Bewertung

Review: #3.03 Harlan Roulette

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Wenn man Aristoteles weiterdenkt, dann ist eine Episode mehr als die Summe ihrer Szenen. Und "Justified" liefert dafür den perfekten Beweis.

Harlan Roulette

Man weiß gar nicht, was genau einen am meisten beeindrucken sollte. Die gesamte Folge war gespickt mit perfekt geschriebenen und gespielten Szenen, die einem mit Sicherheit im Gedächtnis bleiben werden. Das "Harlan Roulette" war sicherlich eine davon. Pruitt Taylor Vince ist als Glen Fogle brillant wie eh und je, böse auf die Art und Weise, dass man ständig darauf wartet, dass er irgendjemanden mit bloßen Händen umbringt. Es stimmt mich beinahe ein wenig traurig, dass er als Kollateralschaden bereits das Zeitliche segnen musste, selbst wenn der Showdown mit Wade Messer in mehr als einer Hinsicht sehenswert war. Aber was das Umbringen von Nebenfiguren betrifft, scheint "Justified" im Moment besonders exzessiv zu sein. Die Liste der Todesopfer steigt auf jeden Fall wieder einmal ein gutes Stück an. Nicht nur, aber eben auch wegen der Sonderform des russischen Roulettes, die der Folge auch ihren Namen gegeben hat.

Viel stärker kann man eine Szene, die von ihrer Grausamkeit lebt, wohl kaum anlegen. Ein Drogenabhängiger, so verzweifelt, dass er sich eine Waffe an die Schläfe hält und immer wieder abdrückt. Weil eben ein einziges Mal nicht reicht. Harlan Roulette. Wo du immer wieder gezwungen wirst, dich in Gefahr zu bringen, um das zu bekommen, was du willst. Harlan Roulette. Im Grunde könnte man das Spiel mit dem leeren Lauf auch als idiomatisch für Raylan sehen, der wieder einmal mit Leuten reden muss, die ihn am liebsten tot sehen würden. Um das zu bekommen, was er will. Ständig eine Waffe an der Schläfe in der Hoffnung, dass die Kammer leer ist. Bis irgendjemand nachlädt und den Abzug zieht.

Next One's Coming Faster

Noch hält Raylan selbst die Waffe in der Hand und diese ist derzeit auf Wynn Duffy gerichtet. Zum ersten Mal kommt es auch zum Zusammentreffen zwischen Raylan und Quarles, der als Bösewicht immer besser wird. Während Raylan eine Kugel auf Duffy wirft und dabei die wahrscheinlich genialste Drohung in der Geschichte der Serie ausspricht, steht Quarles nur da und grinst. Weil er zu wissen glaubt, dass Raylan keine Ahnung hat, mit wem er sich anlegt. Wenn man mich fragt, ist es dem Marshal vollkommen egal, wie wichtig, wie groß und wie mächtig seine Gegner sind, und genau das ist der Punk, in dem Quarles Raylan vermutlich unterschätzt und nicht anders herum. Zumindest Duffy sollte es besser wissen, doch der ist offensichtlich zu beschäftigt, selbst herauszufinden, für wen er eigentlich arbeitet.

Quarles, der in seinem Hinterzimmer Menschen foltert, während er mit seiner Familie telefoniert, präsentiert sich gerade als eiskalt kalkulierender und durchorganisierter Verbrecher, der es gewohnt ist, alles ständig unter Kontrolle zu haben. Es bleibt also abzuwarten, wann genau Quarles gegen Raylan aktiv wird und ob nicht er es ist, der Duffy letzten Endes die Kugel verpasst, die Raylan diesem so selbstbewusst versprochen hat. Immerhin hat sich Duffy in der Vergangenheit nicht gerade als Inbegriff präzisen Arbeitens präsentiert, sondern eher als Kleinkrimineller, der sich mit den richtigen Leuten umgeben hat.

There Ain't Nothing More

Heimlicher Star der Folge war, wie immer, Boyd Crowder. Sei es durch die Pläne, die er mit Limehouse schmiedet, das Aufzeigen der Grenzen gegenüber seiner Anhänger, die "Rückgewinnung" der Bar oder die genial angelegte Schlussszene mit Devil. Walton Goggins zuzusehen ist nach wie vor ein Hochgenuss. Jede Bewegung, jede Geste, jeder Satz ist perfekt auf die Situation und den Charakter abgestimmt. Boyd am Leben zu lassen, war die vermutlich beste Entscheidung, die die Serienmacher je getroffen haben, besonders wenn man sieht, wie stark Ava jetzt an seiner Seite wird.

Fazit

Wenn man sich die eben beschriebenen Einzelteile der Folge so ansieht, dann könnte man glauben, man hätte es mit der besten Episode der Serie zu tun gehabt. Tatsächlich lässt sich kaum eine solche Häufung außergewöhnlich guter Momente finden. Und trotzdem fehlt der Folge im Großen und Ganzen das gewisse Etwas. Vielleicht ist es die Geschichte um Wade Messer, die irgendwie das Bild stört. Oder vielleicht ist es die Tatsache, dass man den roten Faden mitunter nicht erkennen kann. So genial die Szenen der Folge sind, so nichtig sind sie in ihrem Kontext. Das ist schade, irgendwie. Und ich weiß im Grunde nicht einmal, wie genau ich bewerten soll. Aristoteles hat anscheinend noch immer recht. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Für die Teile gäbe es nämlich ohne Zweifel neun Punkte. Das Ganze hinterlässt jedoch einen irgendwie schalen Beigeschmack und muss sich mit weitaus weniger zufrieden geben.

Eva Kügerl – myFanbase

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