Bewertung

Review: #1.05 Mein ist die Rache

Foto: Timothy Olyphant, Justified - Copyright: Sony Pictures Television
Timothy Olyphant, Justified
© Sony Pictures Television

Dass Raylans familiärer Hintergrund noch als Zündstoff für die ein oder andere Geschichte herhalten würde, war schon seit #1.03 Fixer klar. Wie vielschichtig das Verhältnis zu seiner Familie und insbesondere zu seinem Vater wirklich ist, erfuhr man erst jetzt. Und diese Entwicklung sorgt vor allem für viel Charakterarbeit, was der Serie mehr als gut tut.

"And not one of them is his son"

Arlo Givens kann vor allem durch Ausstrahlung punkten. Er schleicht durch die Folge wie ein alter Fuchs und glänzt ebenso sehr durch Gerissenheit wie durch Kampfgeist. Dass im Hintergrund seine Frau die Fäden in der Hand hält, wird ebenso wenig verborgen wie die Tatsache, dass sie diejenige ist, die Vater und Sohn noch irgendwie verbindet. Denn ganz offensichtlich hat Raylan riesige Probleme mit seinem Vater, was mitunter daran liegen könnte, dass er ihm so ähnlich ist. Der Marshal mag auf der anderen Seite des Gesetzes stehen, aber der Zorn und das eiskalte Kalkül, das in krassem Gegensatz zu einer gewissen Art von exzessiver Leidenschaft steht, verweisen direkt auf Arlo und dessen Beziehung zu seinem Sohn.

Raylan kümmert sich um seinen Vater und seine Stiefmutter oberflächlich betrachtet mit einer von Resignation überlagerten Genervtheit. Seine Handlungen allerdings, im Grunde bereits seine pure Anwesenheit, zeugen davon, dass der harsche Deputy doch noch stärker mit seine Vater verbunden ist, als er es sich vielleicht selbst eingestehen möchte. Raylans Blicke sprechen Bände und noch nie zuvor wurde seine Gemütslage so stark von der schauspielerischen Leistung hinter dem Charakter beeinflusst wie in dieser Folge. Timothy Olyphant musste den Marshal durch eine Gefühlsachterbahn der Sonderklasse schleusen und hat das mit so viel Feingefühl geschafft, dass alle Erwartungen meinerseits übertroffen wurden. Eine so komplexe Figur nach so kurzer Zeit bereits in allen Facetten zu spielen, verlangt einem als Schauspieler einiges ab und in diesem Kontext ziehe ich aufrichtig meinen Hut vor Olyphant. Die Serie wäre ohne ihn kaum das, was sie ist.

What happens in Harlan

Nicht nur das Wiedersehen mit seinem Vater deckt relativ klar auf, wie vielschichtig Raylans Charakter angelegt ist, sondern unter anderem auch die Beziehung zu Ava, die einerseits relativ klar und eindeutig zu sein scheint, andererseits sehr viel unausgesprochen und im Trüben lässt. Mir fehlt irgendwie noch die Anknüpfung zu dem Band, das Ava und Raylan ganz offensichtlich verbindet, aber vielleicht ist es gerade das, was die ganze Geschichte so spannend macht. Winona, die ebenfalls nicht aus Raylans Dunstkreis herauszukommen scheint, dürfte mit Sicherheit noch eine Rolle spielen und so ist das Drama im Privatleben des Marshals beinahe vorprogrammiert.

Bindeglieder

Die Besonderheit von "Justified" liegt mit Sicherheit auch darin, dass es keine zwei, strikt voneinander getrennte Handlungsräume gibt, in denen sich die Figuren abgegrenzt bewegen und nur den Protagonisten als Bindeglied gemeinsam haben. Raylan ist nicht nur in seiner Dienstzeit Marshal, ebenso wenig wie er wegen seiner Marke aufhört, ein Givens zu sein. Das Spannungsfeld, das hier entsteht, zeigt sich in der Geschichte mit der Undercover-Gartenarbeit, es zeigt sich im Baseball-Spiel mit Johnny Crowder und es zeigt sich ganz besonders in Raylans Umgang mit dem "Mieter" seines Vaters.

Dass Raylan Berufliches und Privates so gar nicht trennen kann, mag vielleicht damit zu tun haben, dass er zu stark in seiner ureigenen Persönlichkeit wurzelt, um sich zu verbiegen. Vielleicht liegt es aber auch schlicht und ergreifend daran, dass sein ganzes Umfeld alle Seiten seines Lebens gleichermaßen vereinnahmt. Was auch immer der Grund für das Verschwimmen der Grenzen bei Raylan verantwortlich sein mag, es ist dieses Wechselspiel, welches sich rund um den komplexen Charakter des Marshals abspielt, das in gewisser Weise das Erfolgsrezept der Serie ausmacht und das vermutlich auch dauerhaft den Reiz bei "Justified" ausmachen könnte.

Fazit

Die Serie steht und fällt mit ihren Figuren. Solange man diese allerdings so umfassend anlegt und zeigt wie in dieser Folge, kann man sich als Zuschauer der Sogwirkung der Geschichten hinter den Charakteren kaum entziehen. So schwer der Plan, der hinter dieser simplen Aussage steckt, auch realisiert werden kann, in # 1.05 The Lord of War and Thunder ging er auf jeden Fall voll auf. Eine grandiose Gesamtperformance, zu der man nur gratulieren kann.

Eva Kügerl – myFanbase

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