Bewertung

Review: #2.01 Schwarzbrenner

Foto: Timothy Olyphant, Justified - Copyright: Sony Pictures Television
Timothy Olyphant, Justified
© Sony Pictures Television

Die Auftaktfolge überrascht durch eine – im Vergleich zum Finale der ersten Staffel – ruhige Gangart und eine kaltblütige Mörderin. Gleich zwei Probleme erwarten Raylan: Er ist auf der Suche nach einem Kinderschänder und trifft dabei auch auf den mächtigen Bennett-Clan, der Marihuana anbaut und damit dealt.

Die Suche geht weiter

Boyd ist noch immer besessen davon, die Mörderin seines Vaters zu finden, auch wenn Raylan davon gar nicht angetan ist, ihn aber auch nicht weiter daran hindert. Im Gegenteil. Er ist Pilar zurück nach Miami gefolgt und liefert sich bald darauf eine Schießerei mit ihr und einem Komplizen. So ganz ohne Schußwaffengebrauch kommt Raylan schließlich nicht aus. Der cool wirkende Gesetzeshüter nimmt die verletzte Pilar mit zu Gios Haus und will sich dort mit ihm unterhalten.

"Sie haben Sendepause."

Dieser Satz hat gleich eine doppelte Bedeutung. Erstens untersagt Raylan damit Gio, zum Telefon zu greifen, als er selbst telefoniert, und zum zweiten macht er dem Bandenboss unmissverständlich klar, dass er ihn in Zukunft besser in Ruhe zu lassen hat. Sich mit Raylan Givens anzulegen, ist der Gesundheit definitiv nicht zuträglich. Erstaunlich ist, dass Dan Grant, Chief Deputy beim Marshal Office in Miami, Raylan seinen alten Job anbietet. Zuerst muss Raylan gehen und jetzt darf er wieder zurückkommen? Etwas ähnlich wird Raylan sich auch gefragt haben, denn er bleibt Dan vorerst eine Antwort schuldig und macht sich auf den Heimweg. Er scheint sich etwas Zeit erkaufen zu wollen, sonst hätte der schlagfertige Marshal sicher nicht so mundfaul reagiert. War er am Anfang überhaupt nicht begeistert darüber, nach Harlan strafversetzt zu werden, so kommt es mir jetzt so vor, als ob sich Raylan in seiner alten Heimat ganz gerne aufhält.

Dass nach der Schießerei mit Bo Crowder auch mit Konsequenzen gerechnet werden muss, ist Raylan klar. Die Abgabe seiner Dienstwaffe wird als notwendiges Übel betrachtet und zusammen mit Art und Tim mit einem Drink besiegelt. Für einen Moment dachte ich, dass er sich durch die Untersuchungen einschüchtern lässt, aber seine lässige Haltung während der Befragungen durch die interne Ermittlungsbehörde hat jeglichen Zweifel an ihm wieder in Luft aufgelöst.

Der weitaus wichtigere Handlungsbogen für mich war aber die Suche nach dem Sexualstraftäter Jimmy Earl Dean. Dieser hat Unterschlupf und eine Arbeitsstelle bei den Bennetts gefunden und macht sich gleich an die 14-jährige Nachbarstochter Loretta McCready ran, die sich aber überraschenderweise durch ihn nicht verunsichern lässt. Ihr Vater Walt informiert dennoch die Polizei, macht aber einen Rückzieher, als Raylan und Rachel zusammen mit einem Polizisten an seine Tür klopfen. Alles in allem scheint Walt ein gutmütiger Farmer zu sein, der zwar das Richtige tun möchte, es aber am Ende doch mit der Angst zu tun bekommt und nicht mit der Polizei kooperieren will. Über ihn kommen wir zu Mags Bennett, die nach außen hin wie die nette Tante von nebenan wirkt, es tatsächlich aber faustdick hinter den Ohren hat. Faustdick? Das reicht noch nicht mal, um die Art der Frau ansatzweise zu beschreiben. Selten hat mich ein Seriencharakter so nachhaltig beschäftigt wie Mags. Sie ist die Mutter von Coover, Dickie und Doyle. Und wie es in Harlan so ist, kennt jeder jeden. Da bleibt natürlich auch nicht aus, dass Mags mit Raylan aus dem Nähkästchen plaudert und bis zu diesem Zeitpunkt wirkt, als ob sie kein Wässerchen trüben könne. Es sollte daher nicht verwunderlich sein, dass sie offen mit Raylan über ihr "Familiengeschäft" redet. Der Marihuana-Anbau ist ein offenes Geheimnis.

"Ich habe nur eine Frage: Wissen Sie, wie so eine Feuerwaffe funktioniert?"

Der bis dahin recht gemächlich dahinplätschernde Plot nimmt eine plötzliche Wendung, als Jimmy Loretta entführt und sie zwingt, in den Kofferraum seines Autos zu steigen. Alarmiert durch die Meldung einer Ringfahndung stellt Raylan ihn an einer Tankstelle. Und schon wieder passiert etwas, was mich erstaunt: Raylan stellt den Mann ohne Zuhilfenahme einer Waffe. Stattdessen übergießt er Jimmy mit Benzin und erklärt ihm, dass der Einsatz von Feuerwaffen in diesem Augenblick nicht sehr vorteilhaft wäre.

Das dicke Ende kommt aber noch, als die bisher eher unauffällig agierende Mags mit ihrem Sohn Dickie Walt McCready einen Besuch abstattet. Mags ist die treibende Kraft hinter dem Marihuana-Handel und lässt sich von niemanden in die Karten schauen und schon gar nicht vorschreiben, was sie zu tun hat. Sie bringt ihren selbst angesetzten Schnaps mit und plaudert belanglos mit Walt, während alle drei von dem Schnaps trinken. Aus Sorge darüber, dass Walt die Polizei eingeschaltet hat, muss sie jetzt zu anderen Mitteln greifen. Ohne mit der Wimper zu zucken, teilt sie dem ahnungslosen Mann anschließend mit, dass sie ihm Gift in das Glas getan hat. Walt will noch nach dem Telefon greifen, doch Mags sagt ihm, dass ihn selbst ein Helikopter nicht mehr retten könne. Mit ruhiger Stimme und ohne jegliches Mitleid verspricht sie dem sterbenden Mann, sich um seine Tochter Loretta zu kümmern. Ein beängstigender Gedanke, der einem einen kalten Schauer über den Rücken laufen lässt. Die Schauspielerin Margo Martindale hat es hier sehr glaubhaft geschafft, eine Figur zu spielen, die zwei Gesichter hat und auch vor Gewalt nicht zurückschreckt.

Was die Beziehung zwischen Winona und Raylan angeht, so scheint sich folgender Spruch zu bewahrheiten: "Sie können nicht mit einander, aber auch nicht ohne einander." Bleibt abzuwarten, wie sich das Ganze weiterentwickelt. Gegen eine neuerliche Beziehung hätte ich nichts einzuwenden.

Fazit

Gemessen am Staffelfinale mit sehr viel bleihaltiger Luft rangiert diese Folge im Mittelfeld. Jimmy Earl Dean als flüchtiger Sexualstraftäter kam mir etwas zu zahm vor. Es ist fast schon lustig, dass sich Raylan offenkundig mit dem Schusswaffengebrauch zurückhält und darüber auch noch einen flotten Spruch auf den Lippen hat. Doch aufmerksamen Zuschauern dürfte es bekannt sein, dass eine solche Ruhe vor dem Sturm nicht lange anhält. Dafür wurden mit Mags und ihren Söhnen neue interessante Figuren eingeführt, die uns in den nächsten Folgen bestimmt noch öfters über den Weg laufen und für Zündstoff sorgen werden.

Melanie Berl - myFanbase

Die Serie "Justified" ansehen:


Vorherige Review:
#1.13 Bulletville
Alle ReviewsNächste Review:
#2.02 Innenleben

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "Justified" über die Folge #2.01 Schwarzbrenner diskutieren.