Bewertung

Review: #3.04 Der Ausbruch

Foto: Walton Goggins, Justified - Copyright: Sony Pictures Television
Walton Goggins, Justified
© Sony Pictures Television

Ich kann nicht wirklich etwas mit dieser Folge anfangen. Das sollte im Grunde wohl eher das Fazit einer Review sein, aber in diesem Fall ist es vielmehr der Ausgangspunkt. Die Charaktere retten die Situation und das mehr als meisterlich, aber der Sinn der Handlungsstränge bleibt mir teilweise vollkommen verborgen.

Limehouse

Das fängt schon bei dem Geld an. Natürlich, Mags' Geld bei einem Charakter wie Limehouse unterzubringen, war ein wohl durchdachter Schachzug, der voll aufzugehen scheint. Der Pate der afroamerikanischen Gemeinde Noble's Holler hat alles, was ein scharf gezeichneter Bösewicht braucht und vielleicht sogar ein bisschen mehr. Denn wie auch Boyd versteht es Limehouse, in vollkommener Ruhe eindeutige Signale zu senden. Er ist brandgefährlich und dabei dennoch ganz offensichtlich ein Gentleman. Und wieder einmal verbindet sich die Vergangenheit mit der Gegenwart, um die Weichen für die Zukunft zu stellen. Denn Raylans Mutter scheint ebenso eine Vergangenheit mit Limehouse zu haben wie Ava, und wenn sogar Arlo davor scheut, sich mit Limehouse anzulegen, kann man sich im Grunde selbst ein Bild der Lage machen.

Bis zu diese Punkt weicht auch noch nichts wirklich von der Erzählstruktur ab, die "Justified" so vollkommen beherrscht. Wie aber jetzt Dickie Bennet in dieses Bild passen soll, ist mir ein vollkommenes Rätsel. Ich kann weder verstehen, warum Limehouse Dickie aus der Patsche hilft, noch, warum er den Vorschlag, das Geld zurückzunehmen, so bereitwillig annimmt und nicht einmal ein Problem mit der Einstellung Dickies hat. Was auch immer Mags für Limehouse getan hat, es muss verdammt wichtig gewesen sein. Das würde dann zumindest die Loyalität von Limehouse rechtfertigen, wenn auch nicht das merkwürdige Verhalten.

Murphy

Überhaupt wirkt mir die ganze Geschichte um das Geld ein wenig erzwungen. Das kriminelle Team um den korrupten Gefängniswärter war vermutlich gut gemeint, ist aber unnötig überzeichnet. Natürlich, der Wärter war notwendig, um Dickie aus dem Gefängnis zu bringen, und er ist vermutlich auch der Katalysator für das, was uns in nächster Zeit erwartet, aber von dem Sanitäter über die anderen beiden Männer, die vermutlich bemüht motiviert wirken hätten sollen, bis hin zu Dewey Crowes Part in der ganzen Misere erscheint mir alles ein wenig deplatziert. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass im Nachhinein alles einen Sinn ergeben wird, aber für diese eine Folge übersteigt meine Verwirrung ganz klar und eindeutig eine gewisse Zufriedenstellung, die prinzipiell nach jeder Folge herrschen sollte.

Diese Verwirrung wirft auch ihren Schatten auf die Aktion mit dem Auto. Natürlich – Raylan, seines Zeichens Mann des Gesetzes, in seiner Kaltblütigkeit zu sehen, übt eine gewisse Faszination aus und das war noch nie anders. Aber die Reaktionen, sowohl von dem Marshal als auch von Murphy, waren generell unrund, beinahe ein wenig aus dem Rahmen. Es hat sich einfach nicht richtig angefühlt.

Boyd

Ganz anders war es bei Devil und Boyd, deren Beziehung ganz eindeutig das Herzstück der Episode war. Quarles' gut durchkalkulierter Plan, der scheitern musste, weil er nicht mit der Geschichte und den Strukturen Harlans gerechnet hat; Devils Verrat, der vermutlich zu gleichen Teilen aus Frustration und Enttäuschung heraus begangen wurde; Boyd, der aufrichtig ge- und betroffen ist, als er seinen langjährigen Freund erschießen muss, weil seine Regeln keine andere Konsequenzen zulassen – das alles fügt sich nahtlos zusammen und gibt ein erschreckendes und bewegendes Bild.

Der Handlungsbogen hat sich die ganze Zeit subtil aufgebaut, war quasi die Zeitbombe, die man wegen der ganzen anderen Dinge beinahe übersehen hätte und die jetzt mit einem Knall kurz und einprägend gezündet hat. Schauspielerisch wurde das, was von den Autoren perfekt durchgeplant wurde, auf den Punkt richtig gespielt. Die Unmöglichkeit, Johnny einzuschätzen, hat ebenso zum Spannungsaufbau beigetragen wie die Tatsache, dass Boyd wieder einmal zeigt, dass er im Grunde ein so viel besserer Mensch sein möchte, als er real ist und sein kann. Boyd muss sich klar geworden sein, dass er in Harlan nicht überleben wird, wenn er Schwäche zeigt, auch oder gerade nicht gegenüber seinen engsten Vertrauten. Caesar hat Brutus erschossen, bevor dieser zum Dolch greifen konnte. Dieser Aspekt macht die Schlussszene der Folge vermutlich zu einer der besten der bisherigen Staffel und es ist aus meiner Sicht beinahe eine Schande, dass sie neben einer so schwachen Storyline wie der des Sanitäters stehen muss.

Loretta

Das vermutlich am ehesten bezeichnende Beispiel dafür, welches grundlegende Problem ich mit dieser Folge hatte, war das Wiedersehen mit Loretta McCready. Loretta war in der vergangenen Staffel maßgeblicher Bestandteil der Handlung. Ich habe auf einen erneuten Auftritt gehofft und im Nachhinein bin ich davon bitter enttäuscht. Loretta wird von Raylan in ein Gespräch verwickelt, bei dem mir bis jetzt nicht klar ist, was effektiv gesagt und was einfach nur dahergeredet wurde. Ich habe beinahe das Gefühl, als hätte man Lorettas Charakter für die Geschichte um das Geld ausgenutzt, was mich aufrichtig ärgert, weil ihre Befragung durch Raylan nicht wirklich etwas zur Handlung beigetragen hat, was man aus jetziger Sicht der Dinge verstehen könnte. Natürlich gehe ich davon aus, dass alles sich irgendwann fügen wird, aber in diesem Fall war Geduld, zumindest aus meiner Sicht, eindeutig der falsche Weg.

Fazit

Die Folge für sich betrachtet sagt mir zu wenig aus, um sie wirklich einschätzen zu können. Das ist schade, weil sie mit großartigen Szenen aufwarten kann. Es macht aus meiner Sicht Sinn, dass das Thema "Vertrauen", das in mehr als einer Hinsicht immer schon Teil der Serie war, jetzt noch stärker ins Blickfeld gerückt und als zentraler Aspekt abgehandelt wird. In der Tat geht es in der Folge viel um Vertrauen und Verrat, allerdings hätte man das vermutlich auch anders aufziehen können. Ich bin tollpatschig wirkende Handlungsstränge von "Justified" nicht gewohnt. Vielleicht daher die Verwirrung. So oder so – am Ende kommt das Gleiche heraus wie am Anfang: Ich kann nicht wirklich etwas mit der Folge anfangen. Schade drum.

Eva Kügerl – myFanbase

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