Bewertung

Review: #3.05 Organhandel

Foto: Damon Herriman, Justified - Copyright: Adam Taylor/FX
Damon Herriman, Justified
© Adam Taylor/FX

Dewey Crowe als tragischer Held von "Justified"? Man möchte es kaum glauben, aber zumindest dieses Konzept ist in dieser Folge aufgegangen.

Vier Nieren

Dewey kann einem in dieser Folge schon verdammt leidtun. Umso mehr, weil man sich irgendwie ein Lächeln nicht verkneifen kann, während man dem Klassenclown der Serie auf seiner merkwürdigen Odyssee folgt. Angefangen von dem Überfall auf den Laden mit den Küchengeräten, über die Unterhaltung mit den Stripperinnen bis hin zu seiner verdrehten Logik, dass er vier Nieren gehabt haben muss, wenn er noch Wasser lassen kann… Dewey Crowe mag mitunter der unwichtigste Charakter der Serie sein, doch missen möchte man ihn irgendwie nicht. Und schon gar nicht in dieser Folge, die ohne Dewey vermutlich relativ trist und auch langweilig gewesen wäre.

Der Held der Geschichte

Warum die Episode nur einen Schritt davon entfernt war, zu versagen, ist gar nicht so leicht zu verstehen. Naheliegend wäre es, dass der Handlungsbogen rund um die kleine Möchtegern-Organmafia Schuld daran trägt, dass die Serie ihrer Form ein wenig hinterherhinkt. Dieses ganze hin und her zwischen Charakteren, die zwar öfter als einmal zu sehen sind, aber das Zeitliche segnen, bevor man sie wirklich einschätzen kann, trägt genauso dazu bei, wie die Tatsache, dass das Ganze ein klein wenig überzogen wirkt. Allerdings scheitert das Konzept nicht daran, sondern an niemand anderem als an Raylan Givens. Raylan ist ein Held, der von der Interaktion mit anderen lebt. Er für sich alleine bietet kaum die Möglichkeit, ihn und seine Geschichte für den Zuschauer fassbar zu machen. Das gelingt erst durch direkten Kontakt mit anderen Charakteren.

Das sieht man auch in dieser Folge. Starke Szenen basierten zu einem Großteil darauf, dass Raylan in ein Gespräch verwickelt war – mit Winona, mit Dewey oder auch am Ende mit Art, ja sogar in der Unterhaltung mit dem relativ unwichtigen Ash Murphy blüht der Marshal in seinen Facetten auf. Wenn man den Helden der Geschichte aber ständig nur zeigt, wie er irgendwelchen Leuten hinterherjagt und dabei mäßig bis gar nicht erfolgreich ist, weil er in achtzig Prozent der Fälle zu spät kommt, muss man sich zwangsläufig fragen, um wen genau es jetzt wirklich geht.

Carpetbagger

Die Antwort darauf gibt derzeit meines Erachtens nach Boyd, der als einziger eine stringente und zufriedenstellende Handlung hat. Die Nachwehen von Devils Tod machen Boyd noch immer zu schaffen und das merkt man auch. Die wahre Stärke des Charakters liegt aber in der ruhigen Kampfeslust, die er an den Tag legt. Im finalen Gespräch mit Robert Quarles waren die Nerven bis zum Zerreißen gespannt, weil beide Männer einen kurzen Blick in ihre Karten zuließen, ohne wirklich zu zeigen, welches Blatt sie auf der Hand haben. Quarles muss klar geworden sein, dass Boyd zu keinem Zeitpunkt zu unterschätzen ist, ebenso wie Boyd wahrscheinlich erkannt hat, dass er trotz aller Gegengründe eine reale Chance gegen den Carpetbagger und seine Anhänger hat.

Frauen

Man muss nicht einmal sonderlich genau hinschauen, um zu begreifen, dass die Frauen das Herzstück dieser Folge waren. Ava mit dem "Narbenvergleich" und dem starken und offenen Bekenntnis, dass sie sich ihr Leben ebenso ausgesucht hat wie Boyd. Layla, die dafür sorgt, dass Raylan das erste Mal auf eine Frau schießt, was diesen sichtlich mitnimmt und jeden überrascht außer Art. Winona, die zunächst zu akzeptieren scheint, welche Art von Mann sie mit Raylan an ihrer Seite hat und ihn damit, wenn auch nur für einen kurzen Moment lang, zufrieden macht. Letztere dürfte im Übrigen in naher Zukunft wieder einmal alles aufwirbeln, wenn ich richtig liege und es – wie anzunehmen ist – sie war, die den Brief für Raylan hinterlassen hat. Und natürlich nicht zu vergessen die junge Stripperin, die Limehouse mit Informationen versorgt und somit noch einen weiteren Faden zu dem dichten Netz hinzufügt, welches die Charaktere der Serie miteinander verknüpft.

Alles in allem werden also die Frauen der Serie immer mehr zu geschickten Fädenziehern, die aus dem Hintergrund Druck ausüben, agieren und vor allem kontrollieren. Nach starken Frauenfiguren wie Helen und Mags ist diese Entwicklung nachvollziehbar und sehr zu begrüßen. Vor allem Ava macht derzeit schlichtweg Spaß. Es hat den Anschein, als würde man ihrem Charakter nun langsam gerecht und zeigt wirklich, dass mehr in der jungen Frau steckt, als nur die Dorfschönheit, die ihren Ehemann umgebracht hat.

Fazit

Die Serie dümpelt ein wenig vor sich hin. Wenn ich mir überlege, was für mich der wichtigste Moment der Folge für Raylan war, dann muss ich zwangsläufig an den Brief denken, der aber gar nicht wirklich behandelt wurde. Die Stärken der Episode liegen bei den Damen der Handlung und bei dem Kennenlernen von Quarles und Boyd. Alles in allem ein netter Zeitvertreib, aber es wird langsam Zeit, dass die Atmosphäre wieder ein wenig dichter wird.

Eva Kügerl – myFanbase

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