Bewertung

Review: #3.06 Anfechtbare Ansichten

Wenn die Kinder erwachsen werden, ist es für die Eltern immer nicht einfach, damit zurecht zu kommen. Man könnte aber auch einfach feiern (gehen).

I've been tired since 2005

Claire hat sturmfrei und will das nutzen, um endlich mal wieder richtig schön wegzugehen. Mal ausgelassen feiern, nicht daran denken, dass die Kinder versorgt werden müssen, und vor allem ausschlafen können, weil niemand stören wird. Man kann sich wohl nur vorstellen, wie sehr Claire nach diesem Abend schmachtet, wenn man selbst mehrfache Mutter ist. Entsprechend sieht sie auch zu, dass sie bekommt, was sie sich vorstellt. Die typische Claire kommt hierbei bestens durch und auch wenn das Party-Ambiente insgesamt sehr ungewohnt ist, kennt man Claire doch nur im Familienkontext, bleibt sie vollständig ihrem Charakter treu und ist somit absolut überzeugend. Gelungen ist die Storyline auch deshalb, weil es tolle Sprüche hagelt, in denen Claire ihr Unverständnis über Cam und Mitch zum Ausdruck bringt. Diese lassen sich aber auch nicht foppen. Am besten bringt es Mitch auf den Punkt: If he was straight, this would be just like high school. Und man kann sich das so gut vorstellen.

Claire entkommt ihren Mutteraufgaben aber nicht vollständig und muss sich so plötzlich den Müttern stellen, die sie versetzt hat. Es fliegt auf, dass sie sich hat gehen lassen und die vorwurfsvollen Blicke sind so typisch für Mütter, die sich für etwas Besseres halten. Entsprechend bin ich froh gewesen, dass Claire sich hier nicht hat klein kriegen lassen, sondern ihr Anrecht auf diesen Abend verteidigte. Vielleicht hat sie etwas über die Stränge geschlagen, aber auch eine Mutter ist ein Mensch. Dass Julien gar nicht schwul ist, hat sie an dem Abend eben nur nie bedacht. Das ist ihr dann doch unangenehm, aber wenn man ehrlich darüber nachdenkt, ist es für Claire trotzdem ein gelungener Abend gewesen. Diese Ausgelassenheit hat ihr sicherlich gut getan und auch wenn sie viel mit Julien rumgeschäkert hat, denke ich nicht, dass sie da zu weit gegangen wäre. Einzig Julien, der sich mehr erhofft hatte, wenn er so offen angenommen wird, schaut hier in die Röhre. Naja, und die Mütter sind letztlich vielleicht doch eher neidisch denn verurteilend, auch wenn sie es nie zugeben würden. Das Ende ist jedenfalls auch gelungen, wenn es auch etwas plötzlich kam. Irgendein Statement von Claire wäre schon noch wünschenswert gewesen.

We stole a car

Die Geschichte von Cam und Mitch hatte sich derweil in eine andere Richtung entwickelt. Sie wollten lediglich nach Hause fahren, saßen aber im falschen Auto. Cam war hier wieder herrlich überzogen, aber dann hat es sich mit die gelungenen Aspekten fast schon erledigt. Dass die Frau des echten Besitzers wütend ist und einfach auf den Wagen einschlägt, vermutet sie doch ihren Mann darin, hatte ja noch was, aber um die Storyline richtig in Gang zu bringen, fehlte es einfach an Zeit. Entsprechend war das Ende dann auch enorm abrupt. Sie bekommen ihr Auto wieder und der andere Mann stellt fest, dass sie bei ihm Zuhause waren. Das war es. Kein Gespräch mehr, nichts. Man muss da jetzt nichts Besonderes mehr machen, aber es fällt doch irgendwie auf, dass die beiden gerne mal in der Luft hängen und dort auch hängen gelassen werden. Was ist beispielsweise aus der Adoption geworden, nachdem sie im vollkommen falschen Moment den Besuch der Organisation erhalten haben? Hier fehlt es mir derzeit an Ausgewogenheit, was ein ungewohntes Defizit darstellt.

What are you doing here?

Die beste Geschichte spielte sich allerdings mal wieder um Phil ab. Das liegt nicht nur daran, dass er mal wieder herrlich durchgedreht war. Sein Verhalten war natürlich wieder herrlich. Ob er einfach fremde Menschen am College begrüßt, spontan die Choreographie der Cheerleader mitübt oder einfach nur selbstüberzeugt in Erinnerungen schwelgt. Am besten war Phils Aktion auf der Party, wo er einen Jungen von Haley fernhalten will. Hier löste so ziemlich jeder Satz aus seinem Munde einen Lachkrampf hervor. Allein schon, dass er sich selbst in den Jungen wiedererkennen will, aber nicht merkt, dass der Schüler in seinem Trainingsteam ist, passt so sehr zu Phil, dass man einfach nur in sich hineinlächelt und sich "Oh Phil" ausrufen hört. Was die Story aber über den gewohnten Spaß hinaushebt, ist das doch sehr emotionale Gespräch zwischen Phil und Haley, in dem er von seiner Rolle als Vater und Beschützer erklärt. Diese Worte waren wirklich ergreifend und so nachvollziehbar, dass sogar Haley ihrem peinlichen Dad nicht mehr böse sein konnte. Natürlich ist die Geschichte so vorhersehbar gewesen, doch die Umsetzung inklusive der Tablettrodelfahrt hat mir doch sehr gefallen. Phil ist und bleibt einfach mein Lieblingscharakter.

He's a little boy

Etwas abseits stand die Storyline von Gloria, Jay und Manny, doch diese hatte ebenfalls herrliche Momente. Da wäre zunächst Jay, der sich von einen plumpen Seifenoper innerhalb weniger Minuten richtig mitreißen lässt und hier die Macht des Fernsehens aufzeigt, wenn man sich nur mal darauf einlässt. Man kann in jedem "Mist" etwas finden, wenn man sich damit auseinander setzt und die Charaktere kennen gelernt hat, denn irgendwas denkt sich der Autor bei jeder Entwicklung. Noch etwas besser war allerdings Jays Gelassenheit im Kontrast zu Glorias großer Sorge, dass ihr kleiner Sohn anfangen könnte, sich auch sexuell für das andere Geschlecht zu interessieren. Während Jay einen Witz nach dem anderen reißt und sich fast wünscht, dass Manny unanständige Bilder sucht, will Gloria es nicht wahrhaben, dass Manny erwachsener werden könnte. Er ist doch ihr kleiner, gut erzogener, heiliger Sohn. Auch hier ist es nicht überraschend, dass Glorias Panik unbegründet ist, weil Manny ganz andere Ideen im Kopf hat. Er hält sich für zu klein, um für Mädchen/Frauen interessant zu sein, und sucht deshalb Mittel und Wege, um zu wachsen. Das passt zu Mannys romantischer Naivität, wird ihm aber zum Glück auch sofort wieder ausgeredet. Gloria findet dazu tolle, mütterliche Worte und auch Jay zeigt Verständnis. Ob man Manny und Jay beim gemeinsamen Workout zu sehen bekommt? Es könnte eine sehr witzige Storyline in einer der nächsten Episode sein. Hoffen wir mal, dass auch die Autoren vorhaben, die ein oder andere Story aufzugreifen oder durch Erwähnungen eine Art Fortlaufen über Episoden hinaus weiter stärker zu implizieren.

Fazit

Die Episode wird nicht gerade von überraschenden Storylines bestimmt, kann aber zu weiten Teilen überzeugen, weil Tempo und Humor absolut stimmen, die Geschichten charaktertreu geschrieben sind und viel Abwechslung gegeben ist.

Emil Groth - myFanbase

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