Ermüdend: 50 Jahre Bravo

21. Oktober 2006 - Wenn die größte Jugendzeitschrift Deutschlands 50 Jahre besteht, ist dies ohne Frage ein Grund zum Feiern. Eine Zeitschrift, die jeder kennt und so ziemlich jeder auch mal in der Hand oder gar gelesen hat. Aus diesem Grund ließ es sich ProSieben nicht nehmen und feierte "50 Jahre BRAVO – Die größte Geburtstagsparty des Jahres" am gestrigen Samstag.

Und in knapp vier Stunden wollte man 50 Jahre Bravo verarbeiten, unterstützt durch Auftritte diverser Künstler "aus fünf Jahrzehnten". Schön und gut. Den großen Worten folgte allerdings eine sehr ernüchternde Veranstaltung mit viel Lärm um Nichts. Nina Hagen eröffnete die Show um Punkt 20:15 Uhr mit einem bösartigen "Happy Birthday", bevor der Gastgeber des Abends Kai Pflaume die imposante Bühne betrat. Danach folgte ein gewohnter Showverlauf: Moderation – Einspieler – Auftritt – Talk. Die Moderation war okay, die Einspieler lächerlich, die Auftritte zum großen Teil auch und die Talks mit Ausnahmen uninteressant.

Was man vermisste war der Sinn und Zweck der Show. Nämlich auf 50 Jahre Bravo zurückzublicken. Dies tat man natürlich. Aber auch nur als Lückenfüller. Man blickte in den Einspielern auf Manien zurück, ließ Jeanette, Sascha & Silbermond Klassiker verhunzen, widmete sich kurz "Dr. Sommer" und sprach mit Leuten, die von der Bravo-Geschichte vielleicht nur ein Viertel mitbekommen haben, wenn überhaupt. Überhaupt waren sagenhafte drei Gäste in der Lage, über die Anfangszeit der Bravo zu berichten. Und immer wieder folgte der Rummel um Tokio Hotel, die zur Blütezeit der Bravo noch nicht einmal beim Storch ein Thema gewesen waren. Immer wieder war Nena ein Thema, die eine der wenigen Acts war, die die Bravo durch mehrere Jahrzehnte begleitete. Immer wieder nervtötendes Gekreische, sobald Tokio Hotel zur Sprache kamen. Und immer wieder, wenn zum Beispiel ein Gespräch gerade in sinnloses Geschwafel ausartete, kam die Frage auf: Ist das denn alles?

Und das blieb es. Bis dann, nachdem man das ganz schreckliche Cover des Lennon-Klassikers "Instant Karma" von Tokio Hotel überwunden hatte, gegen Ende der Show endlich der spannende Teil folgte. Das Problem: Auch die wahren Highlights ließen sich an einer Hand abzählen. Beeindruckend war der Auftritt von Roxette nach einer Krebserkrankung der Sängerin Marie Fredriksson. Toll waren auch die Fantastischen Vier, die ganz kurz ihr "Sie ist weg" performten. Und wenigstens war auch das Top-Highlight Take That gelungen, wenn auch ziemlich ans Ende gestellt und viel zu kurz geraten. Hier fehlte die Zeit, die man die Stunden zuvor mit so unbedeutenden Gästen wie "Germany’s Next Topmodel" Lena G., Hans Werner Olm, Lafee und Susan Sideropoulos auszufüllen wusste. Gäste, die vielleicht heute ein Gastspiel in der Bravo geben, nach denen morgen aber keiner mehr schreit.

Gastgeber Kai Pflaume war sich vor der Show sicher: "Für mich wird die Show zum 50. Geburtstag der BRAVO eine ganz spannende Reise in die Vergangenheit und ein großes Fest im Hier und Heute." Fakt ist aber, dass die Show nicht nur im Hier und Heute stattfand, sondern dies auch zum großen Teil behandelte. Ein Wiedersehen mit den großen Stars sollte es werden, es wurde dann aber doch wieder nur ein Wiedersehen mit der gewohnten B- und C-Prominenz die man nahezu täglich sowieso überall und nirgendwo sieht. Mal hier ein "Ja, toll" und da ein "Interessant". Menschen, die Geschichten zu erzählen haben, waren ja nicht da, und wenn, dann hatte man sie meist eh schon gehört. Die Mühe nachzuhaken machte sich selbst Pflaume nicht, viel zu wichtig waren da andere Dinge.

Es war eine ermüdende Show, deren große Ankündigung, wie vermutet, nur Mittel zum Zweck war. Die übrig gebliebenen Mitglieder von Take That sangen zum Finale übrigens noch "Never Forget". Der Auftritt war toll, doch vergessen werden wir schnell. Schade eigentlich, 50 Jahre Bravo hätte viel mehr Potenzial gehabt, die Show zu einem schönen Ereignis werden zu lassen, welches man dann vielleicht gar nicht so schnell vergessen hätte. So war es eine Show von vielen. Und selbst da gab und gibt es weitaus bessere.

René Krieger - myFanbase