Bewertung

Review: #3.03 Seil, Saft und Streit

"Modern Family" ist zweifellos eine Ensemble-Serie und doch gibt es eine Figur, die sich in den ersten beiden Staffeln immer wieder als heimlicher Held hervorgetan hat. Wenn man nun den Namen eben jener Person in einen Episodentitel einbaut, schürt man beim Publikum unweigerlich hohe Erwartungen, welche im Fall von #3.03 Phil on Wire jedoch leider bitter enttäuscht werden. Denn Phil spielt in der viel zu überladen wirkenden Episode im Grunde genommen nur eine winzige Nebenrolle, während den schwächelnden Dunphy-Frauen zum Leidwesen des Zuschauers deutlich mehr Screentime gewidmet wird.

"All in all, not a great day for the Dunphys."

Man verzeiht es ja "Modern Family" immer wieder gerne, wenn auf vermeintlich ausgelutschte Sitcom-Themen zurückgegriffen wird, weil die Serie es meistens doch auf wundersame Weise schafft, aus scheinbaren 08/15-Storys etwas ganz Eigenes und Besonderes zu machen. So wartet man während #3.03 Phil on Wire auch permanent auf den großen Clou, hat man doch Geschwister, die gegen ihren Willen gemeinsam in derselben Klasse landen, und gefrustete Elternteile, die sich mit einem Verkehrspolizisten anlegen, schon zig Male zuvor auf der Mattscheibe erlebt. Doch die Pointe bleibt letztendlich aus, da die Autoren auf Teufel komm raus versuchen, gleich vier eigenständige Mini-Storylines (Drahtseiltänzer Phil, Junkfood-Junkie Luke, Parksünderin Claire und die beiden "bickering half-Dunphys" Haley und Alex) unter einen Hut zu bringen und dabei letztlich zwangsläufig scheitern müssen, weil so schlicht und ergreifend keine Zeit bleibt für jedwede Originalität, geschweige denn für die Subversion klassischer Comedy-Klischees. Da kann Phil auch noch so charmant fluchen ("Chicken in a basket!") und herrlich angewidert den Arm von Lukes Schulter wieder zurückziehen, als ihm einfällt, dass dieser sich kurz zuvor in der Schule erbrochen hat, die wöchentliche Bilanz bei den Dunphys lautet dennoch: "Congratulations, ladies, you brought this family to a new low."

"Stage by stage, it's a slow descent into madness"

Camerons und Mitchells Diätwahnsinn stellt auch nicht unbedingt revolutionäre Comedy-Erzählkunst dar, hat aber zumindest einige ganz wunderbare Oneliner zu bieten, die einen über die Schwächen der Storyline wohlwollend hinwegsehen lassen. So amüsiert man sich königlich über Mitchells herrlich nonchalantes "Hey, whatcha got there?" als Cam in seiner Wutphase eine Küchenschranktür aus den Angeln reißt und muss wenig später auch stark über seinen so vielsagenden Freud'schen Versprecher "I do not have the energy to deal with a big, needy brisket case – bras… basket case" schmunzeln. Dass es letztendlich auch Mitchell und nicht Cameron ist, der aufgrund seiner unerfüllten Essengelüste gepaart mit der ach so traurigen Seelöwengeschichte einen emotionalen Zusammenbruch erleidet, ist eine angenehme Überraschung, drohte Cam in der zweiten Staffel doch immer wieder etwas zu sehr in die theatralische Diva-Schiene zu driften. Jesse Tyler Fergusons grandioses Schauspiel in der Szene kann aber leider nicht über die Schlusssequenz am Strand hinwegtrösten, die so dermaßen kitschig ist, dass die Umarmung der beiden fast schon etwas lächerlich wirkt, da die gesamte Szenerie so eindeutig nach einem innigen Kuss verlangt. So hinterlässt die ganze Geschichte zwar einen etwas bitteren Nachgeschmack, sorgt letztlich aber immerhin für einen weiteren gelungenen Gastauftritt vom wunderbaren Justin Kirk und für die Rückkehr von Cams berüchtigten Radlerhosen.

"She's the cutest dog in the whole world."

Das vielleicht Frustrierendste an #3.03 Phil on Wire ist die Tatsache, dass der mit Abstand unterhaltsamsten Storyline die wenigste Screentime eingeräumt wird. So kann selbst eine auch noch so famose Gloria die Folge nicht vor der schnöden Mittelmäßigkeit retten, schlicht und ergreifend weil sie lediglich vier kurze Auftritte hat. Diese haben es aber wirklich in sich, denn hier sitzen die Pointen entgegen aller Vorurteile gegenüber Hundehumor wie angegossen. Schon die Anfangsszene mit der schnarchenden Stella, der Jay erlaubt, im Ehebett zu schlafen, während der arme, Albtraum-geplagte Manny mit dem Boden Vorlieb nehmen muss, erntet die ersten verdienten Lacher. Es folgt eine wunderbar an die vergangene Folge anknüpfende Duschszene, die auf grandiose Weise demonstriert, dass die süße, französische Bulldogge von Jay mindestens genauso sehr verhätschelt wird wie Lily von Cameron, sowie eine herrlich absurde Szene, in der Gloria Stella die Schuhe ihres Herrchens schmackhaft zu machen versucht – im wahrsten Sinne des Wortes. Als Gloria Jay wenig später auch noch in völliger Rage erklärt, dass in ihrer Heimat sowohl die Ehefrau als auch die Geliebte(!) eines Mannes stets über seinem Hund zu stehen hätten, kann man wahrlich kaum mehr an sich halten.

Im Endeffekt sorgen also einmal mehr vor allem Gloria und das Kindskopfgespann Phil und Luke für die großen Lichtblicke in einer Folge, die man womöglich gar zu den schwächsten der Serie zählen könnte, da sie sich einfach zu viel vornimmt und dabei zu wenig erreicht. Dass sie es trotz höchst unspektakulärer Storylines und einem schauderhaft gezwungenen Schlussmonolog dennoch fertig bringt, einen mehrmals zum Lachen zu bringen, zeugt zweifellos von talentierten Autoren, die sich einfach bloß mal wieder etwas spritzigere Geschichten ausdenken müssen.

Paulina Banaszek - myFanbase

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