Vollkommene Einsamkeit - Review Staffel 1 (Teil 2)

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And every time I walk by, I wonder if you’re going to be nice to me, or cruel.

Foto: Elisabeth Moss, Mad Men - Copyright: 2008 Frank Ockenfels/AMC
Elisabeth Moss, Mad Men
© 2008 Frank Ockenfels/AMC

Peggy Olson kommt als Dons neue Sekretärin in die Firma und hat den festen Vorsatz, alles richtig zu machen. Sie nimmt sich die Ratschläge der Chefsekretärin Joan Holloway zu Herzen und bietet sich ihrem Boss an, der ihr aber klarmacht, dass sie sich daneben benimmt. Sie lässt sich auf eine Affäre mit Pete Campbell ein, da dieser zu Anfang freundlich zu ihr ist und sie sich erwählt fühlt, obwohl er keinen Hehl daraus macht, kurz vor seiner Hochzeit zu stehen. Peggy versucht, Pete Sympathie entgegen zu bringen, wenn er sie braucht und Verständnis aufzubringen, wenn er sie links liegen lässt.

Schon bald erhält sie die Chance, sich beruflich weiterzuentwickeln, als sie ihre Ideen in ein Werbeprojekt einbringen darf. Sie genießt den Erfolg und stößt einem jungen Verehrer vor den Kopf, weil sie sich zu den Madison Avenue-Werbeleuten zugehörig fühlt. Sie wird zunehmend selbstbewusster, schafft es, Pete in seine Schranken zu weisen und von Don befördert zu werden. Doch selbst den männlichen Kollegen fällt auf, dass sie bei der Arbeit beginnt, rücksichtslose Züge anzunehmen. Sie verdirbt es sich mit all ihren Kollegen und findet sich schließlich weinend in Dons Büro wieder, in dem festen Glauben, von allen gehasst zu werden.

Als sie von Übelkeitsanfällen heimgesucht wird, lässt sie sich in der Klinik untersuchen und erfährt, dass sie hochschwanger ist. Mit den Worten, dies könne und dürfe nicht sein, bekommt sie ein gesundes Baby, will es aber nicht mal in die Arme nehmen, als die Schwester es ihr bringt. Sie dreht sich weg und liegt vollkommen einsam in ihrem Krankenbett, ohne sich an jemanden wenden zu können.

Is this some sort of thing like in the movies where I have a gun and you don't think I'm going to shoot you? I will shoot you.

Foto: Vincent Kartheiser, Mad Men - Copyright: 2008 Frank Ockenfels/AMC
Vincent Kartheiser, Mad Men
© 2008 Frank Ockenfels/AMC

Pete ist ein junger, ambitionierter Kundenberater, der gleich zu Anfang der Staffel heiratet. Wir sehen weder seine Frau, noch seine oder ihre Familie zu Anfang und nehmen erstaunt zu Kenntnis, dass er an Peggys Haustür klopft, um in ihre Arme zu sinken, hat er sich ihr gegenüber in der Firma doch als arroganter, frecher Angeber verhalten. Nach und nach aber erleben wir seine Frau, ihre Eltern und seine Eltern, und es wird klar, dass Pete Campbell nichts anderes ist, als ein junger Kerl, der von niemandem ernst genommen oder respektiert wird. Seine Eltern verweigern ihm strikt die finanzielle Hilfe beim Kauf einer neuen Wohnung nach seiner Hochzeit, obwohl sie eine äußerst reiche Familie sind, da der Vater von dem beruflichen Weg seines Jungspundes überhaupt nichts hält.

Seine Frau stammt ebenso aus einer reichen, gut angesehenen Familie und ist nicht nur verwöhnt, sondern nimmt es überhaupt nicht zu Kenntnis, wenn ihr Grenzen aufgezeigt werden. Pete versucht mehrfach, ihr klarzumachen, dass er ihr mit seinem aktuellen Einkommen eine große Wohnung dieser Art nicht kaufen kann, aber sie entscheidet über seinen Kopf hinweg, finanzielle Unterstützung ihrer Eltern anzunehmen. Auch gegen die Schwiegereltern kann Pete sich nicht durchsetzen, und je mehr seine Entscheidungen über Bord geworfen werden, desto mehr sucht er nach einer Möglichkeit, sein privates Scheitern durch großspuriges Verhalten in der Firma zu kompensieren. Damit macht er sich unter Kollegen, Sekretärinnen und Vorgesetzten Feinde. Der einzige Grund, dass er nicht gefeuert wird, besteht darin, dass sein guter Familienname der Firma einen gewissen gesellschaftlichen Status verleiht.

Das einzige, was Pete will, ist, von seinen Vorgesetzten ernst genommen zu werden, daher biedert er sich an, verstört aber und schlägt von seiner eigenen Insuffizienz schließlich einen wenig ehrbaren Weg ein. Er fängt das Paket mit Dons privaten Photos ab, erkennt, dass dieser seine Identität verschleiert, erpresst ihn und aus lauter Verzweiflung, da ein Mann von Dons Format sich nicht erpressen lässt, versucht er, ihn beim Chef anzuschwärzen, was ihm in letzter Konsequenz aber wieder nur auf die Nase fallen lässt. Cooper überlässt es allein Don, über Petes berufliche Zukunft zu entscheiden. Ebenso entziehen seine Schwiegereltern und Ehefrau ihm das Entscheidungsrecht darüber, wann sie Nachwuchs bekommen werden. Er gibt zu bedenken, dass er sich Sorgen über das finanzielle Auskommen der Familie macht, wenn Kinder da sind, seine Frau aber gibt ihm zu verstehen, dass seine Sorgen keine Bedeutung haben. So schließt sich die Staffel für ihn zwar in den Armen seiner Frau, aber gänzlich alleine dastehend mit seinem Gefühl der Unzulänglichkeit.

Remember, Don... when God closes a door, he opens a dress.

Foto: John Slattery, Mad Men - Copyright: 2008 Frank Ockenfels/AMC
John Slattery, Mad Men
© 2008 Frank Ockenfels/AMC

Roger Sterling trifft eine andere Art der Einsamkeit. Ist er bei der Arbeit umgeben von seinen Geschäftspartnern und Freunden, vor allem Don, dem er vertraut, und ebenso der Chefsekretärin, mit der ihn eine Affäre verbindet, so landet er nach seinem Herzinfarkt weich im Schoße der Familie. Und selbst wenn er im Laufe der Staffel über seine Frau und Tochter nichts anderes zu sagen hat, als dass er froh ist, wenn sie ihm nicht im Wege stehen, und er seine Frau auch nach Strich und Faden betrügt, so wird er im Krankenhaus angesichts ihrer Sorge um ihn doch emotional und scheint sich geborgen zu fühlen, selbst wenn er sich danach sehnt, sobald wie möglich wieder in seiner Firma agieren zu können. Der zweite Herzinfarkt in kürzester Zeit macht ihm dies aber unmöglich, weshalb er letztlich abgeschnitten ist vom Puls der Zeit und alsbald von seinem Partner Cooper durch Don ersetzt wird.

Fazit

Ich schließe mich dem Fazit, das Cindy in ihrer Review zur Episode #1.01 bereits darlegte, in vollem Umfang an. Die erste Staffel von "Mad Men" konnte vollkommen überzeugen, da vor allem die Darsteller ihre vielschichtigen Rollen glaubwürdig ausfüllen. Da ist der stimmige 60er-Jahre-Look, die bändesprechende und doch durch Konventionen restringierte Mimik, bei den Männern der meist selbstsichere Tonfall, während sich die Frauen meist um einen liebenswürdigen, hilfsbereiten Tonfall bemühen. Das langsame Erzähltempo dient der detailgenauen Charakterarbeit und wirkt als Kontrast gegen die lebhafte Arbeitsweise der Werbeleute der Madison Avenue. Die Emmy-Nominierungen für Jon Hamm in der Rolle des Don Draper und John Slattery als Robert Sterling neben zahlreichen Nominierungen und Gewinnen für Regie, Casting, Drehbuch, Kamera, Styling und Make-Up sind mehr als verdient.

Nicole Oebel - myFanbase