater dem Anschein nach die Kontrolle über seine Bürger und die Stadt verloren, da sie ihm dank Anderson kein Wort mehr glaubten. Jake erschien mir wie ein Engel, der die Situation rettete. Aber wie reagiert sein Vater? Johnstons Reaktion war sehr interessant, weil er etwas väterlich reagierte, aber seine Reaktion war auch voller Wehmut und Stolz. Die Distanz zu Jake merkt man deutlich, als Jake aus dem Bus steigt. Johnston ist nicht in der Lage, ihm aus dem Bus zu helfen oder Gefühle zu zeigen bzw. sie endlich zuzulassen. Für Green Sr. ist es ein ergreifender Moment, doch er macht alles mit sich selber aus und frisst es in sich hinein, was nicht gut ist. Das tat mir beim Zusehen regelrecht weh. Schließlich hat er aber für seinen Sohn doch noch ein paar nette Worte übrig.

Johnston: "Dein Großvater wäre stolz gewesen."

Doch man merkt, dass er eigentlich von sich selbst spricht und den Großvater nur als Vorwand verwendet. Beide - sowohl Jake, als auch Johnston - tun mir leid. Zwischen ihnen stehen so viele offene Fragen, aber man erkennt auch eindeutig, dass sie sich lieben und schätzen. Das macht es wohl so schwierig, vor allem für Johnston Green.

Fazit

Es war ein Pilot, der von Anfang bis zum Ende interessant war. Er schaffte es, die wichtigsten Charaktere vorzustellen, auch wenn einige nur ein paar Szenen hatten, aber man bekam einen Eindruck von ihnen und von der Stadt, was mich echt fasziniert hat. Vor allem gefiel mir aber, dass die Serie gleich thematisiert wurde und nicht noch eine Folge gewartet wurde, bis der Anschlag passiert.

Die Folge war voller Emotionen und sie hatte eine geballte Ladung Spannung. Es wurde überhaupt nicht langweilig und besser kann ein Pilot doch gar nicht sein. Die Musik wurde während der ganzen Episode sehr gut integriert, nicht zu viel und auch nicht zu wenig - einfach perfekt. Des Weiteren hat "Jericho" eine ausgezeichnete Besetzung!

Dana Greve - myFanbase

Die Serie "Jericho - Der Anschlag" ansehen:


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