Bewertung

Review: #3.04 Vergessen macht blind

Es ist bereits die vierte Folge der dritten Staffel und ich muss sagen, mir gefällt es aktuell sehr gut, wie sich die Serie entwickelt. Den Autoren ist es wirklich gelungen, an den richtigen Stellschrauben zu drehen, den Geschichten mehr Zeit und Spielraum zu geben, das Soapklischee-artige zu nehmen und damit die Qualität auf einem konstant guten Level zu halten. Es ist sicherlich noch nicht alles ganz perfekt, aber das ist jetzt nur meine ganz persönliche Meinung.

Trotz vier Haupthandlungssträngen wirkte die Episode auf jeden Fall nicht so überladen, wie das gerade in Staffel zwei gerne mal noch der Fall war. Allen voran überrascht es mich immer noch, wie gut mich die Geschichte um Juliette und Avery zu unterhalten weiß. Die Schwangerschaft einer Hauptdarstellerin stellt die Autoren sicher immer wieder vor eine schwere Entscheidung, die da heißt: in die Handlung integrieren oder nicht. Der Entschluss dagegen ist ab einem bestimmten Schwangerschaftsfortschritt auch eine produktionstechnische Herausforderung oder man muss die längere Abwesenheit einer Rolle mit einer guten Begründung kaschieren. Die Macher von "Nashville" haben sich für die Integration entschieden und haben dies auf eine sehr angenehm überraschende Art und Weise getan, die nun insbesondere Hayden Panettiere die Chance bietet, ihrer Rolle der Juliette erneut eine weitere, spannende Facette zu verleihen. So abstrus der Gedanke von Juliette als Mutter auch sein mag, so neugierig bin ich inzwischen darauf, wie sie sich in dieser Situation wird schlagen können. In gewisser Hinsicht sind ihre ersten Reaktionen auf die Schwangerschaft auf jeden Fall nachvollziehbar. Das Kind wird ihrer Karriere im Weg stehen, also ist der für sie eleganteste Weg die Abtreibung. Mit dem Schritt, es mit einer Adoption zu versuchen, hat sich ihre Einstellung aber schon entscheidend gewandelt. Im Hinterkopf scheint die Hoffnung zu bestehen, mit Avery doch noch eine Zukunft haben zu können und bis zur Geburt könnte sich eine Versöhnung angebahnt haben.

Dass Juliette letztendlich aber doch noch einmal ihre Meinung geändert hat und das Kind nun doch behalten will, ist zum größten Teil sicherlich Glenn zuzuschreiben. Ich bin ja schon lange ein bekennender Glenn-Fan. Und auch hier ist es wieder seine väterliche Art, die ihn auszeichnet. Er betrachtet Juliette als seine Tochter, die seiner Obhut und Zusprache bedarf. Selbst sein Besuch bei Avery ist ihm hoch anzurechnen, respektiert er dabei immerhin noch Juliettes Wunsch nach Vertraulichkeit und bittet Avery lediglich um ein Gespräch mit ihr. Glenns Appell an Juliette, glücklich zu sein ("I want you to be happy.“) und ihr eigenes Leben führen zu sollen war für mich eine der stärksten Szenen der Folge. Zuvor zeigte bereits Juliette, wie sehr sie Glenn auch als Vaterersatz akzeptiert. "Glenn, I hate to disappoint you.“ Mit guter Hoffnung, ihr Leben nun selbst in die Hand nehmen zu können, bietet sich ihr durch Averys Anruf aus dem Gefängnis noch einmal die Gelegenheit, ihn einzuweihen und eine Aussprache herbeizuführen. Für Avery ist es jedoch schon demütigend genug, in seiner Situation ausgerechnet Juliette anrufen zu müssen, weil dies die einzige Nummer ist, die ihm einfällt. Daher ist es auch nur allzu verständlich, dass er sie gar nicht zu Wort kommen lässt und vielmehr seine Verzweiflung und Abneigung ihr gegenüber zum Ausdruck bringt. Dabei ist vor allem Jonathan Jacksons intensives Schauspiel hervorzuheben, das in dieser Szene einfach nur herausragend ist. Ich habe mich richtig erschrocken, wie ihm sein Leid ins Gesicht geschrieben stand und mit welchem Nachdruck in der Stimme er Juliette schonungslos abkanzelte. Man weiß gar nicht, wem gegenüber man in dieser Situation mehr Mitleid oder besser Mitgefühl entgegenbringen soll. Beide Seiten sind nachvollziehbar und als mehr wissender Zuschauer wünscht man sich einfach nur, dass die beiden doch endlich einander zuhören und sich versöhnen können. So lange aber solch starke Szenen dabei herauskommen, schaue ich mir diese verfahrene Situation auch bereitwillig noch eine Weile an.

Eine unerwartete und in meinen Augen sehr positive Entwicklung gab es im Konkurrenzkampf der Labels Edgehill Records und Highway 65. Und das beziehe ich jetzt gar nicht einmal auf die in dieser Episode im Fokus stehende Sadie. Diese trat erstmals seit ihrem Auftritt im Staffelauftakt stärker in Erscheinung und ich bin gespannt, ob sie nach ihrer Entscheidung für Raynas Label auch zukünftig noch eine größere Rolle spielen wird. Denn heimlich still und leise hat sich abseits von Raynas Einfluss eine ganz spannende Geschichte angebahnt, die auch Teddy endlich eine sinnvolle Integration in die Haupthandlung rund um das Musikbusiness bietet. Schon die ersten Blicke von Jeff beim Auftritt von Raynas Töchtern verrieten, dass sich in seinem Kopf ein Plan entspinnt und der mit dem Gebot zum gemeinsamen Golfspiel mit dem Bürgermeister Teddy auch sofort in die Tat umgesetzt wurde. Maddie als Spielball im persönlichen Zweikampf von Jeff und Rayna scheint mir wirklich ein cleverer Schachzug der Autoren, der jetzt nur noch der richtigen Umsetzung bedarf, damit uns hier zukünftig eine vielversprechende Geschichte geboten wird. Es freut mich auch sehr für Eric Close, der spätestens mit dem Tod von Peggy und Lamar überhaupt keine relevante Funktion in “Nashville“ ausführte und der nun als Jeffs Schlüsselfigur durchaus eine entscheidende Rolle wird spielen können. Da Teddy von den musikalischen Ambitionen seiner Tochter zuungunsten ihrer schulischen Leistungen bislang wenig begeistert ist, wird Jeff hier aber noch eine harte Nuss zu knacken bekommen. Aber ein von ihm im richtigen Moment platziertes Angebot bei Maddie, dürfte dem inzwischen recht rebellischen Teenager wahrscheinlich schon ausreichen, sich in diese Idee zu verbeißen. Ich bin jetzt schon auf Raynas Reaktion gespannt.

Kommen wir noch kurz zu den weniger überzeugenden Stories diese Woche. Dass Gunnar und Scarlett irgendeine Überraschung für Zoey planen, roch man bereits spätestens nach der ersten Szene, in der sie von Zoey überrascht wurden. Dabei störte mich dann im Folgenden insbesondere ihre ständige Eifersucht. Das mag aus ihrer Sicht aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit der beiden noch nachvollziehbar sein, macht es dadurch aber nicht interessanter. Dass die Autoren uns mit anderen als den zu erwartenden Geschichten überraschen können, haben wir zu Beginn dieser Staffel ja nun schon mehrmals erleben dürfen. Daher erhoffe ich mir hier eine ähnliche Entwicklung. Ein ständiges Eifersuchtsdrama will ich ehrlich gesagt nicht sehen. Ob nun der gewählte Ansatz, Scarlett noch immer eine Phobie vor Bühnenauftritten auf den Leib zu schreiben, der richtige ist, bleibt aber ebenfalls abzuwarten. Hier hätte ich mir aber doch eine neue Handlung für Scarlett gewünscht, die sie von den Altlasten befreit. Etwas Positives will ich zu der Situation aber noch anführen. Die Unterhaltung von Zoey und Scarlett, wie sich Freundschaften entwickeln können, gefiel mir gut, weil sie vor allem etwas Wahres und auch persönlich Nachvollziehbares an sich hatte. Nicht jede Freundschaft überlebt ein ganzes Leben lang. Wir werden sehen, wie es sich zwischen den beiden entwickeln wird.

Gar nicht viele Worte will ich über Deacon und Pam verlieren. So sehr es mich für Deacon auch freut, dass er nach seiner persönlichen Niederlage im Kampf um Rayna nun etwas Zerstreuung gefunden hat, eine weitere Frauengeschichte, die nach wenigen Folgen schon wieder vorbei sein wird, muss ich mir nicht im x-ten Aufguss noch einmal anschauen. Zumal mir Pam im Vergleich mit seinen letzten weiblichen Bekanntschaften noch dazu am unsympathischsten ist. Also liebe Autoren: bitte etwas mehr Kreativität in Sachen Deacon, wenn es schon keine Geschichte mit Rayna sein darf!

Fazit

Das Drama um Juliette und Avery sowie der Konkurrenzkampf zwischen Edgehill Records und Highway 65 boten die stärksten Geschichten und versprechen weitere Spannung für die kommenden Folgen. Dagegen weiß ich noch nicht so recht, was ich von Scarletts anhaltenden Angstzuständen halten soll. Zoey ging mir nicht nur in diesem Zusammenhang, aber insbesondere wegen ihrer Eifersuchtsszenen jedenfalls ziemlich auf die Nerven. Charles Esten sehe ich als Deacon nun wirklich gerne, aber die Story mit ihm und Pam kann mich bislang leider überhaupt nicht überzeugen. Mit einem Juliette und Avery Shipper Bonus reicht es aber dennoch zu ausgesprochen guten sieben Punkten.

Jan H. - myFanbase

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