Review: #2.07 Die anderen 48 Tage

Zu einem strategisch äußerst günstigen Zeitpunkt erfahren wir endlich etwas mehr über die zweite Gruppe der Flugzeugabstürzler. Man hat sich an die neuen Protagonisten ein wenig gewöhnt, hält an einer spannenden Stelle inne und drückt erstmal auf Repeat - nur eben anders. Diesmal ist es die Perspektive der Gestrandeten um Ana-Lucia, die uns die ersten 48 Tage auf der verdammten (so oder so) Insel noch einmal zeigt.

Und auch auf dieser Seite ist enorm viel passiert; eigentlich mehr noch, als bei unseren Charakteren der ersten Stunde, deren Tun und Leiden immerhin über mehr als eine Staffel verfolgt wurde. Für de facto die gleiche Dichte an Handlung und Entwicklung wird hier der Zeitraffer abgespult, und es ist durchaus eine Stärke dieser Folge, dass wir innerhalb einer Stunde so viel über innere und äußere Handlung bei den Losties II lernen, wie bei den Losties I über so viele Folgen gestreckt - abzüglich der Rückblenden natürlich.

Der Auftakt läutet gleich die Stimmung ein: Wieder mal der Einbruch ins Paradies, Hölle, Orientierungslosigkeit, Schock. Soweit verläuft das Ganze erstmal parallel zum Geschehen der ersten Staffel, und man fragt sich unversehens, wie es wäre, hätte man beide Gruppen getauscht und würde nun im Schnelldurchlauf unsere Losties einführen. Das führt dann weiterhin zur Überlegung, ob man verwandte Charaktere - in Funktion oder Disposition - beider Gruppen ausmachen und darüber vielleicht (vielleicht, vielleicht, denn das ist schließlich LOST) auf subtile Absichten der Macher schließen kann.

However. Die Handlung bei unseren Frischlingen hat es jedenfalls auch in sich. Bernards Hängepartie - eindringlich gespielt und dafür ein Kompliment - war ein kleiner Nervenreißer, auch wenn der Ausgang schon klar sein musste. Das folgende Drama - Entführungen, Morde, Ungewissheit, Flucht - und nebenbei die Positionierung der Figuren war vielleicht ein bisschen viel, um das alles in einer Folge zu wuppen; die Balance ist meiner Meinung nach aber ziemlich gut gelungen. Geradezu unheimlich der Moment, in dem sich Goodwin - mit Ana-Lucias Erkenntnissen konfrontiert - zum fürchterlichen Feind wandelt (für zarte Gemüter wie meines dürfte übrigens die Genickbruchszene höchst unappetitlich gewesen sein).

Der Vorhang zu, und alle Fragen offen: Was wollen die "Anderen" denn nun? Wenn Goodwin einer von ihnen ist, fällt zumindest eine meiner Top-Ten-Theorien flach: Degenerierte Uga-uga-Andere, die vom ewigen Auf-der-Insel-sitzen (warum auch immer) einen Sonnenstich abbekommen haben. Am besten noch in einer flotten Kombi mit Zeitreisephänomenen. Aber nö, Goodie wirkte kontrolliert, überlegt, anpassungsfähig und äußerst kaltblütig. Motive? Who knows. Who cares? Aber hallo! Ich zucke nur immer bei noch mehr Anhäufungen von (Un-)Heimlichkeiten und Mysterien zusammen, denn je größer besagter Haufen, desto höher die Erwartungen an die (Auf-)Lösung aller Rätselknoten. Wenn man sich da mal nicht verknotet hat. Genug der Wortspiele.

Etwas enttäuscht war ich vom Ende, das mit dem bereits bekannten Todeshauch von sweet Shannon aufwartete. Aber sonst: Dialoge deutlich jenseits der zuletzt für meinen Geschmack immer deutlicher sichtbar werdenden Peinlichkeitsgrenze (note: Mr Eko und Ana-Lucia am Wasser), messerscharfe Momente, die Stimmungslage und -schwankungen der Losties II genau reflektierten. Was mir ein bisschen fehlte - auch wenn Ana-Lucias Vorgehen dahin deutete - war die doch eigentlich zu erwartende Panik und Paranoia angesichts dieser Umwelt. Und auch weil die Dead Men, allen voran Goodwin, jetzt eh aus der Gleichung rausgekürzt sind, betrachte ich diese Folge mehr als Schmankerl zwischendurch. Enorme Erkenntnisse hat sie mir nicht unbedingt geliefert, auch wenn inszenatorisch wenig zu bemängeln ist. Auf jeden Fall wird der Spannungsriemen angezogen. See you at LOST!

Melanie Holtmann - myFanbase

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